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Einführung in Hegels Logik - Philosophisches Seminar

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ke<strong>in</strong>e D<strong>in</strong>g-Eigenschaft- Struktur, oder Substrat-Zustands- oder Substanz-Akzidens-Struktur<br />

oder etwas dergleichen haben. Qualia s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>fach nur die Qualitäten, die sie jeweils s<strong>in</strong>d. Das<br />

gilt auch für das logische Quale, das e<strong>in</strong>fache, schlichte Dase<strong>in</strong>: Es ist se<strong>in</strong>e Qualität. (Es gibt<br />

daher auf der Ebene des Dase<strong>in</strong>s auch ke<strong>in</strong> Beharren im Wechsel. Der Wechsel, das Werden,<br />

die Veränderung ist immer total.)<br />

Fünftens. Wir haben bisher, <strong>in</strong> der Reihenfolge unserer Quasi-Theoreme, den Standpunkt<br />

der HL bezogen und von ihm aus die OL entfaltet: erst re<strong>in</strong>es Se<strong>in</strong> (das im nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> <strong>in</strong> die<br />

logische Prähistorie relegiert wird), dann ganz kurz der Urknall des Werdens (mit Entstehen<br />

und Vergehen als Momenten), dann das Dase<strong>in</strong>, das se<strong>in</strong>e Bestimmtheit und daher das logische<br />

Quale ist. Nun f<strong>in</strong>den wir <strong>in</strong> <strong>Hegels</strong> Text aber das Nichts, also die pure Negativität, zwischen<br />

das re<strong>in</strong>e Se<strong>in</strong> und das Werden gestellt. Wie läßt sich diese Abweichung von unserer<br />

Reihenfolge erklären?<br />

Ich erkläre sie wie folgt. Hegel ist bemüht, dem Standpunkt des re<strong>in</strong>en Denkens den Vorrang<br />

vor der äußeren Reflexion zu geben, also der OL vor der HL. Die Leitfrage ist dabei dann<br />

nicht mehr: Wie müssen wir <strong>in</strong> der HL vorgehen? sondern: Was erlebt denn das re<strong>in</strong>e Denken<br />

selber, <strong>in</strong> der OL? Die Antwort muß lauten: Wenn wir das Denken mit dem re<strong>in</strong>en Se<strong>in</strong> beg<strong>in</strong>nen<br />

lassen, müssen wir ihm gleichzeitig auch die Negativität zur Verfügung stellen, damit<br />

es den logischen Urknall des Werdens denkend vollziehen kann. Dadurch also kommt das<br />

Nichts <strong>in</strong>s Spiel. Und darüber, was es mit dem Nichts auf sich hat, müssen wir uns nun noch<br />

e<strong>in</strong>ige Gedanken machen.<br />

-- -- --<br />

Das Nichts ist die Negation als USV gedacht, nicht die Negation als Operation, die ja immer<br />

e<strong>in</strong> Operandum braucht, immer etwas, an dem sie operiert. E<strong>in</strong>e Operation (oder Funktion)<br />

ist, mit Frege zu reden, ungesättigt, ergänzungsbedürftig. Sie hat e<strong>in</strong>e Leerstelle, die<br />

durch etwas Vorgegebenes, Unmittelbares gefüllt werden muß: „~( )“, z.B.: „~(Se<strong>in</strong>)“.<br />

Andererseits haben wir mit der <strong>E<strong>in</strong>führung</strong> des USV Se<strong>in</strong> die Ebene von Funktion und Argument,<br />

von Operation und Operandum, von Subjekt und Prädikat usw. ohneh<strong>in</strong> unterschritten.<br />

Jeder beliebige Inhalt läßt sich <strong>in</strong> die neutrale Paßform e<strong>in</strong>es USV h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>quetschen – warum<br />

also nicht auch die Negation samt ihrer Leerstelle? Auf dieses Weise würden wir den USV<br />

ursprünglicher re<strong>in</strong>er Negativität erhalten, den man gut und gern (das) Nichts nennen kann.<br />

Das Nichts: die Negation re<strong>in</strong> für sich und als USV aufgefaßt.<br />

Das Problem ist nur, daß die WdL nicht zwei verschiedene Unmittelbare als Ausgangspunkte<br />

haben kann. Mit dem re<strong>in</strong>en Se<strong>in</strong> als dem neutralen Durchschnitt aller Sachverhalte überhaupt<br />

ist schon alles abgegolten, was an e<strong>in</strong>em unmittelbaren USV <strong>in</strong> Frage kommt.<br />

Also wird man, wenn man außer dem Se<strong>in</strong> auch die Negativität benötigt, sagen müssen, daß<br />

sie mit dem Se<strong>in</strong> schon mitgeliefert wurde. Das re<strong>in</strong>e Se<strong>in</strong> selber muß auch das re<strong>in</strong>e Nichts<br />

se<strong>in</strong>. Und eben deswegen ist an ihm auch immer schon der Urknall des Werdens ausgebrochen<br />

und sofort wieder <strong>in</strong> sich zusammengesunken, so daß immer schon e<strong>in</strong>faches Dase<strong>in</strong><br />

besteht.<br />

Das re<strong>in</strong>e Denken will anfangs das re<strong>in</strong>e Se<strong>in</strong> denken. Indem es dies versucht, denkt es aber<br />

ipso facto auch die pure Negativität, das Nichts. Es denkt also, ohne dies zu merken, e<strong>in</strong>en<br />

Doppelgedanken oder e<strong>in</strong>en Gedanken mit doppeltem Inhalt, wobei die beiden Seiten dieses<br />

Inhalts e<strong>in</strong>ander kontradiktorisch entgegengesetzt s<strong>in</strong>d.<br />

Das ist e<strong>in</strong> wichtiger Punkt von allgeme<strong>in</strong>er Anwendung: Es gibt nicht nur sprachliche Ausdrücke<br />

mit doppelter (oder mehrfacher) Bedeutung, die man dann disambiguieren (e<strong>in</strong>deutig<br />

machen) kann. Sondern es gibt sogar doppeldeutige oder zweiseitige Gedanken<strong>in</strong>halte selber.<br />

Wenn man diese disambiguieren will, zerstört man sie.

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