Einführung in Hegels Logik - Philosophisches Seminar
Einführung in Hegels Logik - Philosophisches Seminar
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E<strong>in</strong> Philosoph, der mit Hegel re<strong>in</strong> gar nichts zu tun zu haben sche<strong>in</strong>t, nämlich Ludwig Wittgenste<strong>in</strong>,<br />
kann uns hier auf die Sprünge helfen. Wittgenste<strong>in</strong> postuliert aus ganz unabhängigen<br />
Gründen e<strong>in</strong>en neutralen Kern aller Aussagesäge; d.h., er postuliert „das, was alle Sätze,<br />
ihrer Natur nach, mit e<strong>in</strong>ander geme<strong>in</strong> haben“, und nennt es „[d]ie E<strong>in</strong>e logische Konstante“.<br />
– „Das aber“, sagt er, „ist die allgeme<strong>in</strong>e Satzform (Log.-Phil. Abhandlung, 5.47),<br />
Die E<strong>in</strong>e logische Konstante: was alle Sätze geme<strong>in</strong> haben: die allgeme<strong>in</strong>e Satzform<br />
(LPA 5.47)<br />
Diese, so fährt Wittgenste<strong>in</strong> fort, sei „das Wesen des Satzes“ (5.471) und zugleich „das Wesen<br />
der Welt“ (5.4711):<br />
= das Wesen des Satzes (5.471), = das Wesen der Welt (5.4711)<br />
Des weiteren setzt er dieses Wesen des Satzes und auch der Welt gleich mit der Form der Abbildung<br />
(der Repräsentation) oder der logischen Form, die zugleich die Form der Wirklichkeit<br />
se<strong>in</strong> soll:<br />
= die Form der Abbildung = die logische Form = die Form der Wirklichkeit (2.18)<br />
Jedes Bild muß mit der Wirklichkeit, um sie abbilden zu können, diese logische Form geme<strong>in</strong><br />
haben (2.18).<br />
-- -- --<br />
Ich bleibe noch e<strong>in</strong>en Augenblick bei Wittgenste<strong>in</strong>, um deutlich zu machen, daß er denn doch<br />
ganz andere Pläne hat als Hegel oder wir. Über die E<strong>in</strong>e logische Konstante h<strong>in</strong>aus postuliert<br />
er nämlich – von Hegel abweichend – D<strong>in</strong>ge oder Gegenstände, <strong>in</strong> letzter Analyse e<strong>in</strong>fache<br />
Gegenstände (2.02), und zwar von unterschiedlicher logischer Form. Zwei Gegenstände derselben<br />
logischen Form s<strong>in</strong>d „e<strong>in</strong>fach so“ verschieden: „von e<strong>in</strong>ander nur dadurch verschieden,<br />
daß sie verschieden s<strong>in</strong>d“ (2.0233):<br />
E<strong>in</strong>fache Gegenstände nach LPA:<br />
a, b, c, d, ...<br />
α, β, γ, δ, ...<br />
A, B, C, D, ...<br />
...<br />
Solche Gegenstände aber kann es gar nicht wirklich geben, denn ihre Existenz (Aktualität)<br />
würde das Pr<strong>in</strong>zip der identitas <strong>in</strong>discernibilium verletzen, das e<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>gültiger Satz der<br />
<strong>Logik</strong> zweiter Stufe ist.<br />
Deswegen müssen diese Gegenstände erst wirklich gemacht werden, eben durch die Form<br />
der Wirklichkeit, und damit auch zugleich unterscheidbar (durch die Sachverhalte, <strong>in</strong> die sie<br />
e<strong>in</strong>gebettet s<strong>in</strong>d). Die e<strong>in</strong>fachen Gegenstände unter Abstraktion von der Form der Wirklichkeit<br />
s<strong>in</strong>d bloß möglich, ungefähr so wie die prima materia der aristotelischen Tradition. Deswegen<br />
kann Wittgenste<strong>in</strong> auch ke<strong>in</strong>e Beispiele für e<strong>in</strong>fache Gegenstände anführen.<br />
Alles was es wirklich gibt, ist ke<strong>in</strong> Gegenstand mehr, sondern bereits e<strong>in</strong> Sachverhalt, <strong>in</strong> dem<br />
mehrere Gegenstände ohne Kitt oder Klebstoff <strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander hängen „wie die Glieder e<strong>in</strong>er Kette“<br />
(2.03) – dank der logischen Form, d.h. der Form der Wirklichkeit.<br />
Sachverhalte:<br />
[a γ D],<br />
[b δ A], ...<br />
„Die Gegenstände [für sich genommen] enthalten die Möglichkeit aller Sachlagen.“ (2.014) –<br />
Sie „bilden die Substanz der Welt“ (2.021). Daher ist die Welt, die wirkliche Welt, „alles, was<br />
der Fall ist“ (1), „die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der D<strong>in</strong>ge“ (1.1). Gegeben diese Tatsa-