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Universität Hamburg - Institut für Kirchenbau und kirchliche Kunst ...

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„im Sterben“ <strong>und</strong> war von Einsamkeit geprägt, darin könnte die konkrete Gründung im Ort<br />

Taizé, der sich in einer Krise befand, die Schutz nicht direkt betraf, der er sich aber auf eine<br />

Art annahm, eingebettet werden. Zudem erwuchs Schutz‘ Entscheidung, eine Gemeinschaft<br />

aufzubauen aus einem krisenhaften Erleben der Gesellschaft: Da war die <strong>für</strong> ihn „absurd“<br />

erscheinende Trennung der Christen <strong>und</strong> das unverstandene „gegenseitige Sichbekämpfen.“ In<br />

diesen Bezügen lässt sich die Gründung der Kommunität als ein Raum, entsprechend einer<br />

Abweichungsheterotopie fassen, allerdings nur zur Hälfte im Sinne Foucaults, denn in der<br />

Kommunität sollte Raum <strong>für</strong> ein anderes Leben sein, aber nicht in der Absicht sich von dort<br />

aus wieder in die vorherigen Bedingungen einzugliedern <strong>und</strong> auch nicht in der einer völligen<br />

Abspaltung. Es sollte ein Bezug zu Gesellschaft bestehen bleiben, was sich in einer einsamen,<br />

aber nicht isolierten Lebensweise ausdrückt. In ähnlicher Weise lässt sich auch die Dorfkirche<br />

als Abweichungsheterotopie bestimmen, denn sie bietet diesem anderen Leben Raum,<br />

besonders <strong>für</strong> den wichtigen Teil der gemeinsamen Gebete. Als dem Abweichenden Raum<br />

gebend kann sie bestimmt werden, da sie ehemals römisch-katholisch genutzt, nun<br />

protestantischen Brüdern zum Gebet dient <strong>und</strong> indem dies in einer entchristlichten, aber<br />

katholisch geprägten Umgebung geschieht, der auch diese Kirche noch in ihrem baulichen<br />

Ensemble angehört.<br />

Das zweite Merkmal, demnach eine Gesellschaft im Laufe der Zeit eine Heterotopie auch in<br />

anderer Weise nutzen kann, lässt sich ebenfalls an der Dorfkirche zeigen, denn diese wurde<br />

durch die Nutzung der Kommunität zu einem „Simultaneum“, was seinerseits heterotopischen<br />

Charakter trägt, da dort nun zwei konfessionelle Räume nebeneinander standen.<br />

Die Veränderungen <strong>und</strong> Entwicklungen der Kommunität sind zu einem großen Teil durch die<br />

Gäste ausgelöst worden, denn die Menschen fanden sich zunehmend dort ein. Frère Roger<br />

äußerte sich dazu: „Nach zwanzig Jahren gemeinsamen Lebens befanden wir uns plötzlich<br />

wie in die Öffentlichkeit geworfen.“ Aber die Kommunität war offen da<strong>für</strong> der Entwicklung<br />

Raum zu geben <strong>und</strong> dadurch die eigene Lebensvorstellung auszudrücken, die keiner<br />

systematischen Planung 296 folgte. Das gelebte Provisorium lässt es zu, sich auf den Zustrom<br />

der Gäste einzulassen <strong>und</strong> dementsprechend zu handeln. So wurde es nötig die<br />

Versöhnungskirche zu bauen, die Frère Roger zuerst <strong>für</strong> zu groß befand. 297 Erst wurde sie im<br />

Innenraum baulich verändert <strong>und</strong> dann durch Zelte <strong>und</strong> später durch Fertigbauteile vergrößert.<br />

Auch die Liturgie gilt in Taizé als provisorisch <strong>und</strong> veränderte sich unter anderem auch in<br />

Reaktion auf den Zustrom <strong>und</strong> die Ermöglichung eines gemeinsamen Gebets, an dem<br />

möglichst jede <strong>und</strong> jeder teilhaben kann. Durch das Zulassen der entstehenden Veränderungen<br />

296 Vgl.: Clément. Taizé. S. 52.<br />

297 Vgl.: ebenda. S. 52f.<br />

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