Taschenatlas Augenheilkunde (Thieme Verlag, 2004)
Taschenatlas Augenheilkunde (Thieme Verlag, 2004)
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15 Sehnerv und Sehbahn<br />
204<br />
A. Papillenanomalie mit Exkavation<br />
(Fortsetzung)<br />
Die Tilted Disc (Aa) ist eine angeborene Anomalie,<br />
bei der der Sehnerv schräg in den Bulbus<br />
eintritt. Die Papille erscheint oval und<br />
weist unten eine Depression sowie oben eine<br />
relative Elevation des Papillenrandes auf. Oft<br />
sind die Gefäße nach nasal verdrängt und unten<br />
ist ein Sklerakonus sichtbar. Der nasal untere<br />
Fundus kann hypopigmentiert sein. Liegt eine<br />
Ektasie in diesem Bereich vor, weicht die Refraktion<br />
von der der Makula ab. Dies führt im<br />
Gesichtsfeld zu temporal gelegenen relativen<br />
Skotome, die die Mittellinie nicht respektieren.<br />
Diese Skotome verschwinden, wenn man die<br />
Refraktion entsprechend (meist myoper Astigmatismus)<br />
ausgleicht.<br />
Die Morning-Glory-Papille (Ab) ist eine trichterförmig<br />
exkavierte Struktur mit zentraler<br />
Vertiefung und zirkulärer Veränderung des retinalen<br />
Pigmentepithels. Meist einseitig. Das<br />
Sehvermögen liegt bei 90 % der Patienten unter<br />
0,1. Die Papille ist gut gefärbt und vergrößert.<br />
Zentral füllt Gliagewebe die Papille aus. Die Gefäße<br />
teilen sich zu früh. Es kann eine seröse<br />
Netzhautabhebung entstehen. Enzephalozelen<br />
kommen vor und dürfen nicht mit Tumoren<br />
verwechselt werden. Gesichtsfehlbildungen<br />
sind möglich. Keine Therapiemöglichkeiten.<br />
Eine Verschlechterung der Sehfunktion hängt<br />
von der retinalen Beteiligung ab.<br />
Bei der Makropapille (Ac) ist der Papillendurchmesser<br />
größer als normal. An der Papille<br />
fällt eine große Exkavation auf, die entsprechend<br />
der ISNT-Regel (inferior > superior > nasal ><br />
temporal) das dickste Nervenfaserpolster unten<br />
und das dünnste temporal hat, Kerben fehlen.<br />
Die Funktion ist nicht beeinträchtigt. Differenzialdiagnostisch<br />
muss an ein Glaukom gedacht<br />
werden.<br />
B. Papillenanomalie ohne Exkavation<br />
Die häufigere Mikropapille ist bei regelrechter<br />
Funktion kleiner als eine normale Papille und<br />
nicht oder nur wenig exkaviert.<br />
Die Optikushypoplasie (Ba) zeichnet sich durch<br />
Mangel an Nervenfasern aus, was zu einer<br />
unterschiedlichen Ausprägung der Funktionsbeeinträchtigung<br />
führt. Sie kann ein- oder<br />
beidseitig auftreten. Die Ursache ist unklar,<br />
Risikofaktoren sind junges Alter der Mutter,<br />
Antikonvulsiva, Alkohol oder Halluzinogene in<br />
der Schwangerschaft sowie mütterlicher Diabetes<br />
mellitus. Die diabetesbedingte Optikushypoplasie<br />
ist typischerweise auf den oberen<br />
Pol der Papille begrenzt und geht mit entsprechenden<br />
Gesichtsfeldausfällen nach unten einher.<br />
Visus und Gesichtsfeld sind meist deutlich<br />
beeinträchtigt, normale Sehfunktionen sind<br />
aber beschrieben. Bei beidseitiger Hypoplasie<br />
kann in Abhängigkeit von der Sehfunktion ein<br />
Nystagmus vorliegen, bei einseitiger Ausprägung<br />
ist Einwärtsschielen möglich. Dies kann<br />
zusätzlich zu einer Amblyopie führen, weshalb<br />
eine Okklusionstherapie im Zweifelsfalle versucht<br />
werden sollte. Bei einer deutlich hypoplastischen<br />
Papille findet man einen zu kleinen<br />
Sehnerv in einem normalen Sklerakanal, sodass<br />
eine pigmentierte Doppelringstruktur um den<br />
Sehnerv gesehen werden kann. Evtl. hilft eine<br />
Papillenfotografie weiter. Da Optikushypoplasien<br />
mit zerebralen Missbildungen wie z. B.<br />
dem DeMorsier-Syndrom, das durch ein fehlendes<br />
Septum pellucidum, eine Chiasma-Hypoplasie<br />
sowie endokrinologische Störungen<br />
gekennzeichnet ist, oder mit okzipitaler Porenzephalie<br />
einhergehen können, sollte bei<br />
diesen Kindern ein Kernspintomogramm und<br />
v. a. auch endokrinologische Untersuchungen<br />
durchgeführt werden. Keine Therapiemöglichkeiten.<br />
Eine Verschlechterung ist nicht zu erwarten.<br />
Als Maximalvariante kann die sehr seltene,<br />
ein- oder beidseitige Optikusaplasie<br />
angesehen werden. Hier fehlen Nervenfasern<br />
vollständig. Die betroffenen Augen sind blind.<br />
Fibrae medullares (Bb) sind markhaltige Fasern<br />
an oder auf der Papille sowie in der peripheren<br />
Netzhaut. Bei ca. 1 % der Bevölkerung findet<br />
sich diese harmlose Veränderung.<br />
Bei einer Bergmeisterpapille hat sich die A. hyaloidea<br />
nicht vollständig zurückgebildet. Ein<br />
Rest verläuft von der Papille als weißer Strang<br />
in den Glaskörper in Richtung Linsenrückfläche,<br />
wo ggf. ein weißer Mittendorf-Fleck gesehen<br />
werden kann.<br />
Melanozytome (Bc) der Papille sind tiefschwarze,<br />
prominente Veränderungen im Bereich<br />
der Papille und darüber hinausgehend. Es<br />
handelt sich hierbei um einen gutartigen melanozytären<br />
Tumor.<br />
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Aus T. Schlote u.a.: <strong>Taschenatlas</strong> <strong>Augenheilkunde</strong> (ISBN 3-13-131481-8) © <strong>2004</strong> Georg <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong>, Stuttgart