Universität Hamburg - Institut für Kirchenbau und kirchliche Kunst ...
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Sie ist demütig, in ihr kann man Atemholen <strong>und</strong> bei sich sein, den entstehenden<br />
„Leerraum“ 227 füllen (lassen), beispielsweise „sich in Beziehung zu […] einem Psalm […]<br />
setzen“ 228 , der zuvor singend gebetet wurde, ihn in Ruhe nachklingen lassen. Gebet ist, wie<br />
Frère Alois es beschreibt, nicht nur Ausdruck, sondern auch Hören. Zur kurzen Bibellesung<br />
wenden sich alle „zur Schrift hin um“ 229 , wenn ein Bruder an das kleine Pult hinter den<br />
Brüdern tritt <strong>und</strong> in die Kirche hinein spricht, dann wenden sich ihm alle zu, so dass das Wort<br />
in dem Sinne auch räumlich zentral wird. Das Wort bleibt stehen <strong>und</strong> kann mit in die Stille<br />
genommen werden, das ist neben der Bibelauslegung ein weiterer Umgang mit dem Wort<br />
Gottes in Taizé, ihm wird Raum gegeben, es muss „gehört werden um wirksam zu<br />
werden.“ 230<br />
Nach dem Abendgebet leert sich zwar der Raum, da nach <strong>und</strong> nach Menschen die Kirche<br />
verlassen, aber der Klangraum bleibt, denn oft wird noch mehrere St<strong>und</strong>en ununterbrochen<br />
weiter gesungen. Gelineau ist der Auffassung, dass Musik das „Unhörbare hörbar machen“<br />
soll <strong>und</strong> er träumte von einer Musik als einem einfachen<br />
„Symbol, ganz einfach […] wie […] die Flamme einer Kerze […]. Eine Musik, die nicht mehr von sich<br />
selbst erfüllt ist, sondern Stille <strong>und</strong> Anbetung trägt.“ 231<br />
Die „Heilige Dämmerung“ als „typisch <strong>kirchliche</strong> Atmosphäre“ 232 sucht man in der<br />
Versöhnungskirche vergeblich. Es gibt in Taizé drei Lichtquellen, das einfallende Außenlicht,<br />
welches im Altarbereich <strong>und</strong> durch die kleinen bunten Glasfenster an den Seiten hinein<br />
gelangt, viele Kerzen, die sich überwiegend im Altarbereich befinden sowie seitlich bei den<br />
Ikonen <strong>und</strong> es gibt elektrisches Licht aus sehr vielen, in Reihe angeordneten Hängelampen<br />
von der Decke. Besonders die hohen orangefarbenen „Segel“ in der Apsis, die durch weiteres<br />
Licht von außen <strong>und</strong> künstliche Quellen von hinten betont werden verbinden sich mit den<br />
vielen Kerzen <strong>und</strong> erzeugen so im Altarbereich einen warmen Lichtraum, der die visuelle<br />
Aufmerksamkeit immer wieder in diesem Bereich bündelt. 233<br />
Der weiße Raum, der sich durch die Gewänder der Brüder im Sichtfeld davor befindet, lässt<br />
symbolisch <strong>und</strong> visuell konkret eine Einheit erkennen, eine Einheit inmitten derer, die mit<br />
ihnen zusammengekommen sind. Betrachtet man beide Räume zusammen, also den Raum der<br />
Einheit, der durch die Brüder symbolisiert wird <strong>und</strong> den vor ihnen befindlichen lichten<br />
227<br />
Frère Wolfgang. Beten – mit Gesängen aus Taizé. S. 19.<br />
228<br />
Nord. Realitäten des Glaubens. S. 249.<br />
229<br />
Vgl.: Nientiedt. Interview mit Frère Alois: Aus dem Glauben heraus. In: Ders. Taizé. S. 154.<br />
230<br />
Vgl.: Bubmann. Musik – Religion – Kirche. S. 61.<br />
231<br />
http://www.st.stephan.at/beheimatet/taize/kompon.htm (zuletzt eingesehen am 16.08.2011).<br />
232<br />
Böhme. Anmutungen. S. 92.<br />
233<br />
Für weitere Überlegungen zum Licht vgl.:<br />
http://www.bauches-lust.de/wocheintaize/oertlichkeiten/inneneinrichtung.php (zuletzt eingesehen am<br />
16.08.2011.)<br />
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