Einführung in Hegels Logik - Philosophisches Seminar
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E<strong>in</strong>e Art hat e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Bestimmung, ihre spezifische Differenz, durch die sie sich von anderen<br />
Arten unterscheidet. Die Quantität h<strong>in</strong>gegen hat zwei Bestimmungen und kann sowohl<br />
<strong>in</strong> der e<strong>in</strong>en als auch <strong>in</strong> der anderen eigens „gesetzt“ werden. So ergeben sich dann die kont<strong>in</strong>uierliche<br />
und die diskrete Größe. Hegel fährt fort:<br />
2) Die Ant<strong>in</strong>omie des Raums, der Zeit oder der Materie, <strong>in</strong> Ansehung ihrer Teilbarkeit<br />
<strong>in</strong>s Unendliche oder aber ihres Bestehens aus Unteilbaren, ist nichts anderes als die<br />
Behauptung der Quantität das e<strong>in</strong>emal als kont<strong>in</strong>uierlicher, das anderemal als diskreter.<br />
Werden Raum, Zeit usw. nur mit der Bestimmung kont<strong>in</strong>uierlicher Quantität gesetzt,<br />
so s<strong>in</strong>d sie teilbar <strong>in</strong>s Unendliche; mit der Bestimmung diskreter Größe aber s<strong>in</strong>d<br />
sie an sich geteilt und bestehen aus unteilbaren E<strong>in</strong>s; das e<strong>in</strong>e ist so e<strong>in</strong>seitig als das<br />
andere.<br />
Hier bietet Hegel e<strong>in</strong>e Lösung oder zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>e Diagnose für die alten Zenonischen Ant<strong>in</strong>omien<br />
an. Der Gedanke der Quantität ist e<strong>in</strong> Doppelgedanke, der bald <strong>in</strong> der e<strong>in</strong>en, bald <strong>in</strong><br />
der anderen Bestimmung gesetzt werden kann und muß. In beiden Bestimmungen ist er e<strong>in</strong>seitig,<br />
und jede widerspricht der anderen. Wenn die beiden E<strong>in</strong>seitigkeiten aufe<strong>in</strong>ander prallen,<br />
ergibt sich die Ant<strong>in</strong>omie.<br />
Man muß also anerkennen, daß die beiden Varianten der Quantität e<strong>in</strong>ander begrenzen. Sie<br />
teilen sich den LR; aber wo die e<strong>in</strong>e ist, hat die andere ke<strong>in</strong>en Platz. Wenn sie sich überlagern,<br />
ergibt sich e<strong>in</strong> Widerspruch. Insofern ist die Quantität nun begrenzt: e<strong>in</strong> Quantum.<br />
Re<strong>in</strong>e Quantität: kont<strong>in</strong>uierliche/diskrete Größe<br />
Begrenzte Quantität: Quantum<br />
Das entwickelte und vollkommen bestimmte Quantum ist dann die Zahl. Die Zahl hat „als ihr<br />
Element das E<strong>in</strong>s“ (§ 100); sie ist die E<strong>in</strong>heit e<strong>in</strong>er bestimmten Anzahl von E<strong>in</strong>s. Wieder<br />
s<strong>in</strong>d die beiden Momente der Diskretion und der Kont<strong>in</strong>uität am Werk; die Diskretion <strong>in</strong> der<br />
Anzahl, die Kont<strong>in</strong>uität <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>heit.<br />
Hegel leitet dann aus der so verstandenen Zahl die Zahlenoperationen ab, zunächst das schieren<br />
Zählen oder Numerieren; dann die Rechnungsarten der Addition, der Multiplikation<br />
und der Potenzierung. (Leider liegen diese Errungenschaften <strong>in</strong> der heutigen Philosophie der<br />
Mathematik ganz brach.)<br />
Über die Dualität von extensivem und <strong>in</strong>tensivem Quantum (ungefähr: Kard<strong>in</strong>alität und Ord<strong>in</strong>alität)<br />
geht es weiter zur quantitativen Unendlichkeit, die sowohl nach oben im endlosen<br />
Zählprogreß als auch nach unten <strong>in</strong>s Inf<strong>in</strong>itesimale schlechte Unendlichkeit ist. „Der unendliche<br />
quantitative Progreß ist […] die gedankenlose Wiederholung e<strong>in</strong>es und desselben Widerspruchs,<br />
der das Quantum überhaupt […] ist. Über den Überfluß, diesen Widerspruch <strong>in</strong> der<br />
Form des unendlichen Progresses auszusprechen, sagt mit Recht Zeno bei Aristoteles [zitiert<br />
von Simplikios im Kommentar zur Physik]: es ist dasselbe, etwas e<strong>in</strong>mal sagen und es immer<br />
sagen.“ (§ 104 Anm.)<br />
Die wahre quantitative Unendlichkeit ist dann das quantitative Verhältnis, <strong>in</strong> welchem die<br />
Quantität wieder schrittweise qualitativ wird. Wenn wir im vorigen die logische Grundlage<br />
der re<strong>in</strong>en Mathematik fanden, so f<strong>in</strong>den wir hier die logische Grundlage der Mechanik. Im<br />
Maß werden wir dann, sehr grob gesprochen, die logische Grundlage der Chemie (und der<br />
<strong>in</strong>haltlichen oder Mikrophysik) bekommen.<br />
Zum Übergang <strong>in</strong> die Maßlogik sagt Hegel <strong>in</strong> § 106:<br />
Die Seiten des [quantitativen] Verhältnisses s<strong>in</strong>d noch unmittelbare Quanta, und die<br />
qualitative und die quantitative Bestimmung e<strong>in</strong>ander noch äußerlich [wir haben e<strong>in</strong>erseits<br />
die Zahlenwerte und andererseits die mathematische Funktion, durch die sie qualitativ<br />
zusammenhängen]. Nach ihrer Wahrheit aber, daß das Quantitative selbst Be-