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Taschenatlas Augenheilkunde (Thieme Verlag, 2004)

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6 Strabismus<br />

A. Abduzensparese<br />

Die teilweise oder komplette Lähmung des M.<br />

rectus lateralis führt zu einem inkomitanten<br />

Einwärtsschielen (Aa). Bei Erwachsenen tritt<br />

die Parese häufig bei zerebralen Durchblutungsstörungen<br />

im Rahmen von Diabetes mellitus<br />

und arterieller Hypertonie auf. Schädelhirntrauma<br />

mit Zerrung des 6. Hirnnervs und<br />

Raumforderung im Verlauf des Nervs sowie<br />

Entzündungen und indirekte Läsion bei erhöhtem<br />

Liquordruck sind weitere Ursachen. Bei<br />

Kindern ist eine Abduzensparese häufiger<br />

durch eine intrazerebrale Raumforderung verursacht.<br />

Trauma, Entzündungen und selten<br />

Pseudoinfektionen nach Impfung sind weitere<br />

Ursachen. Klinisches Symptom sind plötzlich<br />

auftretende Doppelbilder, die Bilder stehen<br />

nebeneinander. Wenn die Parese sehr gering<br />

ausgeprägt ist, wird häufig nur über unscharfes<br />

Sehen geklagt. Der Abstand der Doppelbilder<br />

ist in der Ferne größer als in der Nähe und<br />

am größten bei Blick zur betroffenen Seite.<br />

Manchmal erfolgt eine Kopfwendung zur Seite<br />

des betroffenen Auges. Die Abduktionssakkade<br />

ist deutlich verlangsamt. Weitere neurologische<br />

Symptome (ipsilaterale Fazialisparese,<br />

ipsilaterale Gefühlsstörungen im Trigeminus-<br />

Versorgungsgebiet und/oder kontralaterale<br />

Hemiparese) sind Zeichen einer Läsion des<br />

Abduzenskernbereichs im Hirnstamm. Differenzialdiagnostisch<br />

ist gerade bei Kindern das<br />

Retraktionssyndrom (Stilling-Türk-Duane, Ab)<br />

zu beachten. Es handelt sich dabei um eine kongenitale<br />

Augenbewegungsstörung mit einem<br />

variantenreichen klinischen Erscheinungsbild.<br />

Ursache ist die Hypoplasie des Abduzenskerns<br />

und Einsprossung von Okulomotoriusfasern in<br />

den M. rectus lateralis. Am häufigsten ist dabei<br />

die Abduktion eingeschränkt, aber auch die<br />

Adduktion kann eingeschränkt sein. Durch die<br />

Koinnervation des M. rectus lateralis und des<br />

M. rectus medialis kommt es bei Adduktion zu<br />

einer Bulbusretraktion mit Lidspaltenverengung.<br />

Die Störung ist meist einseitig, es wird<br />

eine Kopfzwangshaltung eingenommen.<br />

Doppelbilder ist bei Senkung in Adduktion (z. B.<br />

beim Lesen, Treppensteigen) besonders groß.<br />

Es wird eine kompensatorische Kopfzwangshaltung<br />

eingenommen: Kopfneigung zur Seite<br />

des gesunden Auges, Gesichtswendung zur betroffenen<br />

Seite und Kinnsenkung. Das betroffene<br />

Auge steht bei Adduktion über dem Gesunden<br />

(Sursoadduktion), der Höherstand und<br />

auch die Exzyklotropie wird bei Blicksenkung<br />

größer (B). Die zusätzlich auftretende konvergente<br />

Abweichung wird bei Abblick größer (V-<br />

Inkomitanz), weil die abduzierende Wirkung<br />

des M. obliquus superior fehlt. Diagnostisch<br />

wichtig ist das Bielschowsky-Phänomen: bei<br />

Kopfneigung zur betroffenen Seite nimmt der<br />

Höherstand des paretischen Auges zu, bei Kopfneigung<br />

zur gesunden Seite ab.<br />

Bei beidseitiger Trochlearislähmung ist meist<br />

keine Schielstellung erkennbar, der Patient<br />

nimmt aber verkippte Doppelbilder wegen der<br />

Exzyklotropie wahr. Die Auswärtsrollung ist<br />

bei Abblick stärker als bei der einseitigen Parese<br />

(meist > 10°). Auch die V-Inkomitanz ist bei<br />

der beidseitigen Lähmung größer als bei der<br />

Einseitigen. Differenzialdiagnostisch ist die<br />

Trochlearisparese vom Strabismus sursoadductorius,<br />

einer angeborenen Störung, abzugrenzen.<br />

Auch hier besteht ein Höherstand des<br />

betroffenen Auges bei Adduktion, aber keine<br />

Winkelzunahme bei Abblick.<br />

60<br />

B. Trochlearisparese<br />

Entsprechend der Hauptwirkung des M. obliquus<br />

superior (Einwärtsrollung, Senkung bei<br />

Adduktion) treten bei der einseitigen Trochlearisparese<br />

vertikal-schräg stehend Doppelbilder<br />

mit Bildverrollung auf. Der Abstand der<br />

Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!<br />

Aus T. Schlote u.a.: <strong>Taschenatlas</strong> <strong>Augenheilkunde</strong> (ISBN 3-13-131481-8) © <strong>2004</strong> Georg <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong>, Stuttgart

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