Universität Hamburg - Institut für Kirchenbau und kirchliche Kunst ...
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in dem Fall den konkreten Ort, ein besonderer Ort <strong>und</strong> kein „Zirkus“, der überall sein Zelt<br />
aufschlagen kann – auch wenn das in gewisser Weise dem Verständnis des Pilgerwegs<br />
entgegensteht. Denn auch Frère Roger wäre gerne wieder aufgebrochen, was seiner geistigen<br />
Freiheit <strong>und</strong> Mobilität Ausdruck verleiht. 273 Vielleicht lässt sich die Portabilität aber auch wie<br />
folgt verstehen: Die „Kreuz-Ikone“ ist beispielsweise bei den Gebeten auf den Kirchentagen<br />
immer dabei <strong>und</strong> wirkt wie ein versetzbares Symbol Taizés. Als ob es am je aktuellen,<br />
ambulanten Standort dazu verhilft, sich von jener Station des Pilgerwegs nach Taizé, an den<br />
zwar provisorischen, aber doch stationären Ort der Kommunität, zurückzuversetzen. Die<br />
weitere Inszenierung der Gebete trägt das Übrige zur geistigen Vernetzung bei. Dies lässt sich<br />
durch eine Vermutung stützen, dass am Kreuzgebet auf dem Kirchentag überwiegend<br />
Menschen teilnehmen, die es aus Taizé kennen. Und auch wenn Taizé ausdrücklich keine<br />
eigene Bewegung sein will, so braucht es einen geistigen, innerlichen Hafen, der sich<br />
menschlich-räumlich in Taizé verorten lässt.<br />
4.4.4 Die Wirkung eines Zeichens<br />
Der Gr<strong>und</strong>stein <strong>für</strong> diese mögliche, auch räumliche Vernetzung liegt, wie bereits weiter oben<br />
beschrieben im Frankreich der 1940er Jahre, wo Roger Schutz Menschen aufnahm, „die auf<br />
der Flucht vor Hitlerdeutschland waren.“ 274 Den Entschluss eine Gemeinschaft zu gründen,<br />
die geprägt sein sollte von „Gebeten <strong>und</strong> Gastfre<strong>und</strong>schaft“ 275 , hatte er bereits zuvor gefasst<br />
<strong>und</strong> auch als er das Haus <strong>und</strong> das Land zwischenzeitlich verlassen musste, da es vor Ort zu<br />
gefährlich wurde, kehrte er zurück. Er kam zurück um mit zwei Brüdern gemeinsam zu leben<br />
<strong>und</strong> sie begannen deutschen Kriegsgefangenen zu helfen. 276 Ein Zeichen der Versöhnung, er<br />
kümmerte sich um die Menschen, auch wenn die einen zuvor vor den anderen geflohen<br />
waren. Viele Jahre später, beim europäischen Jugendtreffen 1996 in Stuttgart half ein „älterer<br />
Herr“ besonders mit <strong>und</strong> nahm selbst „fünf junge Kroaten auf“. Als man ihn nach seinem<br />
Engagement fragte,<br />
„erzählte er von der Zeit als Kriegsgefangener in Burg<strong>und</strong>, […] von der Einladung eines jungen Bruders<br />
zur Weihnachtsmette. Nach dem Gottesdienst ging plötzlich eine Tür auf, <strong>und</strong> es hieß: Kommt bitte herein<br />
<strong>und</strong> setzt euch. […].“ 277<br />
Nach der „konkret gelebten Barmherzigkeit der ersten Jahre […] folgte nach Mitte der 1970er<br />
Jahre eine bewusstere geistliche Ausprägung.“ 278 Die Kommunität versteht sich als ein<br />
273 Vgl.: Nientiedt. Gott zuerst. S. 143.<br />
274 Vgl.: Schutz. Besuch bei Frère Roger. S. 13.<br />
275 Strack, Christoph. Ort der Versöhnung, Pilgerweg des Vertrauens. In: Taizé – Weltdorf. S. 27.<br />
276 Vgl.: Schutz. Besuch bei Frère Roger. S. 14.<br />
277 Vgl.: Strack. Ort der Versöhnung, Pilgerweg des Vertrauens. S. 27.<br />
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