8 - Metal Mirror
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TITELSTORY - GORGOROTH | GOD SEED<br />
Text: Dorian Gorr<br />
Fotos: Dorian Gorr/ Gorgoroth / Indie Recordings / Regain Records<br />
/ God Seed<br />
Es verging kaum ein Monat, indem es nicht irgendwelche<br />
Neuigkeiten gab, die über den wohl populärsten Namensstreit<br />
in der Geschichte des Black <strong>Metal</strong>s berichteten. Wagen wir<br />
einen Rückblick: Es war im Oktober 2007, als Sänger Gaahl und<br />
Bassist King ein Treffen mit Bandgründer und -gitarrist Infernus<br />
arrangierten, in welchem sie ihm mitteilten, dass sie die Band<br />
ohne das einzig verbliebene Gründungsmitglied der 1992 gegründeten<br />
Black <strong>Metal</strong>-Band fortführen wollen würden und sich<br />
bereits die Namensrechte gesichert hätten.<br />
„Ich erinnere mich noch sehr deutlich an jeden einzelnen Moment<br />
dieser Unterhaltung“, blickt Infernus heute zurück. „Mein<br />
erster Vorschlag war, dass wir unverzüglich Anwälte einschalten<br />
sollten, die sich um alles kümmern würden, denn es gab Verträge<br />
zu erfüllen, die vor allem das Live-Spielen betrafen. Was King<br />
und Gaahl allerdings taten, war dass sie die Aktivitäten auf ein<br />
Maximum anschraubten und mittels einer großen Tour der ganzen<br />
Welt weiß machen wollten, dass sie jetzt Gorgoroth seien.“<br />
Und lange Zeit wurde tatsächlich von Gorgoroth gesprochen,<br />
wenn King und Gaahl gemeint wurden. Unter anderem trat die<br />
Band sogar im Rahmen einer großen Headliner-Show beim Wacken<br />
Open Air auf. Von Infernus hörte man in dieser Zeit kaum<br />
etwas. Doch wer dachte, dass sich der eigenwillige Gitarrist geschlagen<br />
geben würde, sah sich getäuscht.<br />
„Ich kenne mich ein bisschen mit dem norwegischen Gesetz<br />
aus und brauchte knappe dreißig Sekunden, um zu erkennen,<br />
dass sie mit ihrem Standpunkt auf verlorenem Posten standen.<br />
Ich hielt mich nur im Gegensatz zu ihnen von den Medien fern<br />
und kümmerte mich um die Dinge, die wichtig waren, nämlich<br />
die rechtlichen Formalitäten mit so wenig Zeitverlust wie möglich<br />
zu klären und meine komponierten Songs aufzunehmen.<br />
Das einzige was ich mich stets frage ist, wie sie tatsächlich jemals<br />
glauben konnten, dass sie den Namen so einfach für sich<br />
beanspruchen und sichern könnten“, so Infernus.<br />
Hauptangriffspunkt von King und Gaahl war gewesen, dass<br />
Infernus in fast zehn Jahren keinen Finger für die Band gerührt<br />
hätte und nichts zum Songwriting beigetragen habe. Die vergangenen<br />
beiden Gorgoroth-Platten „Twilight Of The Idols“ und<br />
„Ad Majorem Sathanas Gloriam“ wurden ausschließlich von<br />
King komponiert. Den Vorwurf leugnet Infernus nicht.<br />
„Ich habe stets Songs komponiert, doch bin ich jemand, der<br />
mehr Wert auf Qualität statt auf Quantität legt. Ich schrieb<br />
Songs, war aber nicht wirklich zufrieden mit ihnen, also war<br />
es für mich nur natürlich, auch anderen eine Chance zu geben,<br />
ihre Arbeit über den Namen Gorgoroth zu verbreiten. Sie hätten<br />
glücklich und dankbar für diese Chance sein sollen. Wenn man<br />
