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Einführung in Hegels Logik - Philosophisches Seminar

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Das Dase<strong>in</strong> trat anfangs als unmittelbares Se<strong>in</strong> auf (<strong>in</strong> OL). Es ist jedoch (<strong>in</strong> HL) bestimmt,<br />

und se<strong>in</strong>e Bestimmtheit ist, als seiende genommen, Qualität, die sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e affirmative und<br />

e<strong>in</strong>e negative Variante, <strong>in</strong> Realität und Negation, aufteilt. Sofern dieser Unterschied (zwischen<br />

Dase<strong>in</strong> und Bestimmtheit und ipso facto zwischen Realität und Negation) im Dase<strong>in</strong><br />

negiert („aufgehoben“) ist, heißt das Dase<strong>in</strong> Daseiendes bzw., im Vorblick auf e<strong>in</strong>e Zweiteilung<br />

des logischen Raumes, Etwas. Und das logische Werden ist nun e<strong>in</strong> Übergehen von Dase<strong>in</strong><br />

zu Dase<strong>in</strong> und heißt Veränderung. (Das war der Abschnitt A des zweiten Kapitels.)<br />

Es ist wichtig, die Veränderung im S<strong>in</strong>n der WdL präzise zu denken. Normalerweise unterstellen<br />

wir e<strong>in</strong> beharrendes Substrat, an dem sich Veränderungen vollziehen. E<strong>in</strong> grünes Blatt<br />

wird im Herbst gelb; se<strong>in</strong>e Farbqualität ändert sich also. Man könnte me<strong>in</strong>en, dies sei e<strong>in</strong>e<br />

mustergültige qualitative Veränderung, wie sie hier, im LR des qualitativen Dase<strong>in</strong>s vorkomme.<br />

Dem ist aber nicht so.<br />

Im LR des Dase<strong>in</strong>s gibt es ke<strong>in</strong> bleibendes Substrat der Veränderung (außer – <strong>in</strong>sgeheim –<br />

dem Se<strong>in</strong> selber), dessen Zustände wechseln; ke<strong>in</strong> D<strong>in</strong>g, dessen Eigenschaften, ke<strong>in</strong>e Substanz,<br />

deren Akzidentien wechseln. Sondern das Dase<strong>in</strong> ist e<strong>in</strong> logisches Quale, d.h. e<strong>in</strong>s mit<br />

se<strong>in</strong>er Qualität. Se<strong>in</strong>e Veränderung ist also radikal; es ist nachher nicht mehr es selbst, sondern<br />

e<strong>in</strong> Anderes.<br />

Veränderung im LR des Dase<strong>in</strong>s (Qualität):<br />

Nicht: Anderswerden, sondern: E<strong>in</strong>-Anderes-Werden<br />

Es bedarf erst der Kategorie der Quantität und der quantitativen Veränderung, damit der Gedanke<br />

Raum gew<strong>in</strong>nen kann, daß e<strong>in</strong>e Sache gegen ihre Veränderung gleichgültig ist. E<strong>in</strong><br />

Baum z.B. wächst und bleibt doch derselbe Baum.<br />

Veränderung im LR der Quantität:<br />

E<strong>in</strong> (quantitatives) Anderswerden der Sache, die dennoch identisch bleibt.<br />

Das ist eigentlich e<strong>in</strong> identitätslogischer Widerspruch; denn <strong>in</strong> der Identitätslogik gilt:<br />

(Fa & ~Fb) → a ≠ b<br />

E<strong>in</strong> und dasselbe Blatt kann „eigentlich“ nicht grün und nichtgrün (gelb) se<strong>in</strong>. Man behilft<br />

sich, <strong>in</strong>dem man h<strong>in</strong>zufügt: „nicht zur selben Zeit“. Aber das nützt nicht viel, denn wir wollen<br />

ja, daß e<strong>in</strong> D<strong>in</strong>g (z.B. e<strong>in</strong> Blatt) über die Zeit h<strong>in</strong>weg identisch bleibt, im Wandel se<strong>in</strong>er Eigenschaften.<br />

In der philosophischen Tradition hat man deswegen die Lehre des Essentialismus<br />

entwickelt: Jede Sache hat wesentliche Eigenschaften, die zusammen ihr Wesen ausmachen,<br />

und diese bleiben immer konstant. Was sich wandelt, s<strong>in</strong>d die unwesentlichen, akzidentellen<br />

Eigenschaften. Diese dürfen sich ändern, ohne daß die Sache ihre Identität verliert.<br />

Der Essentialismus aber wird <strong>in</strong> der WdL erst später – <strong>in</strong> der Wesenslogik – abgehandelt. In<br />

der Se<strong>in</strong>slogik muß die Problematik der Veränderung daher anders gelöst werden, nämlich<br />

zunächst e<strong>in</strong>mal durch die <strong>E<strong>in</strong>führung</strong> der quantitativen Veränderung als kompatibel mit der<br />

Identität der Sache.<br />

Und dann kommt drittens noch die Maßlogik h<strong>in</strong>zu, <strong>in</strong> der u.a. die qualitative Veränderung<br />

quantitativ fundiert wird, so daß auch sie identitätskompatibel ersche<strong>in</strong>t. Aber das geht nicht<br />

lange gut. Am Ende der Maßlogik tritt der Widerspruch dann mit Macht hervor und läßt sich<br />

nicht mehr mit den Mitteln der Se<strong>in</strong>slogik h<strong>in</strong>ausschieben.<br />

Aber wir stehen noch am Anfang der Se<strong>in</strong>slogik, und dort, <strong>in</strong> der <strong>Logik</strong> der Qualität und<br />

speziell des Dase<strong>in</strong>s, ändert sich mit der Qualität jeweils die Sache (d.h. der LR) selber; denn<br />

die Sache (der LR) ist gar nichts anderes als ihre (se<strong>in</strong>e) Qualität.<br />

Durch ihr Anderswerden verliert sich hier e<strong>in</strong>e Sache, e<strong>in</strong> USV, der LR. Der LR verliert sich,<br />

das heißt: Er kommt außer sich. Genauer gesagt, kommt er <strong>in</strong> sich selbst außer sich: Das

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