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Einführung in Hegels Logik - Philosophisches Seminar

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vielleicht nicht allgeme<strong>in</strong> gelten, nicht für ansichseiende, objektive Sachverhalte, wohl aber<br />

für den Sachverhalt i, der mit se<strong>in</strong>em Vorgestellt- oder Wahrgenommenwerden identisch ist.<br />

Ob es e<strong>in</strong>en solchen Sachverhalt als Tatsache gibt, ob er wirklich besteht, ist natürlich e<strong>in</strong>e<br />

offene Frage, wie es auch e<strong>in</strong>e offene Frage se<strong>in</strong> mag, ob es unfundierte Mengen und <strong>in</strong>sbesondere<br />

die unfundierte E<strong>in</strong>ermenge gibt. Aber unsere Freunde aus der analytischen Philosophie<br />

müssen zugeben, daß sie verstehen, wovon hier die Rede ist, sofern sie nur zugeben, daß<br />

sie verstehen, was Vorstellungen oder mentale Repräsentationen s<strong>in</strong>d.<br />

Es war Fichtes ursprüngliche E<strong>in</strong>sicht, daß der Sachverhalt i tatsächlich als Tatsache besteht<br />

oder vielmehr als „Tathandlung“ wie Fichte sich ausdrückt. Es handelt sich nämlich um den<br />

Sachverhalt des Selbstbewußtse<strong>in</strong>s oder des Ich, wie Fichte sagt. Das Ich gibt es nur, weil es<br />

selber sich erdenkt. E<strong>in</strong> Ich ohne Wissen von sich ist ke<strong>in</strong> Ich; e<strong>in</strong> Bewußtse<strong>in</strong> ohne Bewußtse<strong>in</strong><br />

von sich ist ke<strong>in</strong> Selbstbewußtse<strong>in</strong>. Das Ansichse<strong>in</strong> des Ich ist se<strong>in</strong> Fürsichse<strong>in</strong>. Das Ich<br />

ist durch sich, es erdenkt sich selbst – und ist <strong>in</strong>sofern causa sui. Aber es ist auch nur für sich,<br />

nicht für e<strong>in</strong>en unbeteiligten Blick von außen. Das esse des Ich ist se<strong>in</strong> percipi per se ipsum,<br />

se<strong>in</strong> durch sich selbst wahrgenommen Werden.<br />

Diese ursprüngliche E<strong>in</strong>sicht Fichtes war die Geburtsstunde der spekulativen Philosophie.<br />

Es ist das Kennzeichen der spekulativen Philosophie, daß sie zirkuläre epistemische, doxastische,<br />

logische, begriffliche, semantische Strukturen nicht nur ernstnimmt, sondern sie zuspitzt,<br />

sozusagen entsichert und scharf macht. Den Worten nach gibt es zirkuläre Strukturen<br />

zum Beispiel auch bei Sp<strong>in</strong>oza, <strong>in</strong>sbesondere das Insichse<strong>in</strong> (das die Substanz ausmacht) und<br />

die Ursache se<strong>in</strong>er selbst.<br />

Aber bei Sp<strong>in</strong>oza heißt Insichse<strong>in</strong> nur so viel wie nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen se<strong>in</strong>. Die Modi (oder<br />

Akzidentien) s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen, nämlich <strong>in</strong> der Substanz; und die Substanz ist <strong>in</strong> sich,<br />

d.h. nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen. Und causa sui (Ursache se<strong>in</strong>er selbst) ist nach Sp<strong>in</strong>oza das, was<br />

nicht durch fremde E<strong>in</strong>wirkung, sondern kraft der <strong>in</strong>neren Notwendigkeit se<strong>in</strong>es eigenen Wesens<br />

existiert.<br />

In der spekulativen Philosophie, bei Fichte, Schell<strong>in</strong>g und Hegel, h<strong>in</strong>gegen s<strong>in</strong>d solche zirkulären<br />

Wendungen bitter ernstgeme<strong>in</strong>t. Wenn Hegel sagt, das Etwas sei charakterisiert durch<br />

Insichse<strong>in</strong>, dann me<strong>in</strong>t er das wörtlich: Als Etwas verdoppelt sich der logische Raum (LR) <strong>in</strong><br />

sich selbst und kommt überall doppelt vor, als enthaltender und enthaltener.<br />

Und was für das Insichse<strong>in</strong> gilt, das gilt auch für das Fürsichse<strong>in</strong> und das Durchsichse<strong>in</strong>. –<br />

Das Fürsichse<strong>in</strong> ist <strong>in</strong> der Se<strong>in</strong>slogik der Nachfolger-USV des Dase<strong>in</strong>s. Der (unendliche) LR<br />

des Fürsichse<strong>in</strong>s ist nur für sich; er ist <strong>in</strong> sich selbst aufgehoben; se<strong>in</strong> Se<strong>in</strong> ist Aufgehobense<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> sich selbst; er ist schiere Idealität und überall doppelt, als Aufhebendes und als<br />

Aufgehobenes. – Die Substanz schließlich (am Ende der Wesenslogik) ist durch sich, d.h.<br />

causa sui; sie ist überall doppelt als ihre eigene Ursache und ihre eigene Wirkung.<br />

Insichse<strong>in</strong>: das Se<strong>in</strong> des Etwas<br />

Fürsichse<strong>in</strong>: die Idealität (das Aufgehobense<strong>in</strong>) des Unendlichen<br />

Durchsichse<strong>in</strong>: das Se<strong>in</strong> der Substanz qua Ursache<br />

Nur das Ansichse<strong>in</strong> tanzt e<strong>in</strong> wenig aus der Reihe. In ihrem Ansichse<strong>in</strong> ist e<strong>in</strong>e Sache ganz<br />

isoliert nur die Sache, die sie ist oder soll dies zum<strong>in</strong>dest se<strong>in</strong>. (Aber wer weiß, vielleicht läßt<br />

sich sogar noch im Ansichse<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e spekulative Selbstverdopplung der Sache nachweisen.)<br />

Mit Fichtes Tathandlung oder dem (asboluten) Ich verhält es sich ähnlich. Auch das Ich ist<br />

überall doppelt <strong>in</strong> sich, als das Denkende und als das Gedachte. Vielleicht kann man hier sogar<br />

noch e<strong>in</strong>en Schritt weitergehen und sagen, es sei dreifach <strong>in</strong> sich: als Denkendes, als Gedachtes<br />

und als der Akt des Denkens. Das will Fichte auch mit dem Term<strong>in</strong>us „Tathandlung“<br />

ausdrücken. Die Tatsache des Ich ist e<strong>in</strong>e Handlung des Ich selber, es selber „macht“

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