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Universität Hamburg - Institut für Kirchenbau und kirchliche Kunst ...

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seine Komponenten sind „Beleuchtung, Harfenklänge, Kerzen <strong>und</strong> menschliche Präsenz.“ 127<br />

Diesen weiteren „Raum des Gebetes <strong>und</strong> der Stille“ der mitten im touristischen Treiben<br />

‚Raum greift’ bezeichnet Frick mit Heterotopie <strong>und</strong> bezieht sich dann übergeordnet auf das<br />

heterotopische Merkmal des Nebeneinanderstellens von eigentlich inkompatiblen Räumen. 128<br />

Genau das ist das dezidiert heterotopische Element des Sakralraums, materieller Raum <strong>und</strong><br />

Spielraum bestehen gleichzeitig, parallel <strong>und</strong> vereint. Nach Frick haben die „heterotopen<br />

Gegensätze“ beider Räume, die er tabellarisch gegenüberstellt, ihre gemeinsame Wurzel in<br />

der „anthropologischen Dichotomie von Leib <strong>und</strong> Körper.“ 129 Dem Leib kann eher der<br />

„Spielraum“ zugeordnet werden, der seine „Funktion“ ausübt, indem er gerade durch seine<br />

‚Funktions-Freiheit’ auf die „Transzendenz“ verweist, in ihm wird „Erkenntnis“ durch<br />

Erleben gewonnen <strong>und</strong> der Leib ist im Spielraum immer der Mittelpunkt. Dem materiellen<br />

Raum lässt sich eher der Körper zuordnen, der im Gegensatz zum Leib genutzt wird, in dem<br />

Erkenntnis durch Messen erfolgt <strong>und</strong> dessen Standort immer relativ ist. Der Sakralraum ist<br />

ebenfalls dynamisch <strong>und</strong> immer nur „eher Spiel- als materieller Raum <strong>und</strong> eher erlebter als<br />

euklidischer Raum.“ 130 Dem Leib-Raum entspricht also der erlebte Raum, der nur den eigenen<br />

immer subjektiven Standpunkt kennt <strong>und</strong> als „Leib, der wir sind“ 131 betreten wir auch den<br />

Kirchenraum. Der Kirchenraum selbst ist beides, er kann als physikalischer Raum genutzt<br />

werden, wobei auch eine Umfunktionierung möglich ist, aber gegensätzlich zu anderen<br />

‚Nutzräumen’ kommt ihm als sakraler Raum gerade eine ‚Funktions-Freiheit’ zu. Ihm ist eine<br />

seltsam „provozierende Nutz-Losigkeit“ eigen, die besonders „im Kontrast zur<br />

Zweckorientierung der Gesamt-Kultur“ 132 deutlich wird. Zum einen kommt einer Kirche als<br />

Kirche die Funktion zu, die „gottesdienstliche Versammlung“ zu ermöglichen, aber ihre<br />

besondere Funktion liegt in der eigentlichen „Funktions-Freiheit“, denn es „nutzt“ nichts,<br />

wenn sie über eine von Effizienz geprägte Welt hinausweist – zumindest nicht im Sinne der<br />

Denke jener Welt – sie sind also eine Art „Funktions-Pause“. 133 Sie drücken Differenz aus,<br />

ermöglichen aber zugleich auch Transzendenz. Das entspricht der innersten Substanz der<br />

Heterotopie, denn Kirchen funktionieren in Bezug auf ihre Umgebung vollkommen<br />

entgegengesetzt.<br />

Frick hält fest, dass Sakralräume aufgr<strong>und</strong> ihres heterotopischen Charakters nicht<br />

ausschließlich dem innerlichen Gefühlsraum noch dem Außenraum zugeordnet werden<br />

127 Vgl.: ebenda. S. 42.<br />

128 Vgl.: ebenda.<br />

129 Vgl.: ebenda. S. 42f.<br />

130 Vgl.: ebenda. S. 44.<br />

131 Vgl.: ebenda. S. 43.<br />

132 Vgl.: ebenda.<br />

133 Vgl.: ebenda. S. 46f.<br />

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