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Einführung in Hegels Logik - Philosophisches Seminar

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Nehmen wir den anfänglichen Doppelgedanken der OL, das (wie soll man es nennen?) Se<strong>in</strong>-<br />

Nichts. Wenn man jetzt zu disambiguieren versucht und sagt: „Das s<strong>in</strong>d zwei Gedanken<strong>in</strong>halte;<br />

nennen wir den e<strong>in</strong>en das Se<strong>in</strong> und den anderen das Nichts“, dann versucht man das Unmögliche.<br />

Es gibt ke<strong>in</strong>en re<strong>in</strong> affirmativen Gedanken<strong>in</strong>halt Se<strong>in</strong> und ke<strong>in</strong>en re<strong>in</strong> negativen<br />

Gedanken<strong>in</strong>halt Nichts, sondern beide gehen <strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander über oder s<strong>in</strong>d vielmehr, wie Hegel<br />

sagt, immer schon <strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander übergegangen und zum Werden geworden. Und dieses Werden<br />

ist augenblicklich <strong>in</strong> ruhiges Se<strong>in</strong> – Dase<strong>in</strong> – zusammengesunken.<br />

Re<strong>in</strong>es Se<strong>in</strong> und re<strong>in</strong>es Nichts können also gar nicht für sich als Gedanken<strong>in</strong>halte bzw. als<br />

USVs vorkommen. Deswegen war Parmenides’ Plan von vornhere<strong>in</strong> zum Scheitern verurteilt,<br />

die Negativität vom LR fernzuhalten und nur das Se<strong>in</strong> zuzulassen. Man kriegt das Se<strong>in</strong><br />

nicht re<strong>in</strong> für sich. Was man re<strong>in</strong> für sich kriegt und was so ähnlich aussieht wie das re<strong>in</strong>e<br />

Se<strong>in</strong> ist das Dase<strong>in</strong>. Ohne es zu merken, hat Parmenides mit dem Dase<strong>in</strong> statt mit dem re<strong>in</strong>en<br />

Se<strong>in</strong> operiert und hat damit – wiederum ohne es zu merken – die Negation doch durch e<strong>in</strong>e<br />

H<strong>in</strong>tertür <strong>in</strong> den LR e<strong>in</strong>lassen müssen. Darüber wird gleich noch mehr zu berichten se<strong>in</strong>.<br />

-- -- --<br />

Das Abstrahieren ist (wörtlich) das Abziehen, Wegziehen: abs-trahere. Normalerweise halten<br />

wir das Abstrahieren für e<strong>in</strong>e simple, unspektakuläre Operation. Da liegen 17 rote Gegenstände<br />

auf dem Tisch, und wir ziehen von ihnen <strong>in</strong> Gedanken ihre rote Farbe ab, behalten nur<br />

diese übrig und sagen von ihnen allen, sie seien rot. Ihre vielfachen Unterschiede gegene<strong>in</strong>ander<br />

s<strong>in</strong>d damit e<strong>in</strong>geebnet; was aber nicht schlimm ist, weil es uns auf diese Unterschiede im<br />

gegebenen Fall gar nicht ankam.<br />

Es gibt aber auch e<strong>in</strong> gewaltsameres Abstrahieren, e<strong>in</strong> Trennen von solchem, das wesentlich<br />

zusammengehört. Wenn wir das ursprüngliche Se<strong>in</strong>-Nichts, von dem wir wissen, das es e<strong>in</strong><br />

flüchtiges Werden ist, das sofort <strong>in</strong> ruhiges Dase<strong>in</strong> zusammengesunken ist – wenn wir dieses<br />

Se<strong>in</strong>-Nichts ause<strong>in</strong>anderreißen <strong>in</strong> e<strong>in</strong> verme<strong>in</strong>tlich re<strong>in</strong>es Se<strong>in</strong> und e<strong>in</strong> verme<strong>in</strong>tlich re<strong>in</strong>es<br />

Nichts, so haben wir <strong>in</strong> äußerer Reflexion den konkreten OL-USV des Werdens zerstört. Und<br />

das rächt sich nun, weil wir nun um der Wahrheit willen gezwungen s<strong>in</strong>d, uns selbst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />

Widerspruch zu verwickeln.<br />

Wir müssen nun nämlich <strong>in</strong> der HL zugeben, erstens daß das Se<strong>in</strong> dasselbe ist wie das Nichts<br />

und zweitens daß Se<strong>in</strong> und Nichts absolut verschieden s<strong>in</strong>d:<br />

S = N<br />

S ≠ N<br />

Widerspruch<br />

<strong>in</strong> der HL<br />

Diesen Widerspruch können wir nicht als e<strong>in</strong> HL-Theorem stehenlassen (dann würde wir uns<br />

selbst widerlegen). Er kann also nur im S<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er reductio ad absurdum akzeptiert werden:<br />

E<strong>in</strong> solches Se<strong>in</strong> und e<strong>in</strong> solches Nichts, von denen gilt, das sie identisch und nicht identisch<br />

s<strong>in</strong>d, kann es nicht geben. Was es statt dessen gibt, ist der Doppelgedanke, den man e<strong>in</strong>erseits<br />

für re<strong>in</strong>es Se<strong>in</strong> und andererseits für re<strong>in</strong>e Negativität halten könnte, der aber <strong>in</strong> Wahrheit e<strong>in</strong><br />

Ine<strong>in</strong>anderübergegangense<strong>in</strong> von Se<strong>in</strong> und Nichts und damit e<strong>in</strong> flüchtiges Werden ist, das<br />

sich vernichtet hat und <strong>in</strong> ruhiges Dase<strong>in</strong> übergegangen ist.<br />

Das erste Kapitel der WdL erweist sich so als e<strong>in</strong>e Art Präludium. Mit dem zweiten Kapitel<br />

geht es richtig los. Das gilt übrigens ganz ähnlich auch für die Wesens- und die Begriffslogik.<br />

Se<strong>in</strong>slogik:<br />

1. Abschnitt: Qualität 1. Kap.: S-N-W<br />

Wesenslogik:<br />

1. Abschnitt: Reflexion 1. Kap.: Sche<strong>in</strong><br />

Begriffslogik:<br />

1. Abschnitt: Subjektivität 1. Kap.: Begriff

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