Taschenatlas Augenheilkunde (Thieme Verlag, 2004)
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13 Netzhaut und Glaskörper<br />
A. Zentralarterienverschluss (ZAV)<br />
Der Zentralarterienverschluss wird durch die<br />
Okklusion der Arteria centralis retinae hervorgerufen.<br />
Leitsymptom ist die schmerzlose,<br />
plötzliche Sehminderung.<br />
Ätiologie/Pathogenese. Meist handelt es sich<br />
um einen Embolus oder Thrombus. Ein gelber<br />
Cholesterin-Embolus (Hollenhorst-Plaque) auf<br />
dem Sehnervkopf oder in einer Astarterie der<br />
Netzhaut sichert die Diagnose. Wichtigste<br />
Ursachen für die Embolien sind atherosklerotische<br />
Plaques der Karotisarterien, arterielle<br />
Hypertonie und Herzklappenfehler.<br />
Epidemiologie. Die Prävalenz des ZAV beträgt<br />
0,85 /100 000 der Bevölkerung in einem Jahr. Es ist<br />
eine Erkrankung des Erwachsenenalters (im<br />
Durchschnitt 6. Lebensdekade). Bilateraler Befall<br />
in 1–2 %, mit Ausnahme der Arteriitis temporalis<br />
und anderer systemischer Vaskulitiden.<br />
Klinik. Sichtbare Embolien in den Netzhaut-<br />
Arterien und kirschroter Reflex (dunkelroter<br />
Foveareflex umgeben von weißlichem Netzhautödem<br />
am hinteren Pol, Aa, b) ist pathognomonisch<br />
für einen Zentralarterienverschluss<br />
der Netzhaut. Die Arterien sind dünn und der<br />
segmentierte Blutfluss in den Netzhautarterien<br />
kann in den akuten Stadien der Erkrankung beobachtet<br />
werden (Ac).<br />
Diagnose. Die Klinik (s. unten) und durch die<br />
Fluoreszenzangiographie kann die Diagnose<br />
gesichert werden.<br />
Diffenzialdiagnose. Die Differenzierung zwischen<br />
arteriitischen (Morbus Horton) und nichtarteriitischen<br />
ZAV ist sehr wichtig, weil beim<br />
Morbus Horton ohne entsprechende Therapie<br />
ein Befall des Partnerauges innerhalb weniger<br />
Tage eintreten kann.<br />
Therapie. Zurzeit besteht kein Konsens über die<br />
Effektivität verschiedener Behandlungsformen.<br />
● Konservative Behandlung: Bulbusmassage,<br />
Vorderkammerparazentese, Infusionsbehandlung<br />
mit Pentoxifyllin, hyperbarer Sauerstoff,<br />
rheologische Maßnahmen, intravenöse rTPAoder<br />
Kortikosteroidinjektion.<br />
● Invasive Behandlung: Selektive Katheterisation<br />
der Arteria ophthalmica mit Applikation<br />
fibrinolytischer Medikamente.<br />
B. Arterienastverschluss (AAV)<br />
Entsprechend der okkludierten Astarterie zeigt<br />
sich betont am hinteren Pol ein Netzhautödem<br />
(Ba). Die Patienten berichten über einen sektorförmigen<br />
Gesichtsfeldausfall. Der Abfall der<br />
zentralen Sehschärfe ist von der Perfusion der<br />
Fovea abhängig (Bb). Neben dem weißlichen<br />
Netzhautödem sind gelbliche intraarterielle<br />
Embolien und die Verengung der Arterien<br />
wichtige klinische Befunde. Eine internistische<br />
Abklärung kardiovaskulärer Risikofaktoren und<br />
eine konservative Therapie (s. ZAV) wird empfohlen.<br />
Die Prognose für das zentrale Sehvermögen<br />
ist gut. Gesichtsfeldausfälle können<br />
aber persistieren.<br />
C. Okuläres Ischämiesyndrom<br />
Hierbei handelt es sich um eine chronische<br />
Insuffizienz der Arteria ophthalmica, die zur<br />
Minderdurchblutung des gesamten Auges<br />
führt. Die häufigste Ursache ist dabei eine<br />
Karotisstenose. Die zentrale Sehschärfe ist in<br />
fortgeschrittenen Stadien reduziert. Klinisch<br />
zeigen sich verengte Netzhautarterien, punktund<br />
fleckförmige Blutungen in der Peripherie<br />
der Netzhaut. Dilatationen und Tortuositas der<br />
Netzhautvenen fehlen (Differenzialdiagnose<br />
venöse Stase-Retinopathie). Rubeosis iridis<br />
und Tyndalleffekt der Vorderkammer sind<br />
häufig. Die retinalen Neovaskularisationen<br />
entwickeln sich häufig nach der Rubeosis iridis.<br />
Die pathologisch verlängerte Arm-Netzhaut-<br />
Füllungszeit bei der Fluoreszenzangiographie<br />
ist pathognomonisch. Die Karotis-Doppler-<br />
Untersuchung kann das Ausmaß der Stenose<br />
darstellen. Die betroffenen Patienten zeigen<br />
meistens ein hohes Risikoprofil bezüglich kardiovaskulärer<br />
Erkrankungen. Die Mortalität<br />
beträgt ca. 50 % innerhalb von 5 Jahren nach<br />
Diagnosestellung. Eine internistische Abklärung<br />
ist daher dringend zu empfehlen. Die<br />
panretinale Laserfotokoagulation wird bei ausgedehnten<br />
Netzhautischämien sowie bei Vorhandensein<br />
einer Rubeosis iridis und retinaler<br />
Neovaskularisationen durchgeführt.<br />
180<br />
Prognose. Die Sehschärfe bei der Erstpräsentation<br />
entscheidet im Allgemeinen über die<br />
Prognose. Spontane Besserungen sind in bis zu<br />
15 % zu beobachten.<br />
Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!<br />
Aus T. Schlote u.a.: <strong>Taschenatlas</strong> <strong>Augenheilkunde</strong> (ISBN 3-13-131481-8) © <strong>2004</strong> Georg <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong>, Stuttgart