06.11.2014 Aufrufe

Taschenatlas Augenheilkunde (Thieme Verlag, 2004)

Taschenatlas Augenheilkunde (Thieme Verlag, 2004)

Taschenatlas Augenheilkunde (Thieme Verlag, 2004)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

12 Glaukom<br />

156<br />

A. Glaucoma chronicum simplex<br />

Das Glaucoma chronicum simplex (primäres<br />

Offenwinkelglaukom mit Hochdruck, primär<br />

chronisches Offenwinkelglaukom) ist gekennzeichnet<br />

durch einen Augeninnendruck größer<br />

21 mm Hg (Aa), einen offenen Kammerwinkel<br />

(Ab), eine charakteristische Papillenexkavation<br />

(Ac–e) mit Gesichtsfelddefekten (Af) sowie das<br />

Fehlen einer bekannten sekundären Ursache<br />

der Glaukomentstehung. Der Anstieg des Augeninnendruckes<br />

wird durch einen erhöhten<br />

Abflusswiderstand im juxtakanalikulären Trabekelmaschenwerk<br />

verursacht. Assoziierte<br />

Genmutationen (MYOC/TIGR) konnten in den<br />

letzten Jahren vermehrt aufgedeckt werden.<br />

Das primär chronische Offenwinkelglaukom<br />

stellt die häufigste Glaukomform dar. Die Prävalenz<br />

beträgt circa 1,4 % in der Bevölkerung<br />

über 40 Jahre. Eine Geschlechtsdisposition findet<br />

sich nicht. 20 % aller Erblindungen der<br />

westlichen Welt werden durch das Simplexglaukom<br />

verursacht. Die Erkrankung beginnt<br />

schleichend und zeigt zunächst keine Symptome,<br />

bis bereits deutliche Gesichtsfelddefekte<br />

entstanden sind. In den meisten Fällen ergibt<br />

sich der Verdacht durch einen routinemäßig<br />

entdeckten, auffälligen Papillenbefund. Ohne<br />

Therapie liegt der Augeninnendruck i. d. R. zwischen<br />

25 und 35 mm Hg. Der Kammerwinkel ist<br />

weit offen. Die Erkrankung ist chronisch und<br />

langsam progredient. Unbehandelt führt sie<br />

zum allmählichen Funktionsverlust des Auges.<br />

B. Normaldruckglaukom<br />

Wesentliches Merkmal des Normaldruckglaukoms<br />

(Glaucoma sine tensio) ist das Vorhandensein<br />

einer glaukomatösen Optikusneuropathie<br />

mit Gesichtsfelddefekten bei im Normbereich<br />

liegendem Augeninnendruck, offenem<br />

Kammerwinkel und Fehlen einer bekannten sekundären<br />

Ursache der Glaukomentstehung.<br />

Der Begriff umfasst eine ganze Gruppe von<br />

Glaukomen. Zahlreiche Risikofaktoren (Kompression<br />

des N. opticus, vaskuläre Dysregulation,<br />

arterielle Hypertension und Hypotension,<br />

Schlaf-Apnoe-Syndrom, Veränderungen der<br />

Blutrheologie, -viskosität, -koagulabilität) können<br />

Entstehung und/oder Verlauf beeinflussen.<br />

Weiterhin kristallisieren sich zunehmend genetische<br />

Zusammenhänge (Optineurin) heraus,<br />

die auch eine bessere Abgrenzung zum primär<br />

chronischen Offenwinkelglaukom erlauben.<br />

Die Prävalenz in Westeuropa beträgt etwa<br />

0,6 %. Die Diagnosestellung erfolgt primär als<br />

Ausschlussdiagnose anderer Glaukomformen<br />

und nichtglaukomatöser Optikusneuropathien.<br />

Der Augeninnendruck spielt im pathogenetischen<br />

Geschehen trotz allem eine Rolle. Eine<br />

Drucksenkung um 30 % und mehr kann eine<br />

weitere Progression des Krankheitsgeschehens<br />

verhindern oder zumindest verlangsamen. Ein<br />

Fortschreiten des Glaukomschadens trotz effektiver<br />

Drucksenkung sollte an einen starken<br />

nächtlichen Blutdruckabfall denken lassen.<br />

Ergeben sich nachhaltige Hinweise auf das<br />

Vorliegen eines vasospastischen Syndroms, so<br />

kann bei milderen Formen eine systemische<br />

Therapie mit Magnesium, bei stärkeren Formen<br />

mit niedrig dosierten Calciumkanalblockern<br />

erfolgen. Eine Zusammenarbeit mit dem betreuenden<br />

Hausarzt ist hierbei auf jeden Fall<br />

anzuraten.<br />

C. Primär juveniles Glaukom<br />

Das primär juvenile Glaukom tritt im Alter von<br />

10 bis 35 Jahren auf. Bei ähnlichem klinischen<br />

Verlauf zeigt es eine stärkere genetische Abhängigkeit<br />

als das primär chronische Offenwinkelglaukom.<br />

Assoziierte Gene konnten auf<br />

Chromosom 1 und MYOC nachgewiesen werden.<br />

Häufig findet sich eine positive Familienanamnese.<br />

D. Okuläre Hypertension<br />

Die okuläre Hypertension ist gekennzeichnet<br />

durch Augeninnendruckwerte von mehr als<br />

21 mm Hg ohne charakteristische glaukomatöse<br />

Optikusneuropathie. Zur kritischen Überprüfung<br />

der applanatorisch erhobenen Druckwerte<br />

ist eine Hornhautdickenmessung notwendig.<br />

Nur eine Minderheit der Patienten entwickelt<br />

im Laufe der Jahre eine glaukomatöse Schädigung.<br />

Die 5-Jahres-Konversionsrate beträgt<br />

etwa 10 %. Bei Vorliegen zusätzlicher Risikofaktoren<br />

ist eine Therapie sinnvoll.<br />

Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!<br />

Aus T. Schlote u.a.: <strong>Taschenatlas</strong> <strong>Augenheilkunde</strong> (ISBN 3-13-131481-8) © <strong>2004</strong> Georg <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong>, Stuttgart

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!