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Taschenatlas Augenheilkunde (Thieme Verlag, 2004)

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6 Strabismus<br />

56<br />

A. Frühkindliches Einwärtsschielen<br />

Das Einwärtsschielen tritt innerhalb der ersten<br />

6 Lebensmonate auf und ist die häufigste<br />

Schielform. Der Schielwinkel ist häufig in der<br />

Ferne und Nähe annähernd gleich groß und<br />

blickrichtungsunabhängig. Ein Konvergenzexzess<br />

besteht, wenn der Schielwinkel in der<br />

Nähe deutlich größer ist als bei Blick in die<br />

Ferne. Kann der Nahwinkel durch Plusgläser im<br />

Sinne einer zusätzlichen Nahaddition ausgeglichen<br />

werden, wird dies als akkommodativer<br />

Konvergenzexzess bezeichnet (Aa, b) Meist<br />

liegt eine Hyperopie vor und bei einseitigem<br />

Schielen auch eine Amblyopie. Zusätzlich entwickelt<br />

sich ein latenter Nystagmus und es<br />

wird ein Höhenschielen (Sursoadduktion<br />

und/oder dissoziiertes Höhenschielen) beobachtet.<br />

Als Therapie erfolgt die Verordnung<br />

einer Brille, wenn eine Weit- und Stabsichtigkeit<br />

größeren Ausmaßes vorliegen. Ansonsten<br />

ist bei einseitigem Schielen eine Okklusion des<br />

fixierenden Auges indiziert. Nach Erreichen<br />

einer guten Sehschärfe kann eine Augenmuskeloperation<br />

zur Verbesserung der Augenstellung<br />

erfolgen. Auch bei frühzeitig begonnener<br />

Behandlung ist eine normale beidäugige Zusammenarbeit<br />

(hochwertige Stereopsis) nicht<br />

zu erreichen. Ziel der Behandlung ist eine beidseits<br />

gute Sehschärfe und eine unauffällige Augenstellung.<br />

B. Normosensorisches Spätschielen<br />

Als normosensorisches Spätschielen wird ein<br />

Einwärtsschielen bezeichnet, dass typischerweise<br />

erst zwischen dem 2. und 4. Lebensjahr<br />

auftritt. Der Schielwinkel ist eher kleiner als<br />

beim frühkindlichen Schielen. Die Kinder können<br />

Doppelbildwahrnehmung angeben oder<br />

ein Auge zukneifen. Das Schielen kann anfangs<br />

intermittierend sein. Es besteht eine normale<br />

Netzhautkorrespondenz. Bei Vorliegen eines Refraktionsfehlers,<br />

i. d. R. handelt es sich dabei um<br />

eine Hyperopie, erfolgt therapeutisch zunächst<br />

eine Brillenverordnung. Besteht das Einwärtsschielen<br />

trotz Brille sollte möglichst rasch eine<br />

Augenmuskeloperation durchgeführt werden,<br />

um Amblyopie und ein Verlust des beidäugigen<br />

Sehens (Stereopsis) zu verhindern. Die Prognose<br />

beim normosensorischen Spätschielen ist<br />

bei rechtzeitiger Operation gut, da von einer<br />

normalen beidäugigen Zusammenarbeit vor<br />

dem Schielbeginn ausgegangen werden kann.<br />

C. Mikrostrabismus<br />

Mikrostrabismus bezeichnet ein Einwärtsschielen<br />

mit einem Schielwinkel unter 5°. Der<br />

kosmetisch nicht auffällige Schielwinkel erschwert<br />

das Entdecken der Augenfehlstellung<br />

und begünstigt die Ausbildung einer Amblyopie.<br />

Häufig wird das Schielen erst bei der Einschulungsuntersuchung<br />

durch fehlende Stereopsis<br />

entdeckt. Es besteht eine anormale<br />

Netzhautkorrespondenz und häufig eine exzentrische<br />

Fixation des abweichenden Auges.<br />

Somit wird auch regelmäßig eine Amblyopie<br />

beobachtet. Die Therapie besteht in einer Okklusion<br />

des besser sehenden Auges, um die Amblyopie<br />

zu behandeln. Normales beidäugiges<br />

Sehen ist auch bei erfolgreicher Amblyopietherapie<br />

nicht zu erreichen. Wird der Mikrostrabismus<br />

erst im 6. oder 7. Lebensjahr entdeckt,<br />

ist meist trotz intensiver Okklusion keine<br />

normale Sehschärfe auf dem abweichenden<br />

Auge zu erreichen.<br />

D. Intermittierendes Auswärtsschielen<br />

Intermittierendes Auswärtsschielen (D) ist weniger<br />

häufig als das Einwärtsschielen. Beim<br />

zeitweisen Auswärtsschielen wird das Abweichen<br />

des Auges vom Patienten meist nicht<br />

bemerkt. Bei Müdigkeit und schlechtem Allgemeinzustand<br />

wird das intermittierende Auswärtsschielen<br />

häufiger. Der Schielbeginn liegt<br />

meist im 2.–3. Lebensjahr, eine Amblyopie ist<br />

selten. Eine Schieloperation kann erfolgen,<br />

wenn das Schielen häufig und auffällig ist, ein<br />

vollständiges Beseitigen des Auswärtsschielen<br />

wird selten erreicht, Rezidive eines erneuten<br />

auffälligen Auswärtsschielen können auftreten.<br />

E. Konsekutives Auswärtsschielen<br />

Ein früher bestehendes Einwärtsschielen ist<br />

spontan oder nach einer Schieloperation in ein<br />

Auswärtsschielen übergegangen. Ein beidäugiges<br />

Sehen besteht nicht. Bei auffälligem Schielen<br />

kann mit einer Augenmuskeloperation die<br />

Augenstellung gebessert werden.<br />

Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!<br />

Aus T. Schlote u.a.: <strong>Taschenatlas</strong> <strong>Augenheilkunde</strong> (ISBN 3-13-131481-8) © <strong>2004</strong> Georg <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong>, Stuttgart

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