Universität Hamburg - Institut für Kirchenbau und kirchliche Kunst ...
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Religionswissenschaftlers Mircea Eliade <strong>und</strong> dem Religionssoziologen Alfred Lorenzer – da<br />
sein Konzept der „Moderne noch heilige Orte“ <strong>und</strong> religiöse Raumerfahrungen zugesteht. 64<br />
Im Folgenden werde ich die Rezeption des Heterotopie-Konzepts in der Praktischen<br />
Theologie vorstellen <strong>und</strong> die dargestellten Aspekte in Bezug auf das Foucaultsche Konzept<br />
<strong>für</strong> die Reflexion von Kirchenräumen beurteilen. Mertin zufolge war Failing der Erste, der in<br />
der religiösen Raumfrage auf Foucaults Heterotopie-Konzept Bezug genommen hat. 65 Ich<br />
betrachte die Rezeption in chronologischer Reihenfolge <strong>und</strong> beginne deshalb bei Failing, der<br />
sich bereits 1995 in seiner Antrittsvorlesung, mit dem Titel „In den Trümmern des Tempels“,<br />
an der Johann-Wolfgang-Goethe-<strong>Universität</strong> Frankfurt, auf Foucault bezogen hat. 66<br />
3.1 Raum <strong>und</strong> Körper bei Wolf-Eckart Failing<br />
Laut Failing ist die Raumfrage im praktisch-theologischen Diskurs bisher, trotz ihrer<br />
Bedeutung <strong>für</strong> die Menschen – ihre „Existenz ereignet sich leiblich-räumlich“ 67 – zu wenig<br />
thematisiert worden. Er bemerkt eine Wiederbelebung religiöser Raumsymbolik <strong>und</strong><br />
konstatiert, dass verallgemeinert betrachtet, religiösen Räumen „die Funktion von<br />
Transzendenzerfahrung, der Orientierung, der Regeneration als Lebenserneuerung <strong>und</strong> das<br />
Angebot des Zuflucht gewährenden Asyls innewohnt.“ 68 Der phänomenologisch orientierte<br />
religiös-praktische Ansatz Failings setzt dem Inneren – vorgestellt als eigentlicher Raum<br />
religiöser Gefühle – eine „Leibberührbarkeit durch den Glauben“ 69 entgegen, als einer<br />
äußerlichen Einwirkung von religiös aufgeladenen Räumen auf den Körper. Dahinter steht<br />
eine phänomenologische Raumauffassung, die dem Behälterraum genau wie dem Raum als<br />
pure subjektive Anschauung eine klare Absage erteilt. Die gelebten Räume, um die es geht,<br />
sind „symbolisches Kristallisationsgeschehen“ 70 das heißt sie bilden sich sinnbildlich aus der<br />
Wechselbeziehung zwischen der Person <strong>und</strong> ihrer veräußerlichten Innerlichkeit, ihrer<br />
Leiblichkeit <strong>und</strong> dem Raum – auch materiell – mit den ihm eingeprägten religiösen<br />
64 Vgl.: auch ebenda. S. 28.<br />
65 Vgl.: Mertin, Andreas. Sakralität <strong>und</strong> liturgischer Raum. Buchvorstellungen. In: Tà katoptrizómena. Heft 70.<br />
2011. http://www.theomag.de/70/am348.htm (zuletzt eingesehen am 15.08.2011). Hier verweist Mertin in der<br />
zweiten Fußnote auf Wolf-Eckart Failings: Die eingeräumte Welt <strong>und</strong> die Transzendenzen Gottes in: Ders./<br />
Heimbrock, Hans-Günter. Gelebte Religion wahrnehmen. 1998. S. 91-122. Foucaults Heterotopie findet sich bei<br />
Failing schon 1995. Die Aspekte sind dieselben.<br />
66 Vgl.: Failing, Wolf-Eckart. „In den Trümmern des Tempels“. Symbolischer Raum <strong>und</strong> Heimatbedürfnis als<br />
Thema der Praktischen Theologie. Eine Annäherung. In: Pastoral-Theologie. Jg. 86. 9/1997, S. 375-391.<br />
67 Geyer, Hermann. „Sprechende Räume“? Fragmente einer ’Theologie’ des Kirchenraumes. In: Glockzin-Bever,<br />
Sigrid/ Schwebel, Horst (Hg.). Kirchen – Raum – Pädagogik. Müster 2002, S. 51.<br />
68 Vgl.: Failing. „In den Trümmern des Tempels“. S. 383.<br />
69 Vgl.: ebenda. S. 383f. Nach Friedrich Wilhelm Marquardt.<br />
70 Vgl.: ebenda. S. 385.<br />
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