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Einführung in Hegels Logik - Philosophisches Seminar

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Hegel hat diese Bezeichnung passend gewählt. Etwas erfüllt se<strong>in</strong>e Bestimmung, wenn se<strong>in</strong><br />

Se<strong>in</strong>-für-Anderes se<strong>in</strong>em Ansichse<strong>in</strong> gleich wird. So ist die Eichel an sich bereits Eiche, aber<br />

erst wenn sie es auch für andere ist, <strong>in</strong> ihren äußeren Verhältnissen, hat sie ihre Bestimmung<br />

erreicht. Doch es handelt sich dabei um ihre eigene Bestimmung, nichts Fremdes; das Se<strong>in</strong>für-Anderes,<br />

also die Außenansicht, ist ja dem Ansichse<strong>in</strong>, also dem <strong>in</strong>neren Se<strong>in</strong> der Sache<br />

angeglichen. Die Bestimmung ist daher nicht Beziehung auf anderes, sondern wieder Qualität.<br />

Wir haben bisher das affirmative Resultat der Selbstbeziehung des Anderen betrachtet: das<br />

identische Etwas. Se<strong>in</strong>e Bestimmung, mit der es e<strong>in</strong>s ist, ist, wie wir gerade sahen, se<strong>in</strong>e Qualität.<br />

Aber die Qualität trat ja zweifach auf: positiv als Realität und negativ als Negation<br />

(Privation). Daran hat sich seither nichts geändert; denn wir müssen nun ja auch das negative<br />

Resultat der Selbstbeziehung des Anderen berücksichtigen, das Andere, und zwar nicht sofern<br />

es selber auch Etwas ist, sondern gerade <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Andersse<strong>in</strong>, d.h. <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em ständigen Außersichkommen,<br />

Sich-Verändern, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Ungleichheit mit sich (also das unmittelbare „Resultat“<br />

des zirkulären Andersse<strong>in</strong>s).<br />

Wegen dieses Andersse<strong>in</strong>s und Außersichkommens trennt sich von der Bestimmung als der<br />

Qualität im affirmativen S<strong>in</strong>n das, was Hegel die Beschaffenheit nennt. Sie ist nicht Privation,<br />

sondern dasselbe wie die Bestimmung, nur jetzt als Nachfolger<strong>in</strong> des Se<strong>in</strong>s-für-Anderes.<br />

Durch se<strong>in</strong>e Bestimmung hat sich jedes der beiden Etwas gegen die Negation durch das Andere<br />

abgeschottet. Es herrscht hier nicht mehr das asymmetrische Verhältnis von Negation<br />

und Bestimmtheit. Die beiden Etwas verhalten sich ja ganz symmetrisch zue<strong>in</strong>ander. Insofern<br />

kann man nicht sagen, daß e<strong>in</strong>seitig e<strong>in</strong>es von ihnen das andere negiert und im Gegenzug von<br />

ihm bestimmt wird. Negation und Bestimmtheit s<strong>in</strong>d vielmehr <strong>in</strong> der Identität von Ansichse<strong>in</strong><br />

und Se<strong>in</strong>-für-Anderes, d.h. <strong>in</strong> der Bestimmung, völlig ausgeglichen.<br />

-- -- --<br />

Wie geht es nun weiter? Beschaffenheit und Bestimmung ließen sich nicht gegene<strong>in</strong>ander<br />

<strong>in</strong>haltlich profilieren: Das Ansichse<strong>in</strong> des Etwas ist ebenso sehr von dem Anderen bestimmt<br />

wie das SfA. So fallen beide zusammen als die (bzw. <strong>in</strong> der) Grenze.<br />

Damit haben wir das endliche Etwas erreicht. Die Zweiteilung des LR zwischen zwei Daseienden<br />

(Etwas und Anderen) wird damit explizit und zugleich irrelevant. Die Grenze, also die<br />

Negativität, ist nun die (paradoxe) Qualität des Etwas, das eben dadurch das Endliche ist. Der<br />

ganze LR ist jetzt das e<strong>in</strong>e Endliche mit der Grenze als se<strong>in</strong>er Qualität.<br />

In <strong>Hegels</strong> Worten:<br />

Etwas mit se<strong>in</strong>er immanenten Grenze gesetzt als der Widerspruch se<strong>in</strong>er selbst, durch<br />

den es über sich h<strong>in</strong>ausgewiesen und getrieben wird, ist das Endliche. (S. 139)<br />

Im Endlichen s<strong>in</strong>d der negative und der positive Aspekt der Selbstbeziehung des Anderen nun<br />

<strong>in</strong> Gleichberechtigung wiedervere<strong>in</strong>igt; das Endliche ist demnach wieder e<strong>in</strong>e unverkürzte<br />

Negation-ihrer-selbst. [Hier beg<strong>in</strong>nt der Ausgleich des Se<strong>in</strong>s und der Negativität, der im<br />

Fürsichse<strong>in</strong> abgeschlossen ist.]<br />

Endliches: das Etwas, dessen Qualität se<strong>in</strong>e Grenze ist; die unverkürzte Negationihrer-selbst.<br />

Aber das ist ke<strong>in</strong>e Negation im Leerlauf, sondern sie hat, durch die Verb<strong>in</strong>dung mit dem<br />

identischen Etwas, explizit die Unmittelbarkeit des Dase<strong>in</strong>s geerbt. Die leere Negation des<br />

Anderen se<strong>in</strong>er selbst hat sich mit Unmittelbarkeit angereichert. Wir haben also e<strong>in</strong>en (dem<br />

Anspruch nach) affirmativen Ausgangsgedanken: den Ursachverhalt Etwas mit se<strong>in</strong>er imma-

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