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Taschenatlas Augenheilkunde (Thieme Verlag, 2004)

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12 Glaukom<br />

154<br />

A. Primär kongenitale Glaukome,<br />

dysgenetische Glaukome<br />

Die dysgenetischen oder entwicklungsbedingten<br />

Glaukome sind gekennzeichnet durch Fehlentwicklungen<br />

der Kammerwasserabflussstrukturen,<br />

häufig verbunden mit weiteren<br />

okulären oder systemischen Veränderungen.<br />

Ursächlich sind Differenzierungsstörungen des<br />

kranialen Neuralrohres während der Embryonalzeit.<br />

Glaukome im Kindesalter treten mit<br />

einer Inzidenz von 1 : 10 000 auf. Ausprägungsgrad<br />

und Manifestationsalter variieren stark.<br />

Bei Manifestation bis zum dritten Lebensjahr<br />

spricht man von kongenitalen Glaukomen, bei<br />

späterer Manifestation von juvenilen Glaukomen<br />

(bis zum 35. Lebensjahr). Der pathologisch<br />

erhöhte Augendruck kann durch die noch vorhandene<br />

Dehnbarkeit des Bulbus eine Vergrößerung<br />

des gesamten Augapfels induzieren<br />

(Buphthalmus). Diagnostisches Leitsymptom<br />

ist ein vergrößerter Hornhautdurchmesser<br />

(> 13 mm). Einrisse der Descemetmembran und<br />

anschließende Reparaturmechanismen führen<br />

zu typischen Hornhautnarben (Haab-Leisten).<br />

Weitere Symptome sind Epiphora und Photophobie.<br />

Die Einteilung erfolgt nach syndromatologischen<br />

oder morphologischen Gesichtspunkten.<br />

Bei etwa 50 % der Glaukome im Kindes- und<br />

Jugendalter liegen isolierte Trabekulodysgenesien<br />

vor, bei denen es zu einer Behinderung<br />

des Kammerwasserabflusses ohne zusätzliche<br />

okuläre und systemische Anomalien kommt<br />

(Aa). Unterschieden werden drei Kammerwinkelformationen:<br />

posteriore, anteriore und konkave<br />

Irisinsertion. Der Schlemm-Kanal ist meist<br />

offen. Die morphologische und funktionelle Ausprägung<br />

ist stark variabel. Spontanremissionen<br />

im Sinne einer Kammerwinkelnachreifung sind<br />

beschrieben.<br />

Iridotrabekulodysgenesien erklären sich aus<br />

dem gemeinsamen Ursprung in einem Zellverband<br />

des kranialen Neuralrohrs. Dysgenetische<br />

Befunde der Iris können sich als Irisstromahypoplasie,<br />

Persistieren der Pupillarmembran,<br />

Irishyperplasie (u. a. Ectropium uveae), pathologische<br />

Irisgefäße (irreguläre, oberflächliche<br />

Irisgefäße, Persistenz der Tunica vasculosa lentis),<br />

als Lochbildungen, Iriskolobome oder als<br />

Aniridie darstellen (Ab – d).<br />

Bei den Iridokorneotrabekulodysgenesien (Ae<br />

u. f) lassen sich periphere, mittelperiphere und<br />

zentrale Formen unterteilen: Als Embryotoxon<br />

posterius bezeichnet man die prominente<br />

Begrenzung der Descemetmembran, die sich<br />

als feiner, weißlicher Ring der peripheren<br />

Hornhaut bei 15–30 % normaler Augen findet.<br />

Treten zusätzlich periphere, mesodermale<br />

Stränge vom Irisstroma zur Schwalbe-Linie auf,<br />

spricht man von einer Axenfeld-Anomalie. In<br />

50 % der Fälle tritt, durch Verlegung des Kammerwinkels,<br />

ein Glaukom auf (Axenfeld-Syndrom).<br />

Bei der Rieger-Anomalie sind neben<br />

Embryotoxon posterius, mittelperiphere, vordere<br />

Synechien sowie eine Irisstromahypoplasie<br />

kennzeichnend. Pupillenektopie, Hornhautstromatrübungen<br />

und Glaukom (50 % der<br />

Fälle) können hinzutreten. Zusätzliche Zahnoder<br />

Skelettanomalien bezeichnen ein Rieger-<br />

Syndrom. Da fließende Übergänge zwischen<br />

Axenfeld- und Rieger-Anomalie bestehen und<br />

häufig beide Veränderungen gemeinsam vorkommen,<br />

geht man davon aus, dass es sich um<br />

Varianten des gleichen Fehlbildungskomplexes<br />

handelt, die unter dem Begriff Axenfeld-Rieger-<br />

Syndrom zusammengefasst werden. Die zentrale<br />

Form der Iridokorneotrabekulodysgenesie<br />

wird als Peters-Anomalie bezeichnet. Es handelt<br />

sich um eine seltene, meist bilaterale Anomalie.<br />

In 50–70 % der Augen tritt ein dysgenetisches<br />

Glaukom auf. Daneben finden sich<br />

zentrale Hornhauttrübungen, Fehlen oder Ausdünnung<br />

einzelner Hornhautschichten, vordere<br />

Synechien von Iris und Linse, vorderer<br />

Polstar und Mikrophthalmus. Zusätzliche Fehlbildungen<br />

von ZNS, Herz, Kreislauf oder Gesichtsschädel<br />

werden als Peters-Plus-Syndrom<br />

bezeichnet.<br />

Typische systemische Fehlbildungen, in deren<br />

Rahmen es zur Entwicklung eines dysgenetischen<br />

Glaukoms kommt, sind Lowe-Syndrom,<br />

Phakomatosen (v. a. Sturge-Weber-Syndrom),<br />

Rubinstein-Taybi-Syndrom, Pierre-Robin-Syndrom,<br />

Chromosomenabberationen, Marfan-<br />

Syndrom, Weil-Marchesani-Syndrom, Rötelnembryopathie<br />

und Homozystinurie.<br />

Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!<br />

Aus T. Schlote u.a.: <strong>Taschenatlas</strong> <strong>Augenheilkunde</strong> (ISBN 3-13-131481-8) © <strong>2004</strong> Georg <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong>, Stuttgart

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