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Taschenatlas Augenheilkunde (Thieme Verlag, 2004)

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Differenzialdiagnosen. Das Leitsymptom „rotes<br />

Auge“ ist nicht beweisend für eine Konjunktivitis.<br />

Differenzialdiagnostisch müssen deshalb<br />

alle Erkrankungen in Betracht gezogen werden,<br />

die mit einer (sekundären) Rötung der Bindehaut<br />

einhergehen können. Hierzu gehören insbesondere<br />

die Keratitis, die anteriore Uveitis<br />

(Iritis bzw. Iridozyklitis) sowie das akute<br />

Winkelblockglaukom. Es sollte aber auch an<br />

vorausgegangene Operationen, die immunologische<br />

Hornhauttransplantatreaktion, neovaskuläre<br />

Erkrankungen, orbitale Abflussstörungen<br />

(z. B. Carotis-Sinus-cavernosus-Fisteln)<br />

oder Tumoren gedacht werden. Die Konjunktivitis<br />

ist oftmals nur schwierig von der in der<br />

Regel einseitigen und symptomarmen Episkleritis<br />

abzugrenzen. Letztere ist üblicherweise<br />

weniger diffus sondern mehr umschrieben<br />

ausgeprägt und geht mit einer Erweiterung<br />

tieferer Gefäße einher. Die Unterscheidung gelingt<br />

oft durch die manuelle Verschiebung der<br />

Bindehaut gegenüber der Lederhaut (sind die<br />

erweiterten Gefäße gut verschieblich liegen sie<br />

eher in der Konjunktiva als in der Episklera)<br />

oder die lokale Applikation eines Sympathomimetikums,<br />

das zu einer Konstriktion der oberflächlichen<br />

(konjunktivalen), weniger aber der<br />

tieferen (episkleralen) Gefäße führt.<br />

Auch die Hyperämie der Bindehaut, wie sie z. B.<br />

im Rahmen eines chronischen Alkoholismus,<br />

bei bestimmten Stoffwechselstörungen oder<br />

nach langfristiger Anwendung verschiedener<br />

Medikamente auftreten kann, ist klinisch von<br />

einer Konjunktivitis häufig nur sehr unsicher<br />

abgrenzbar.<br />

Therapie. Die Behandlung orientiert sich an der<br />

(vermuteten) Ursache der Konjunktivitis (s. S.<br />

72f, Tab. 1). Die Mehrzahl der Bindehautentzündungen<br />

heilt ohne Therapie folgenlos ab. Da<br />

zudem nur selten Komplikationen durch die<br />

Konjunktivitis auftreten, besteht meist eher die<br />

Gefahr einer Über- als einer Untertherapie. Generell<br />

gilt, dass wegen ihrer Nebenwirkungen<br />

lokale Antibiotika (Gefahr der Resistenz- und<br />

Allergieentwicklung, Kosten) und Kortikosteroide<br />

(Gefahr der Induktion oder Exazerbation<br />

einer herpetischen, bakteriellen oder mykotischen<br />

Infektion, Glaukom- und Kataraktentstehung<br />

bei längerfristigem Gebrauch) nur gezielt<br />

angewendet werden sollten. In vielen Fällen<br />

sind symptomatische Maßnahmen (Säuberung<br />

des Bindehautsackes und der Lidkanten) mit<br />

Leitungswasser ausreichend. „Hausmittel“ wie<br />

Kamillenlösungen sind zu vermeiden, da diese<br />

die konjunktivale Reizung eher verstärken als<br />

verbessern. Antiseptische oder adstringierende<br />

Augentropfen verkürzen oder lindern oft die<br />

Symptome, letztere durch Verengung der Gefäße<br />

(„Weißmacher“). Bei der bakteriellen<br />

Konjunktivitis ist eine Kontrolle der Kornea erforderlich,<br />

damit eine eventuelle Geschwürsbildung<br />

rechtzeitig erkannt wird. Die Anlage<br />

eines Verbandes erhöht die Temperatur am<br />

Auge und fördert damit u. U. das Bakterienwachstum.<br />

Prognose. Die Prognose der meisten Bindehautentzündungen<br />

ist im Allgemeinen sehr<br />

gut. Zumeist kommt es zu einer vollständigen<br />

Abheilung innerhalb weniger Tage. Die Keratoconjunctivitis<br />

epidemica kann allerdings mehrere<br />

Wochen oder sogar Monate lang durch die<br />

nummulären Hornhautinfiltrate oder ein „trockenes<br />

Auge“ Beschwerden bereiten. Funktionsverluste<br />

durch Hornhautkomplikationen<br />

kommen insbesondere bei den chronischen<br />

Verlaufsformen wie atopischer Konjunktivitis,<br />

Keratoconjunctivitis vernalis und vor allem den<br />

vernarbenden Bindehautentzündungen vor. Da<br />

eine infektiöse (bakterielle oder virale) Konjunktivitis<br />

nicht zu einer dauerhaften Immunität<br />

führt sind Rezidive möglich. Wiederholte<br />

Schübe sind charakteristisch für die Bindehautentzündungen<br />

aus dem allergischen und<br />

atopischen Formenkreis. Das Sicca-Syndrom<br />

bildet sich gelegentlich, insbesondere wenn es<br />

postinfektiöser Natur ist, spontan zurück. Sehr<br />

oft bleibt es aber dauerhaft bestehen.<br />

Besondere Vorsicht ist bei den bakteriellen<br />

Bindehautentzündungen des Neugeborenen angezeigt,<br />

da aufgrund der physiologischen immunologischen<br />

Inkompetenz systemische Komplikationen<br />

wie Sepsis, Orbitaphlegmone oder<br />

Meningitis möglich sind.<br />

Konjunktivitis (Fortsetzung)<br />

81<br />

Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!<br />

Aus T. Schlote u.a.: <strong>Taschenatlas</strong> <strong>Augenheilkunde</strong> (ISBN 3-13-131481-8) © <strong>2004</strong> Georg <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong>, Stuttgart

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