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Einführung in Hegels Logik - Philosophisches Seminar

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Bleiben wir fürs erste aber bei <strong>Hegels</strong> affirmativem Tonfall. Er redet hier so, als sei mit der<br />

Unendlichkeit und dem Fürsichse<strong>in</strong> schon etwas Def<strong>in</strong>itives und Letztes erreicht, was nicht<br />

mehr h<strong>in</strong>fällig werden kann, etwa das freie, unendliche Ich, das wir später im Begriff und als<br />

Begriff erneut antreffen werden. Läßt Hegel hier etwa se<strong>in</strong>e Theorie aus der Evolution des LR<br />

ebenso ausscheren, wie diejenigen Theorien es tun, denen er deswegen sonst vorwirft, e<strong>in</strong>seitige<br />

Metaphysik zu se<strong>in</strong>? Allgeme<strong>in</strong>er gefragt: Wo steht denn Hegel selber <strong>in</strong>nerhalb der Geschichte<br />

der Metaphysik?<br />

-- -- --<br />

Ich vertrete seit langem e<strong>in</strong>e philosophische Grundthese, die ich als „Subjektivitätsthese“<br />

bezeichne und die man <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er schwachen (ST - ) und e<strong>in</strong>er starken Version (ST + ) formulieren<br />

kann:<br />

ST - : Notwendigerweise gibt es leibliche (d.h. endliche) Subjektivität (Personen).<br />

ST + : Das Reale (oder Seiende) ist wesentlich bezogen auf endliche Subjektivität.<br />

ST - ist mit <strong>Hegels</strong> Philosophie vere<strong>in</strong>bar und sogar e<strong>in</strong> von Hegel ausdrücklich vertretene<br />

Lehre: Aus der Natur geht der Geist <strong>in</strong> Form von endlichen Subjekten notwendig hervor.<br />

Und die endlichen Subjekte s<strong>in</strong>d dann auch die Träger des objektiven und das absoluten<br />

Geistes, also der Familie, der Gesellschaft und des Staates sowie der Kunst, der Religion und<br />

der Philosophie. In dem Tun und Treiben der endlichen Subjekte und durch dieses Tun h<strong>in</strong>durch<br />

soll sich nach Hegel aber offenbar das wahrhafte Unendliche zu erkennen geben und<br />

zur Geltung br<strong>in</strong>gen. Die endlichen Subjekte und ihr endliches Tun s<strong>in</strong>d ja dem Hauptsatz der<br />

Philosophie zufolge ideell.<br />

Dann aber kann das wahrhafte Reale und Seiende nicht wesentlich auf endliche Subjektivität<br />

bezogen se<strong>in</strong>. Die endliche Subjektivität ist ihm ke<strong>in</strong> angemessener Partner und hält ihm nicht<br />

stand, sondern wird vor und <strong>in</strong> ihm zu e<strong>in</strong>em Ideellen – entgegen der starken Subjektivitätsthese.<br />

ST + entspricht dem Geist von Heideggers „Se<strong>in</strong> und Zeit“. Se<strong>in</strong>sverständnis gibt es nach<br />

Heideggers Analysen nur <strong>in</strong> „je me<strong>in</strong>em“ endlichen, menschlichen Dase<strong>in</strong>. Zum Se<strong>in</strong> des Seienden<br />

gehört wesentlich Se<strong>in</strong>sverständnis, bzw. zum Se<strong>in</strong> gehört se<strong>in</strong>e Unverborgenheit.<br />

Aber die Unverborgenheit kann ke<strong>in</strong>e unendliche se<strong>in</strong>. Als unendliche würde sie sich selbst<br />

<strong>in</strong> die Quere kommen, sich selbst auflösen und zerstören. Vielmehr ist die Unverborgenheit,<br />

die zum Se<strong>in</strong> des Seienden gehört, wesentlich partiell, jeweils auf endliches Verstehen <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er je bestimmten Perspektive bezogen. Anders geht es nicht.<br />

Das betrifft auch das philosophische Denken selber: Es ist je endlich, je perspektivisch. Philosophie<br />

ist da, wo sie der Wahrheit am nächsten kommt, ke<strong>in</strong>e theoretische Wissenschaft im<br />

S<strong>in</strong>ne des Aristoteles mehr, sondern e<strong>in</strong>e hermeneutische Diszipl<strong>in</strong>. Theoretische Wissenschaften<br />

(Aristoteles kennt und nennt drei: Erste Philosophie, Physik und Mathematik) s<strong>in</strong>d<br />

universal und standpunktneutral, ohne Ort und Zeit. Daß sie an e<strong>in</strong>em bestimmten Ort zu<br />

e<strong>in</strong>er bestimmten Zeit formuliert werden, ist ihren Inhalten äußerlich.<br />

Theoretische Wissenschaften (exakt, universal, standpunktneutral)<br />

Metaphysik<br />

Physik<br />

Mathematik<br />

Historische und hermeneutische Wissenschaften (zu denen Aristoteles die praktische Philosophie<br />

– Ethik und Politik – zählt) s<strong>in</strong>d h<strong>in</strong>gegen nicht nur weniger exakt als die theoretischen,<br />

sondern vor allem standpunktgebunden.<br />

Historische und hermeneutische Wissenschaften (standpunktgebunden):<br />

Geschichte, Ethik, Politik, Philosophie (?)

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