8 - Metal Mirror
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„Die Beteiligung war zufriedenstellend.<br />
Wir hatten mehr als tausend Teilnehmer. Ich<br />
selbst würde ja nie bei so etwas mitmachen,<br />
aber den Leuten hat es scheinbar gefallen“,<br />
schmunzelt Thomas.<br />
Das Ergebnis: Mehr als 50 Prozent aller<br />
Debauchery-Fans wollten einen Mix aus<br />
Death <strong>Metal</strong> und Rock‘n‘Roll.<br />
„Als ich das las, dachte ich mir nur, dass das<br />
doch genau das ist, was ich seit jeher mache,<br />
also nahm ich mir vor, den Schnitt zwischen<br />
diesen beiden Einflüssen noch radikaler zu<br />
vollziehen“, so Thomas.<br />
Und in der Tat hat „Rockers And War“ zwei<br />
Gesichter. Während der ersten Hälfte wird<br />
heftig geprügelt, manch ein Song erinnert<br />
mit seinen ausgiebigen Keyboard-Einlagen<br />
gar an Dimmu Borgir und „Savage Mortician“<br />
dürfte zu den härtesten Songs gehören,<br />
die Debauchery jemals aufgenommen haben.<br />
Den krassen Kontrast dazu bilden Songs wie<br />
„3 Riff Hit“, die mehr als jemals zuvor an Airbourne,<br />
AC/DC, und Konsorten erinnern und<br />
mit Death <strong>Metal</strong> kaum noch etwas am Hut<br />
haben.<br />
„Ich hatte einfach Bock darauf, dass so<br />
durchzuziehen. Die beiden Teile des Albums<br />
sollten sich stärker als jemals zuvor<br />
unterscheiden. Die Rock-Songs sollten mehr<br />
Rock‘n‘Roll denn je sein und mit Songs wie „Savage Mortician“<br />
wollte ich an die Grenzen des Geprügels stoßen. Dass dabei<br />
die Keyboards stärker zum Einsatz gekommen sind, entsprang<br />
ebenfalls einer Laune. Bisher kamen sie in diesem Umfang immer<br />
erst beim letzten Track eines Albums zum Einsatz, aber ich<br />
fragte mich, warum ich mit diesem speziellen Scheiß immer bis<br />
zum Schluss warten sollte“, erklärt Thomas.<br />
Mindestens ein Jahr Pause<br />
Eins sollten Debauchery damit definitiv hinter sich gelassen<br />
haben, nämlich die in der Vergangenheit ewig aufgetretenen<br />
Vorwürfe, dass die Band ein Six Feet Under-Klon sei, doch Thomas<br />
winkt ab.<br />
„In den Rezensionen habe ich das auch schon wieder gelesen.<br />
Texte wie „alles stumpf, klingt wie immer und stark nach Six<br />
Feet Under“. Wer so einen Blödsinn schreibt, kann die Platte<br />
definitiv nicht gehört haben“, macht Thomas seinem Ärger Luft.<br />
Geärgert hat sich der kahlköpfige Sänger, der kürzlich sein Lehramts-Studium<br />
abschloss, genug. Vor allem das ganze Drumherum,<br />
das mit sich kommen würde, wenn man eine Band leite,<br />
gehe ihm zunehmend auf die Nerven. Nun zieht er seine Konsequenzen.<br />
„Nach „Rockers And War“ liegen Debauchery vorerst auf Eis.<br />
Ich mache nächstes Jahr Konzert- und auch Albenpause“, lässt<br />
Thomas die Katze aus dem Sack, relativiert aber sofort: „Debauchery<br />
sind nicht aufgelöst, da wird bestimmt nochmal etwas<br />
folgen. Das hat nichts mit der Musik zu tun, es geht mir nur um<br />
diesen ganzen Business-Scheiß. Ein neues Album aufzunehmen,<br />
ist wunderbar und macht viel Spaß. Aber leider kümmert man<br />
sich als Musiker zu 90 Prozent nicht um die Musik, sondern<br />
um all den anderen Mist. Man muss Auftritte buchen, Anfragen<br />
beantworten, neue Musiker suchen und durchgehend rennt man<br />
der Kohle hinterher. Die meiste Zeit investiere ich in unseren<br />
Merchandise-Shop. Ich würde ja jemanden einstellen, der sich<br />
darum kümmert, aber das ist mehr oder weniger die einzige<br />
Seite 25<br />
INTERVIEW ~ DEBAUCHERY<br />
Einnahmequelle, die ich mit Debauchery habe und zum Musik<br />
machen braucht man Geld, das ich nicht investieren kann, damit<br />
jemand sich um das Merchandise kümmert.“<br />
Zum vorläufigen Abschied gibt es jedoch noch einen Leckerbissen.<br />
Videos sind im <strong>Metal</strong>-Bereich ja keinesfalls unüblich,<br />
doch was Debauchery zu ihrem Song „Death <strong>Metal</strong> Warmachine“<br />
veröffentlichen, stellt alles bisher Dagewesene in den<br />
Schatten. Statt einem regulären Musikvideo veröffentlicht die<br />
Band einen Hardcore-Lesben-Porno. Thomas grinst, als er an<br />
die Dreharbeiten zurückdenkt.<br />
„Ich liebe Pornos“, lautet die simple Erklärung auf die Frage<br />
nach der Hintergrundidee. „Das Label war damit einverstanden,<br />
auch wenn es letztlich ein Schuss in den Ofen ist, denn wir können<br />
das Video auf keine CD packen, weil wir das Album sonst<br />
mit einer „Ab 18“-Beschränkung herausbringen müssten. Also<br />
wird es das Video nur noch inoffiziell über irgendwelche Download-Seiten<br />
im Internet geben“, so Thomas.<br />
Doch rentiert sich solch ein Unterfangen, wenn man das Video<br />
letztlich nicht wirklich als Werbeträger verwenden kann? Immerhin<br />
kostet solch ein Video auch ein entsprechendes Sümmchen.<br />
„Nichts von alldem hier rentiert sich“, beweist Thomas Galgenhumor.<br />
„Aber man hat halt Bock drauf und deswegen zieht<br />
man es durch. Gestern haben wir in Ostrave in Tschechien vor<br />
50 Leuten gespielt und dafür sind wir 1000 Kilometer gefahren.<br />
So viel zum Thema, was sich rentiert“, lacht Thomas.<br />
Eine Karriere als Pornoproduzent visiert er jedoch nicht an.<br />
„Wenn man mit einem Porno etwas reißen könnte, dann hätte<br />
ich schon längst einen gedreht und veröffentlicht. Aber das<br />
bringt ja in Zeiten des Internets nichts mehr. Noch ein Projekt,<br />
wo ich durchgehend meine Kohle reininvestieren kann, brauche<br />
ich nicht. Da reicht mir meine Musik.“<br />
Und das, obwohl Debauchery damit erst einmal eine offizielle<br />
Pause antreten.<br />
www.debauchery.de