Einführung in Hegels Logik - Philosophisches Seminar
Einführung in Hegels Logik - Philosophisches Seminar
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Am Ende der Se<strong>in</strong>slogik wird umgekehrt das ewige Se<strong>in</strong> <strong>in</strong> die unruhige Form des Werdens<br />
gezwungen werden. Hegel nennt diesen unhaltbaren USV die „absolute Indifferenz“ und<br />
erkennt <strong>in</strong> ihr den allseitigen Widerspruch, der <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Allseitigkeit nicht mehr durch das<br />
Abschatten e<strong>in</strong>er Seite behoben werden kann.<br />
Absolute Indifferenz: das ewige Se<strong>in</strong> die unruhige Form des Werdens gezwungen<br />
Der allseitige Widerspruch der absoluten Indifferenz wird zur Folge haben, daß zu Beg<strong>in</strong>n der<br />
Wesenslogik die Ant<strong>in</strong>omie der Negation (bzw. die zirkuläre Negation) den Sche<strong>in</strong> ausdrückt.<br />
Sie ist wahr als treffender Ausdruck des Sche<strong>in</strong>s; aber zugleich unwahr deshalb, weil<br />
der Sche<strong>in</strong> das Denken vom Absoluten trennt, sich zwischen das Denken und se<strong>in</strong>en <strong>in</strong>tendierten<br />
Gegenstand schiebt. Im Sche<strong>in</strong> ist das Denken ganz <strong>in</strong> sich selbst gefangen und dr<strong>in</strong>gt<br />
nicht durch zum wesentlichen Se<strong>in</strong>.<br />
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Aber das s<strong>in</strong>d Vorwegnahmen zur groben Orientierung. Bevor wir wieder <strong>in</strong> die OL e<strong>in</strong>treten<br />
(und die <strong>Logik</strong> der Endlichkeit betrachten), wollen wir jetzt noch zweierlei tun. Erstens<br />
wollen wir der Frage nachgehen, wie denn Hegel mit dem Vorwurf des (transzendentalen)<br />
Nihilismus umgehen würde und könnte (den Jacobi an die Adresse Fichtes erhoben hatte).<br />
Zweitens möchte ich anhand der zirkulären Negation e<strong>in</strong>en kurzen Überblick über das Gesamtprogramm<br />
der <strong>Logik</strong> geben. (Drittens kehren wir dann an den Punkt zurück, an dem wir<br />
angekommen waren, und betrachten die <strong>Logik</strong> der Endlichkeit und dann der Unendlichkeit.)<br />
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Erstens: Ist die WdL e<strong>in</strong> transzendentaler Nihilismus? Vergewissern wir uns noch e<strong>in</strong>mal<br />
des S<strong>in</strong>ns dieser Frage. Sie hat zu tun mit dem Gegensatz von real und ideell, von Realismus<br />
und Idealismus. Das Ideelle ist dasjenige, was nur als Inhalt des Denkens, nicht auch an sich<br />
der Fall ist oder existiert. Traditionell hat man den Idealismus so konzipiert: Alles, was Inhalt<br />
des Denkens ist, ist nur dies, ist nur Inhalt des Denkens, also ideell. Aber das Denken selber<br />
und das denkende Wesen sollen natürlich real se<strong>in</strong>. Insofern war auch der Idealismus noch e<strong>in</strong><br />
Realismus (e<strong>in</strong> Realismus der res cogitans).<br />
Kant etwa def<strong>in</strong>iert <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er „Widerlegung des Idealismus“ <strong>in</strong> der 2. Auflage der KrV im<br />
Abschnitt über „die Postulate des empirischen Denkens überhaupt“ (B 274) den Idealismus<br />
wie folgt:<br />
Der Idealism (ich verstehe den materialen [im Unterschied zu Kants eigenem formalen])<br />
ist die Theorie, welche das Dase<strong>in</strong> der Gegenstände im Raum außer uns [!] entweder<br />
bloß für zweifelhaft und unerweislich, oder für falsch und unmöglich erklärt;<br />
der erstere ist der problematische des Cartesius [bzw. se<strong>in</strong>es Alter ego <strong>in</strong> den ersten<br />
beiden Meditationen], der nur E<strong>in</strong>e empirische Behauptung (assertio), nämlich: Ich<br />
b<strong>in</strong>, für ungezweifelt erklärt; der zweite ist der dogmatische des Berkeley, der den<br />
Raum mit allen den D<strong>in</strong>gen, welchen er als unabtrennliche Bed<strong>in</strong>gung anhängt, für<br />
etwas, was an sich selbst unmöglich sei, und darum auch die D<strong>in</strong>ge im Raum für bloße<br />
E<strong>in</strong>bildungen erklärt.<br />
Wenn man diese Kantische Erklärung des dogmatischen Idealismus auf e<strong>in</strong>e Kurzformel<br />
br<strong>in</strong>gen möchte, so bietet sich folgendes an:<br />
Dogmatischer Idealismus: Alles Räumliche ist imag<strong>in</strong>är (d.h. bloß ideell, nicht real).<br />
Nicht imag<strong>in</strong>är aber ist das vorstellende und denkende Subjekt. Es kann sich zwar selbst vorstellen<br />
und ist <strong>in</strong> dieser Vorstellung se<strong>in</strong>er selbst wie e<strong>in</strong> Ideelles. Aber es ist zugleich auch<br />
real, d.h., es existiert auch unabhängig von se<strong>in</strong>er Selbstvorstellung. Es ist e<strong>in</strong>erseits wie e<strong>in</strong>