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Taschenatlas Augenheilkunde (Thieme Verlag, 2004)

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16 Medikamentöse Nebenwirkungen<br />

232<br />

A. Veränderungen des N. opticus und<br />

der Sehbahn<br />

Bei den medikamentös induzierten Veränderungen<br />

können unterschieden werden:<br />

● anteriore ischämische Optikusneuropathie<br />

(AION),<br />

● optikusneuritisähnliche Neuropathie,<br />

● Papillenödem/Optikusatrophie.<br />

Eine AION kann selten durch Amiodaron, Ergotamin,<br />

Interferon α und orale Kontrazeptiva<br />

ausgelöst werden. Das Ausmaß der Visusminderung<br />

ist variabel und wie bei anderen Formen<br />

der AION meist irreversibel. Bei Auftreten<br />

einer amiodaroninduzierten AION muss eine<br />

Therapiebeendigung geprüft werden, um eine<br />

Manifestation am zweiten Auge zu verhindern.<br />

Die Vorgehensweise hängt aber von der oft vitalen<br />

Indikation zur Amiodarontherapie ab und<br />

muss deshalb in jedem Einzelfall abgewogen<br />

werden. Eine AION unter Gabe moderner Kontrazeptiva<br />

ist als sehr selten einzustufen.<br />

Bei der optikusneuritisähnlichen Neuropathie<br />

handelt es sich um eine medikamentös induzierte<br />

toxische Neuropathie, die klinisch der<br />

Optikusneuritis ähnelt und bei frühzeitigem<br />

Absetzen des verursachenden Medikamentes<br />

mit einer Erholung der Sehschärfe einhergeht.<br />

Neben zahlreichen anderen Medikamenten ist<br />

insbesondere das Tuberkulostatikum Ethambutol<br />

zu nennen, das bereits Tage bis wenige<br />

Wochen nach Therapiebeginn eine axiale (Visusabfall,<br />

Zentralskotom, Grünschwäche) oder<br />

paraxiale Optikusneuropathie (periphere oder<br />

parazentrale Gesichtsfeldausfälle, normale Sehschärfe,<br />

normales Farbensehen) verursachen<br />

kann ( Aa u. b). Eine Prüfung von Visus, Gesichtsfeld<br />

und Farbensehen sollte deshalb<br />

innerhalb der ersten 2 Wochen des Therapiebeginns<br />

erfolgen und danach in Abständen von<br />

6 Wochen fortgesetzt werden. Werden okuläre<br />

Veränderungen frühzeitig entdeckt, so besteht<br />

nach Beendigung der Ethambutoltherapie eine<br />

gute Aussicht auf eine allmähliche Rückbildung<br />

der Veränderungen. Wird die Therapie trotzdem<br />

fortgesetzt, ist mit einer schweren, irreversiblen<br />

Schädigung des Sehvermögens in<br />

Folge einer Optikusatrophie zu rechnen.<br />

Neben Ethambutol besitzt auch Isoniazid, welches<br />

i. d. R. kombiniert mit Ethambutol eingesetzt<br />

wird, eine neutoxische Wirkung, die aber deutlich<br />

geringer scheint als die von Ethambutol.<br />

Optikusatrophien und optikusneuritisähnliche<br />

Neuropathien sowie kortikale Erblindung und<br />

homonyme Hemianopsien sind außerdem im<br />

Rahmen der intraarteriellen oder intrathekalen<br />

Applikation von Zytostatika wie Methotrexat,<br />

Cisplatin oder Carmustin beschrieben worden.<br />

Kortikale Erblindung und Hemianospien sind<br />

auch unter Gabe von Vincaalkaloiden, Interleukin<br />

2, Interferon α, Takrolimus und Cyclosporin<br />

A in Einzelfällen beobachtet worden. Ursache<br />

der kortikalen Erblindung unter Cyclosproin A<br />

und Takrolimus ist eine neurotoxisch induzierte<br />

posteriore Leukenzephalopathie.<br />

B. Veränderungen der Pupillenfunktion,<br />

Refraktion und Akkommodation<br />

Eine unerwünschte Pupillenerweiterung nach<br />

systemischer Medikamentenapplikation ist<br />

sehr selten und hauptsächlich durch Abusus<br />

(Amphetamine) oder Überdosierung (Barbiturate,<br />

Carbamazepin, Phenothiazine, trizyklische<br />

Antidepressiva, Chloroquin, Chinin, Clonidin)<br />

bedingt. Die lokal zum Zwecke der Mydriasis<br />

eingesetzten Paraympatholytika (Atropin, Tropicamid)<br />

bewirken zusätzlich eine unterschiedlich<br />

lang andauernde Akkommodationslähmung.<br />

Die Pupillenverengung ist eine bei allen Glaukompatienten<br />

zu beobachtende Nebenwirkung<br />

nach Gabe der direkten Parasympathomimetika<br />

Pilocarpin und Carbachol. Hierdurch kann<br />

eine zusätzliche Gesichtsfeldeinschränkung verursacht<br />

werden. Neben der Miosis ist die transitorische<br />

Myopie die häufigste, durch Miotika<br />

hervorgerufene Nebenwirkung (Dauer 2–3<br />

Stunden bei einmaliger Applikation). Ursache<br />

ist ein Ziliarkörperspasmus. Selten können auch<br />

andere Medikamente (Sulfonamide, Carboanhydrasehemmer)<br />

eine transitorische Myopie<br />

als Folge eines Ziliarkörperödems auslösen ( B).<br />

Nach Absetzen des Medikaments ist die Nebenwirkung<br />

innerhalb weniger Tage vollständig<br />

reversibel.<br />

Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!<br />

Aus T. Schlote u.a.: <strong>Taschenatlas</strong> <strong>Augenheilkunde</strong> (ISBN 3-13-131481-8) © <strong>2004</strong> Georg <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong>, Stuttgart

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