Einführung in Hegels Logik - Philosophisches Seminar
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Kaum besteht der USV Nicht-Se<strong>in</strong> bzw. der USV Werden, falsifiziert und vernichtet er sich<br />
zugunsten e<strong>in</strong>es neuen Nachfolgersachverhaltes, den wir als „Nicht-Werden“ oder „Nichtnicht-Se<strong>in</strong>“<br />
und damit, kurz, wieder als „Se<strong>in</strong>“ bezeichnen können.<br />
QT (0) „Se<strong>in</strong>!“ logisch ewiges QT<br />
QT (1) „Nicht-Se<strong>in</strong>“ („Werden“) logisch <strong>in</strong>dexikal. Augenblicks-QT<br />
QT (2) „Nicht-Werden“ („Se<strong>in</strong>“) logisch <strong>in</strong>dex. Nicht-Augenblicks-QT<br />
Wichtig ist, daß die Verne<strong>in</strong>ung e<strong>in</strong>es Augenblickssatzes wiederum e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dexikalischer<br />
Satz ist, wenn auch ke<strong>in</strong> Augenblickssatz mehr. Erst fängt der Torwart den Ball, dann hat er<br />
ihn (fängt ihn nicht mehr). Aber er wird ihn nicht ewig behalten, sondern <strong>in</strong>s Spiel zurück<br />
werfen und ihn später vielleicht noch e<strong>in</strong> paar Mal fangen. Das Haben des Balles ist also anders<br />
als das Fangen ke<strong>in</strong> Augenblickssachverhalt, wohl aber e<strong>in</strong> zeitlich <strong>in</strong>dexikalischer<br />
Sachverhalt.<br />
QT(2) mag also zwar denselben Wortlaut (oder ohneh<strong>in</strong> besser: Hilfswortlaut) haben wie<br />
QT(0), aber es hat doch e<strong>in</strong>en anderen logischen Status und e<strong>in</strong>en leicht abgewandelten S<strong>in</strong>n<br />
und Inhalt. Es drückt zwar e<strong>in</strong> ruhiges Se<strong>in</strong> aus, aber ke<strong>in</strong> ewiges Se<strong>in</strong> mehr, sondern e<strong>in</strong>es,<br />
das im Pr<strong>in</strong>zip durch Fälle von Werden unterbrochen werden kann. Hegel nennt dieses ruhige,<br />
aber nicht ewige Se<strong>in</strong>, das sozusagen der Negativabzug des Werdens ist, das Dase<strong>in</strong>.<br />
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Wir stehen noch ganz am Anfang der WdL. Aber wir haben schon jetzt reichlich Stoff beisammen,<br />
um viele wesentliche Züge der <strong>Hegels</strong>chen <strong>Logik</strong> skizzieren und erklären zu können,<br />
die auch im Fortgang relevant bleiben werden. Deswegen müssen wir uns noch e<strong>in</strong>e Zeitlang<br />
an der Stelle aufhalten, wo wir gerade angekommen s<strong>in</strong>d, beim Dase<strong>in</strong> als solchen, und<br />
auch noch e<strong>in</strong>ige Rückblicke auf das Werden und auf die Negation <strong>in</strong> unsere Überlegungen<br />
e<strong>in</strong>beziehen. (Das ist e<strong>in</strong> Appell an Ihre Geduld. Wenn wir nämlich zu schnell fortfahren, verlieren<br />
wir leicht den roten Faden der Argumentation.)<br />
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Das Werden ist e<strong>in</strong>e „Verb<strong>in</strong>dung“ (oder „“E<strong>in</strong>heit“) von Se<strong>in</strong> und Negation und wird dementsprechend<br />
ausgedrückt durch das QT „Nicht: Se<strong>in</strong>!“. Aber diese Verb<strong>in</strong>dung währt nur<br />
e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>f<strong>in</strong>itesimalen (unendlich kurzen) logischen Augenblick lang und vernichtet sich selbst<br />
zugunsten des Se<strong>in</strong>s, das dann Dase<strong>in</strong> heißt. Dieses augenblickslange Werden nenne ich den<br />
logischen Urknall; mit ihm beg<strong>in</strong>nt die Evolution des logischen Raumes, dessen erster relativ<br />
stabiler Zustand dann eben das Dase<strong>in</strong> ist.<br />
In diesem Zusammenhang gibt es nun e<strong>in</strong>ige wichtige Bemerkungen zu machen (<strong>in</strong> der HL).<br />
Erstens. Die Verb<strong>in</strong>dung von Se<strong>in</strong> und Negation im Werden ist nicht atomistisch zu verstehen,<br />
sondern holistisch. Das heißt, es gibt im Werden nicht zwei Komponenten, Se<strong>in</strong> und<br />
Negativität, die für sich als logische Atome bestünden, sondern im Werden ist alles Werden.<br />
Das Werden ist, mit anderen Worten, etwas Neues und Eigenes gegenüber dem Se<strong>in</strong> und der<br />
Negativität. Se<strong>in</strong>e beiden Komponenten s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Bauste<strong>in</strong>e, Module, Atome, sondern unselbständige<br />
Momente: Das Se<strong>in</strong> im Werden ist selber schon e<strong>in</strong> Werden, und die Negativität<br />
im Werden ist ebenfalls e<strong>in</strong> Werden. Hegel nennt die Momente des Werdens Entstehen und<br />
Vergehen. Im Entstehen setzt sich das Se<strong>in</strong> gegen die Negativität durch und im Vergehen<br />
umgekehrt die Negativität gegen das Se<strong>in</strong>. Das Entstehen ist das Se<strong>in</strong>, wie es im Werden und<br />
als Werden ist. Und das Vergehen ist die Negativität, wie sie im Werden und als Werden ist.<br />
Zweitens. Es gibt ke<strong>in</strong>en logischen Zustand „re<strong>in</strong>es Se<strong>in</strong>“ vor dem Werden. Denn dann müßte<br />
irgendwann (im re<strong>in</strong> logischen S<strong>in</strong>n von „irgendwann“) die Negativität zu dem ewigen Se<strong>in</strong><br />
h<strong>in</strong>zutreten. Wann aber genau? Dafür gibt es ke<strong>in</strong>e logische Stelle, ke<strong>in</strong>en logischen Augenblick.<br />
Deswegen beg<strong>in</strong>nt die <strong>Logik</strong> tatsächlich mit dem Werden bzw., da dieses nur unend-