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Einführung in Hegels Logik - Philosophisches Seminar

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dem Se<strong>in</strong> beg<strong>in</strong>nen. Vielleicht ist sie also beides, e<strong>in</strong>e Ontologie und e<strong>in</strong>e <strong>Logik</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em?<br />

Wir wissen es nicht und wollen es auch gar nicht wissen, weil diese verme<strong>in</strong>tliche Vorwissen<br />

schon e<strong>in</strong>e Voraussetzung wäre, die uns unser Freund und Bundesgenosse, der Skeptiker,<br />

nicht durchgehen lassen würde. Wir sagen mit dem Skeptiker also vorerst nur folgendes: Die<br />

WdL wird sich ihre Thema im Lauf ihres Zustandekommens selber suchen müssen.<br />

Und das gilt auch b) für die Begrifflichkeit oder Term<strong>in</strong>ologie. Wir dürfen der WdL ke<strong>in</strong>e<br />

Grundbegriffe von außen vorgeben, mit denen sie hantieren soll. Auch das wäre voraussetzungsvoll<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Weise, die gegen unserer Grundspielregel verstieße.<br />

Gleiches gilt c) für die Methode. Manchmal heißt es, die Methode der WdL sei die Dialektik.<br />

Und wer weiß, das mag ja sogar so se<strong>in</strong>! Aber das dürfen wir am Anfang noch nicht wissen<br />

bzw. noch nicht benutzen. (Und tatsächlich wird die Methode von Hegel erst im allerletzten<br />

Kapitel beschrieben, wenn man im Rückblick sieht, welchen Weg, welche hodos man gegangen<br />

ist. Also bitte, vorerst ke<strong>in</strong> Wort von Dialektik oder ähnlichem. Der Skeptiker würde uns<br />

auslachen, wenn wir von ihm verlangen wollten, auf e<strong>in</strong>e bestimmte Weise, etwa dialektisch,<br />

zu denken. – Wir denken ganz „normal“, ganz im Rahmen der üblichen, „klassischen“ <strong>Logik</strong>,<br />

wie jedes K<strong>in</strong>d und wie eben auch der Skaptiker.<br />

Erst recht muß die WdL d) doktr<strong>in</strong>al, d.h. <strong>in</strong> ihrer Lehre, <strong>in</strong> ihren Behauptungen voraussetzungslos<br />

se<strong>in</strong>. Sie darf mit ke<strong>in</strong>er bestimmten Behauptung, ke<strong>in</strong>em bestimmten Wahrheitsanspruch<br />

beg<strong>in</strong>nen.<br />

Wie aber könnte dann e<strong>in</strong>e voraussetzungslose, skepsisverträgliche Theorie überhaupt aussehen?<br />

E<strong>in</strong>e Theorie ist e<strong>in</strong>e Menge von Theoremen, Lehrsätzen. Und Lehrsätze s<strong>in</strong>d Behauptungen,<br />

Wahrheitsansprüche. Also muß unsere gesuchte Theorie doch mit dem e<strong>in</strong>en oder<br />

anderen Wahrheitsanspruch, Theorem, Lehrsatz beg<strong>in</strong>nen?!<br />

Das Problem dabei ist freilich, daß es zu jeder Behauptung die kontradiktorische Gegenbehauptung<br />

gibt, zu jedem Aussagesatz „p“ die Verne<strong>in</strong>ung „~p“. Und der Skeptiker macht<br />

sich anheischig, zu jeder Behauptung die Gegenbehauptung zu beweisen. Und wir waren so<br />

freundlich, dem Skeptiker se<strong>in</strong>e Beweise auch noch zu schenken und aus freien Stücken so<br />

zu tun, als habe der Skeptiker se<strong>in</strong>e ganze langwierige Arbeit bereits vollbracht.<br />

Das heißt, wir tun so, als sei jede mögliche Behauptung bereits entkräftet. Der Mond ist aus<br />

Käse? Ne<strong>in</strong>, der Mond ist nicht aus Käse! Die Sonne ist heiß? Ne<strong>in</strong>, die Sonne ist nicht heiß!<br />

Heidelberg liegt am Neckar? Ne<strong>in</strong>, Heidelberg liegt nicht am Neckar! Usw.<br />

Und dasselbe gilt natürlich auch wiederum für diese Negationen: Der Mond ist nicht aus Käse?<br />

Doch, er ist aus Käse! Heidelberg liegt nicht am Neckar? Doch, es liegt am Neckar! Usf.<br />

Kurz, das skeptische Spiel läßt, wenn es vollbracht ist, überhaupt ke<strong>in</strong>e mögliche Behauptung<br />

mehr als gerechtfertigt übrig.<br />

-- -- --<br />

Andererseits hält unsere Arbeitshypothese (AH) uns dazu an, e<strong>in</strong>e logische S<strong>in</strong>gularität zu<br />

f<strong>in</strong>den, die nicht effektiv verne<strong>in</strong>t und nicht bezweifelt werden kann. Diese S<strong>in</strong>gularität muß<br />

offenbar völlig neutral se<strong>in</strong> zwischen allen möglichen Behauptungen, e<strong>in</strong> neutraler Rest, der<br />

übrigbleibt, wenn man von den spezifischen Inhalten möglicher Behauptungen abstrahiert.<br />

Das heißt, (AH) zw<strong>in</strong>gt uns zur Abstraktion von allem besonderen und bestimmten Inhalt<br />

möglicher Behauptungen. Was wir brauchen und was wir um unserer (AH) willen postulieren<br />

müssen, ist e<strong>in</strong> m<strong>in</strong>imaler, neutraler, geme<strong>in</strong>samer Kern aller Behauptungen, der <strong>in</strong> jeder<br />

Behauptung mitgedacht und mitbehauptet wird, gleichviel ob wir nun „p“ sagen oder „~p“<br />

oder „q“ oder „~q“ usw.

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