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Taschenatlas Augenheilkunde (Thieme Verlag, 2004)

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3 Lider<br />

24<br />

A. Infektiöse Entzündungen des Lides<br />

Bei lokaler Infektion nach Verletzung, Insektenstich,<br />

Hämatom oder fortgeleitet wie bei eitriger<br />

Sinusitis oder Osteomyelitis kann es zu<br />

starken Rötungen und Schwellungen des Lides<br />

(Pseudoptosis) mit Fieber sowie der Ausbildung<br />

eines Lidabszesses (Aa) oder einer Lidphlegmone<br />

(Ab) mit der Gefahr der intrazerebralen<br />

Ausbreitung kommen. Typische Erreger<br />

sind Staphylokokken und Streptokokken, selten<br />

anaerobe Keime. Mischinfektionen sind häufig.<br />

Neben der ursächlichen Abklärung besteht die<br />

Therapie aus hochdosierter Breitbandantibiotikagabe.<br />

Bei fehlender Rückbildung oder Spontanperforation<br />

erfolgt die Inzision oder breite<br />

Eröffnung mit Ausräumung von Nekrosen, Spülung<br />

und Drainage. Im Gegensatz zur Orbitaphlegmone<br />

ist die Augenbeweglichkeit stets<br />

intakt.<br />

Selten findet sich ein Liderysipel (Wundrose).<br />

Unter starkem Schmerz und meist hohem Fieber<br />

entwickelt sich ein scharf begrenztes, intensiv<br />

rot gefärbtes Erythem, das am Lid nicht<br />

unbedingt seine typische flammenzungenartige<br />

Form haben muss. Ursache ist eine Wundinfektion<br />

mit β-hämolysierenden Streptokokken.<br />

Um ein weiteres Ausbreiten zu verhindern, ist<br />

eine hochdosierte Antibiotikatherapie notwendig.<br />

Selten ist auch eine Affektion der Lider bei<br />

Lues, Anthrax, Tuberkulose, Lepra und Diphtherie<br />

beschrieben.<br />

Der Lidherpes stellt eine Infektion der Lidhaut<br />

mit dem Herpes-simplex-Virus dar (Ac). Meist<br />

handelt es sich um die Reaktivierung einer latenten<br />

Infektion, seltener um die Primärinfektion.<br />

Nach Abklingen des mütterlichen Antikörperschutzes<br />

erfolgt die Erstinfektion bereits<br />

im Kleinkindalter durch Schmier- oder Tröpfcheninfektion<br />

aus Herpesläsionen oder von gesunden<br />

Dauerausscheidern. Nur ein Prozent<br />

der Erstinfektionen verlaufen apparent, meist<br />

als Gingivostomatitis herpetica. Auch nach Ablauf<br />

der Entzündung persistieren die neurotropen<br />

Viren im Körper. Rezidive entstehen durch<br />

Irritation latent infizierter Neurone nach fiebrigen<br />

Infekten, Sonnenexposition, Menstruation,<br />

Traumata, Magen-Darm-Störungen aber<br />

auch durch immunsuppressive, hormonelle<br />

und psychische Faktoren. Unter starkem Juckreiz<br />

und Spannungsgefühl entwickeln sich typisch<br />

gruppierte Bläschen auf gerötetem<br />

Grund, die nach 8–10 Tagen narbenlos abheilen.<br />

Eine regionale Lymphknotenschwellung ist<br />

möglich. Neben Lippen und Genitale ist typischerweise<br />

die Gesichtshaut, insbesondere das<br />

Lid betroffen. Nicht selten ist die Mitbeteiligung<br />

von Bindehaut und Hornhaut. Die Therapie<br />

erfolgt symptomatisch. Antivirale Salben<br />

beschleunigen die Abheilung.<br />

Beim Zoster ophthalmicus (Gesichtsrose) handelt<br />

es sich um eine Infektion des Ganglion gasseri<br />

sowie des Versorgungsgebietes des N. ophthalmicus<br />

(V 1 ) durch das Varicella-zoster-Virus<br />

(Ad). Die Erkrankung ist Ausdruck einer Reinfektion<br />

oder häufiger Aktivierung der neurotropen<br />

Viren auch Jahre nach durchgemachter<br />

Erstinfektion. Zu Beginn treten starke neuralgiforme<br />

Schmerzen auf. Es bildet sich ein Hauterythem<br />

mit anfänglich klaren, prall gefüllten<br />

Bläschen, deren Inhalt gelblich eintrübt, austrocknet<br />

und bräunliche Borken und Narben<br />

hinterlässt. Aufgrund der nicht unerheblichen<br />

ophthalmologischen Komplikationen kommt<br />

der Erkrankung große Bedeutung zu. Die Therapie<br />

besteht aus lokaler und systemischer<br />

Gabe von Virostatika.<br />

Unter schlechten hygienischen Bedingungen<br />

können auch Filzläuse (Phthirus pubis) oder<br />

seltener Kopfläuse (Pediculus humanus capitis)<br />

die Lidkante befallen. Die Übertragung erfolgt<br />

durch direkten Kontakt. Die Läuse nisten<br />

sich auf der Lidkante zwischen den Zilien ein<br />

und legen ihre Nissen an den Haarschäften der<br />

Wimpern ab, wo sie als kleine schwarze Körnchen<br />

imponieren. Die Patienten klagen über<br />

starken Juckreiz. Häufig findet sich eine Blepharitis<br />

marginalis. Die Therapie besteht in der<br />

Entfernung von Läusen und Nissen sowie in der<br />

Gabe von Parasympathomimetika.<br />

Auch Zecken (Ae) können gelegentlich den Lidrand<br />

befallen. Sie werden mit einer Pinzette<br />

vollständig entfernt. Auch am Lid ist eine Übertragung<br />

der Borreliose oder der Frühsommer-<br />

Meningoencephalitis möglich.<br />

Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden!<br />

Aus T. Schlote u.a.: <strong>Taschenatlas</strong> <strong>Augenheilkunde</strong> (ISBN 3-13-131481-8) © <strong>2004</strong> Georg <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong>, Stuttgart

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