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Taschenatlas Augenheilkunde (Thieme Verlag, 2004)

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15 Sehnerv und Sehbahn<br />

202<br />

A. „Pseudostauungspapille“<br />

Die häufigste angeborene Papillenanomalie mit<br />

prominenter Papille findet sich bei Hyperopie<br />

(Ab) als Zufallsbefund. Sie kann ein- oder beidseitig<br />

vorliegen. Eine Beeinträchtigung der<br />

Sehfunktion besteht nicht. Der Übergang von<br />

normal zu auffällig ist fließend. Am Augenhintergrund<br />

findet sich oft eine verhältnismäßig<br />

kleine Papille, die nicht exkaviert und nasal<br />

oder zirkulär randunscharf begrenzt, jedoch<br />

selten mehr als 3 dpt prominent ist. Die Gefäße<br />

werden nicht durch ödematöses Nervengewebe<br />

verdeckt. Die peripapilläre Zone ist frei<br />

von Ödem. Häufig finden sich anomale Gefäßabgänge<br />

der Arterien mit Schleifenbildung oder<br />

Trifurkationen. Falls ein spontaner Venenpuls<br />

beobachtet werden kann, spricht das gegen<br />

eine Stauungspapille. Eine Therapie ist nicht erforderlich.<br />

Die Prognose ist gut. Allerdings besteht<br />

ein erhöhtes Risiko, eine anteriore, ischämische<br />

Optikusneuropathie (AION) zu erleiden<br />

(Disc at Risk).<br />

Bei der vor allem bei Kindern diagnostisch<br />

Schwierigkeiten bereitenden Drusenpapille<br />

(Ac) handelt es sich um eine Ablagerung von<br />

hyalinen Körperchen, die erst im Laufe des Lebens<br />

verkalken. Ursache ist eine Enge im Sklerakanal,<br />

wodurch es zu einer Störung des axoplasmatischen<br />

Flusses kommt. Meist liegt sie<br />

doppelseitig vor (66 %). Da autosomal-dominante<br />

Vererbung die Regel ist, sollten die Eltern<br />

untersucht werden, wenn die Diagnose unklar<br />

ist. Eine Visusbeeinträchtigung besteht nicht,<br />

allerdings treten manchmal Nervenfaserverlaufsausfälle<br />

im Gesichtsfeld auf. Sonographisch<br />

stellen sich verkalkte Drusen stark echogebend<br />

mit nachfolgendem Schallschatten dar<br />

und sind auch bei herabgesetzter Empfindlichkeit<br />

noch darstellbar (Ad). Verkalkte Drusen<br />

entwickeln sich erst im Schulalter. Man sieht<br />

dann prominente Papillen, die an eine chronische<br />

Stauungspapille erinnern, aber ohne ödematöse<br />

Schwellung der peripapillären Zone.<br />

Mit zunehmendem Alter kommen die Drusen<br />

an die Oberfläche und werden dann als weißliche,<br />

glänzende Körperchen sichtbar. Blutungen<br />

in der oberflächlichen Nervenfaserschicht<br />

sind möglich. Bei der Ophthalmoskopie leuchtet<br />

man neben die Drusen, wodurch diese deutlicher<br />

sichtbar werden. Die Papille erscheint<br />

durch die Drusen blasser, was an eine atrophe<br />

Stauungspapille oder eine Optikusatrophie<br />

nach anteriorer ischämischer Optikusneuropathie<br />

denken lässt. Therapiemöglichkeit besteht<br />

keine. Die Prognose hängt von dem Ausmaß der<br />

Gesichtsfeldausfälle ab, die aber in der Regel<br />

subjektiv nicht wahrgenommen werden. Das<br />

Risiko einer anterioren ischämischen Optikusneuropathie<br />

ist erhöht, ebenso wie das eines<br />

papillennahen, retinalen Verschlusses.<br />

B. Papillenanomalie mit Exkavation<br />

Beim Papillenkolobom (Ba) handelt es sich um<br />

einen unvollständigen Verschluss des Augenbechers<br />

im Bereich des Sehnervs, meist nasal<br />

unten. Das Kolobom ist ein- oder beidseitig. Es<br />

kann sich in die Retina und Choroidea fortsetzen<br />

und auch an den vorderen Augenabschnitten<br />

beobachtet werden. Ein Mikrophthalmus<br />

ist möglich. Spontanes Auftreten oder autosomal-dominante<br />

Vererbung kommen vor. Kraniale<br />

Mittelliniendefekte des Gesichts oder des<br />

Schädels wie Hypertelorismus, breite flache<br />

Nasenwurzel, Lippenspalte und basale Enzephalozele<br />

sind assoziiert. Auch Nierenhypoplasien<br />

treten in Kombination mit Papillenkolobomen<br />

auf (papillorenales Syndrom). Die<br />

Papille ist vergrößert und weist eine große<br />

Exkavation nach unten auf. Das Sehvermögen<br />

ist in unterschiedlichem Maße betroffen. Als<br />

seltene Komplikation kann eine seröse Makulaabhebung<br />

auftreten. Aufgrund der möglichen<br />

zerebralen Beteiligung sollte eine Kernspintomographie<br />

durchgeführt werden. Therapiemöglichkeit<br />

besteht keine. Eine Amblyopie<br />

(z. B. durch Anisometropie oder Schielen) muss<br />

behandelt werden.<br />

Grubenpapillen (Bb) sind kleine, meist temporal<br />

unten gelegene Vertiefungen im Bereich der<br />

Papille, die Hernien in der Lamina cribrosa entsprechen.<br />

Manchmal kommunizieren sie mit<br />

dem subretinalen Raum. Sie sind einseitig, sporadisch<br />

und nicht mit weiteren systemischen<br />

Anomalien vergesellschaftet. Oft zeigen sich<br />

bogenförmige Gesichtsfeldausfälle entsprechend<br />

der Lokalisation. Die zentrale Sehschärfe<br />

ist normal. Eine seröse Abhebung der Makula<br />

mit Visusverschlechterung tritt in etwa der<br />

Hälfte der Fälle im Lauf des Lebens auf. Die Prognose<br />

hängt von der Makulabeteiligung ab.<br />

Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!<br />

Aus T. Schlote u.a.: <strong>Taschenatlas</strong> <strong>Augenheilkunde</strong> (ISBN 3-13-131481-8) © <strong>2004</strong> Georg <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong>, Stuttgart

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