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Universität Hamburg - Institut für Kirchenbau und kirchliche Kunst ...

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<strong>und</strong> das Wachsen der Gemeinschaft wurde der ökumenische Gedanke immer mehr mit Leben<br />

gefüllt!<br />

Das dritte Merkmal, das Nebeneinanderstellen verschiedener Räume, eigentlich unvereinbarer<br />

Räume, an einem Ort war durch den ökumenischen Gedanken von Beginn an impliziert.<br />

Taizé entwickelte sich in gewissem Sinne <strong>und</strong> in mehrfacher Hinsicht zu einem „Weltdorf“.<br />

Jede Woche sind Menschen aus verschiedenen Ländern, mit unterschiedlichen<br />

Muttersprachen, verschiedenartigen Kulturen <strong>und</strong> anderen Konfessionen gemeinsam zu Gast.<br />

Diese Komposition einer Welt im Kleinen – die auch die Brüder gleich einem „Gleichnis“<br />

leben – stellt derartige Räume nebeneinander <strong>und</strong> entspricht wohl am ehesten dem was<br />

Foucault damit gemeint hat, als er beispielsweise den Garten nannte. Auch im Gottesdienst,<br />

der sich mit Raschzok als Raum bestimmen lässt entstehen verschiedenste Räume, gleich<br />

einem „komplexen Beziehungsgeschehen“, wie es Löw gefasst hat <strong>und</strong> bleiben<br />

nebeneinander. Hierin hat sich nicht nur die „doppelte Räumlichkeit“ des Sakralraumes, wie<br />

sie von Frick beschrieben wurde gezeigt, sondern vielmehr eine vielfache Räumlichkeit des<br />

Gottesdienstraumes.<br />

Die Heterochronie lässt die Heterotopie mit der alltäglichen Zeiterfahrung brechen <strong>und</strong><br />

beschreibt das vierte Merkmal. In Taizé ist die Heterochronie besonders in den Gebeten<br />

erfahrbar, in denen die Zeit beispielsweise durch die wiederkehrenden Gesänge<br />

unberechenbar wird <strong>und</strong> darin aufgehoben scheint. Foucault kannte auch Heterotopien in<br />

denen beide Formen, „die des Festes <strong>und</strong> die der endlos akkumulierten Zeit“ vereint waren. In<br />

Taizé gilt das in besonderer Weise, wenn durch den wiederkehrenden Wochenrhythmus, dem<br />

Gebet vor dem Kreuz, dem Abendgebet mit dem Osterlicht <strong>und</strong> der sonntäglichen<br />

Auferstehung Fest <strong>und</strong> Ewigkeit durch die Rückbindung an die Quellen des Lebens<br />

ineinander greifen.<br />

Das gewollte Leben im Provisorium <strong>und</strong> die Vorläufigkeit zeigen sich in Taizé auch baulich,<br />

es ist nicht <strong>für</strong> die Ewigkeit gebaut. Und dennoch verweist der „Pilgerweg des Vertrauens auf<br />

der Erde“ darauf, dass das was ist, nicht alles ist.<br />

Das fünfte Merkmal bezeichnet ein eigenes System der Öffnung <strong>und</strong> Schließung. In Taizé<br />

gibt es zum einen den Tagessatz, den alle die <strong>für</strong> eine Woche kommen bei der Ankunft<br />

entrichten müssen <strong>und</strong> da<strong>für</strong> bekommen sie dann Essensmarken. Die beiden Kirchen von<br />

Taizé sind immer geöffnet, damit ist der Zugang zu jeder Tages- <strong>und</strong> Nachtzeit möglich. Als<br />

Eingangsritual <strong>und</strong> Schwelle lässt sich die Stille bestimmen. Auch wenn Taizé bewusst<br />

niedrigschwellig daherkommt, so muss man selbst <strong>für</strong> die Erfahrungen offen sein <strong>und</strong> sich auf<br />

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