darüber nachdenkt, ist es absolut absurd. Es war bei Gorgoroth<br />
stets so, dass ich nicht notwendigerweise der einzige Songwriter<br />
war. Bereits früher teilte ich mir viel der Arbeit mit anderen<br />
Bandmitgliedern, für mich zählt nur, dass das musikalische<br />
Endergebnis stimmt. Mir kommt es bei diesem Vorwurf so vor,<br />
dass sich die beiden selbst zu wichtig nehmen und wenn sie tatsächlich<br />
ein Problem mit mir gehabt hätten, dann hätten sie die<br />
Band einfach verlassen können“, lautet Infernus‘ Meinung. „Außerdem<br />
ist dieser Vorwurf nicht haltbar. Bereits 2006 schrieb ich<br />
die ersten Songs für das kommende Gorgoroth-Album „Quantos<br />
Possunt Ad Satanitatem Trahunt“. Sie wussten, dass ich mir die<br />
Arbeit für das Album mit King teilen wollte.“<br />
Bereits seit Jahren sei es jedoch im Gorgoroth-Lager nicht<br />
mehr rund gelaufen.<br />
„Mir war seit Jahren klar, dass es nicht ewig in dieser Konstellation<br />
weitergehen würde, es war nur eine Frage der Zeit.<br />
Ich hatte oft in Erwägung gezogen, die beiden aus den Diensten<br />
Gorgoroths zu entlassen, mich dann aber immer dazu durchgerungen,<br />
mit ihnen weiterzuarbeiten. Ich verhielt mich professionell,<br />
auch wenn wir seit Jahren keine Freunde mehr waren.<br />
Wir haben trotzdem immer miteinander arbeiten können und das<br />
wollte ich noch eine Weile länger fortführen.“<br />
Auch King bestätigt, dass er keine Möglichkeit mehr sah, die<br />
Luft zwischen beiden Parteien zu bereinigen und in dieser Konstellation<br />
weiterzumachen.<br />
„Es ging einfach nicht. Dafür gab es zu viele Interessenskonflikte.<br />
Ich habe nichts gegen ihn persönlich, aber es funktionierte<br />
nicht mehr gemeinsam. Er kreierte nichts mehr“, so King.<br />
Opfer oder Täter?<br />
Die breite Fanbasis, die Gorgoroth sich in all den Jahren aufgebaut<br />
hat, schien meist eher Partei für Infernus zu ergreifen.<br />
So gab es unzählige Vereinigungen aus allen Ländern, die sich<br />
stets mit dem Banner „We support Infernus!“ schmückten, eine<br />
Tatsache, die für King nicht überraschend ist.<br />
„Die Leute unterstützen eher jemanden, der sich im ersten<br />
Moment leichter als das Opfer darstellen lässt. Infernus hat fast<br />
zehn Jahre lang nichts für die Band gemacht und wenn er etwas<br />
machte, dann war das gegen meinen und Gaahls Interessen.<br />
Er kreierte keine Songs, tauchte bei Proben nicht auf, weswegen<br />
wir manche Songs partout nicht live spielen konnten, er<br />
benahm sich grundlos unhöflich gegenüber Crew-Mitgliedern<br />
und irgendwann ist dann genug und es ist Teil der natürlichen<br />
Dynamik innerhalb einer Band, dass so eine Person irgendwann<br />
nicht länger Teil der Gemeinschaft sein kann. Natürlich hat er<br />
Gorgoroth gegründet, aber er war an dem Fortbestand der Band<br />
nicht mehr beteiligt. Wir haben Jahre in diese Band investiert<br />
und dafür gesorgt, dass sie heute da steht, wo sie ist. Wir waren<br />
an 90 Prozent aller Shows, die Gorgoroth jemals gespielt haben,<br />
beteiligt. Einen Großteil meines Lebens habe ich dafür verwendet,<br />
um Gorgoroth zu entwickeln“, stellt King klar.<br />
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