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Einführung in Hegels Logik - Philosophisches Seminar

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konzipiert werden können, dann existieren sie auch. Die offene Frage ist <strong>in</strong> ihrem Fall nicht<br />

die der Existenz, sondern die der Wahrheit bzw. des Bestehens als Tatsache. Bei der Menge Ω<br />

kann man fragen: Gibt es sie? Beim dem Sachverhalt ν muß man fragen: Ist er der Fall, besteht<br />

er als Tatsache?<br />

Und nun sieht man sofort, daß wir hier mit e<strong>in</strong>er heillosen Ant<strong>in</strong>omie zu tun haben. Wenn<br />

nämlich der Sachverhalt ν als Tatsache besteht, dann gilt se<strong>in</strong>e Negation; also besteht er nicht.<br />

Wenn er aber nicht besteht, dann stimmt se<strong>in</strong> Inhalt; denn er läuft ja gerade darauf h<strong>in</strong>aus, daß<br />

er nicht besteht. Der Sachverhalt ν sozusagen per def<strong>in</strong>itionem unbehebbar ant<strong>in</strong>omisch;<br />

denn er ist per def<strong>in</strong>itionem se<strong>in</strong>er eigenen Negation äquivalent.<br />

Der Sachverhalt ν ist nicht direkt sprachlich formulierbar; wir müßten dazu unendlich viele<br />

Negationszeichen aufschreiben können. Dennoch kennen wir den Sachverhalt auch <strong>in</strong> propositionaler<br />

Form; denn <strong>in</strong>direkt ist er sehr wohl <strong>in</strong> der Umgangssprache ausdrückbar, nämlich<br />

<strong>in</strong> Gestalt des sogenannten Lügnersatzes bzw. der Lügnerant<strong>in</strong>omie:<br />

Dieser Satz [den Sie gerade lesen/hören] ist nicht wahr.<br />

Diese Ant<strong>in</strong>omie hat weniger mit dem Wort „wahr“ zu tun, das <strong>in</strong> ihr vorkommt, als vielmehr<br />

mit dem Wort „nicht“. Sie ist also ke<strong>in</strong>e bloß semantische (wie die meisten Theoretiker heute<br />

glauben), sondern – viel grundlegender – e<strong>in</strong>e logische Ant<strong>in</strong>omie: die Ant<strong>in</strong>omie der Negation.<br />

Sie hat Parmenides e<strong>in</strong>st bewogen, die Negation aus dem logischen Raum verbannen zu<br />

wollen: aber erstens um e<strong>in</strong>en (zu) hohen Preis, nämlich die Leugnung der Phänomene, das<br />

heißt des Offenkundigen (der Vielheit und des Werdens), und zweitens ohne Erfolg, denn die<br />

WdL zeigt ja, das das re<strong>in</strong>e Se<strong>in</strong>, das jenseits der Negation übrigbleiben soll, selber schon der<br />

Doppel<strong>in</strong>halt (Doppel-USV) des Se<strong>in</strong>s und des Nichts ist. Weder im propositionalen noch im<br />

vorpropositionalen Bereich kommen wir an der Ant<strong>in</strong>omie der Negation vorbei.

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