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Universität Hamburg - Institut für Kirchenbau und kirchliche Kunst ...

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irritierendes Moment <strong>für</strong> die vorherigen Aktivitäten darstellt. Hier wird meines Erachtens<br />

anschaulich, was Löw mit „Spacing“ <strong>und</strong> „Syntheseleistung“ meint. 155 Der Raum im materiell<br />

umbauten Raum entsteht durch Platzierungen, es werden eine Harfenistin, ihr Instrument <strong>und</strong><br />

Kerzen platziert, <strong>und</strong> dementsprechend auch relational im Raum positioniert. Das geschieht<br />

einerseits durch das aktive Handeln der Harfenisten <strong>und</strong> der Franziskanerin, die das folgende<br />

Geschehen mündlich ankündigt <strong>und</strong> andererseits durch die anwesenden Besucher <strong>und</strong><br />

Besucherinnen, die sie dazu einlädt. Damit nun ein Raum gänzlich entsteht, braucht es<br />

ebenfalls ein „Spacing“ der Menschen, die sich mindestens auf zwei Weisen platzieren <strong>und</strong><br />

positionieren können. Entweder platzieren sie sich, um den Raum mit aufzuspannen, oder sie<br />

wenden sich ab <strong>und</strong> verlassen sozusagen diesen Raum. Dabei passiert schon die<br />

„Syntheseleistung“, denn man kann sich nur platzieren, indem man zugleich das Umgebende,<br />

beispielsweise Menschen <strong>und</strong> Materielles, aber auch Symbolisches zu Räumen verknüpft.<br />

Genau das machen wir permanent, um uns im Verhältnis zu dem uns Umgebenden zu<br />

verorten. 156 Unter anderem wird es nun möglich das vorgef<strong>und</strong>ene Ensemble aus Menschen,<br />

Licht, Klang <strong>und</strong> sprachlicher Stille durch die eigene Wahrnehmung als einen Raum<br />

aufzufassen, da sich die Elemente zueinander verhalten, damit erfolgt die Raumwahrnehmung<br />

je subjektiv. In diese spielt wechselwirkend mit der konstruierenden Wahrnehmung des<br />

Raumes auch die Außenwirkung, die von den sozialen Gütern <strong>und</strong> Menschen ausgeht, hinein.<br />

Aus beidem ergibt sich das, was wir als Atmosphäre bezeichnen.<br />

An dem zunehmenden Tourismus in Kirchen, aber auch an der Annahme des von Frick<br />

beschriebenen „Spielraums des Heiligen“, inmitten des touristischen Treibens, zeigt sich das<br />

Bedürfnis nach religiösen Räumen, das Mertin bereits in den späten 1990er Jahren feststellt.<br />

Er merkt aber auch an, dass Räume <strong>für</strong> Alteritätserfahrungen nicht gebaut werden können.<br />

Das mag sicherlich zutreffen, aber wie sich am vorherigen Beispiel ablesen lässt, gibt es<br />

„Arrangements“, denen eher eine Möglichkeit <strong>für</strong> solche gegenläufigen Erfahrungen<br />

innewohnt.<br />

Woydack hat Foucaults Heterotopie-Konzept als ein offenes soziologisches Konstrukt<br />

beschrieben. Diese Offenheit ermöglicht unter anderem eine Nutzung in Bezug auf die<br />

Gesamtgesellschaft, <strong>und</strong> wie durch die exemplarische Rezeption in der Literaturwissenschaft<br />

gezeigt, ebenso <strong>für</strong> ein einzelnes Individuum, um dessen Verhaltensänderung zu beschreiben,<br />

die anscheinend mit dem physischen Wechsel von der Homo- in die Heterotopie korreliert.<br />

Das gilt auch <strong>für</strong> Kirchenräume, in denen zumeist Stille als eine angemessene<br />

155<br />

Vgl.: Löw. Raumsoziologie. S. 152ff; 229. Die folgenden Ausführungen haben hier ihre theoretische<br />

Gr<strong>und</strong>lage.<br />

156<br />

Vgl.: Woydack. Raum, Glaube, Mensch <strong>und</strong> Kirche. S. 18.<br />

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