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Universität Hamburg - Institut für Kirchenbau und kirchliche Kunst ...

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gibt es „keine liturgisch leitende Person im Gottesdienst“ dort entfaltet sich „mit einer<br />

frontalen Sitzordnung ein offener Spielraum.“ 219 Die Entstehung eines persönlichen<br />

Beziehungsraumes wird möglich, einer „Beziehung zu Christus“ 220 wird Raum gegeben.<br />

Dieser „sakrale Spielraum“, wie er sich ähnlich auch bei Frick beschrieben findet, entsteht in<br />

Taizé maßgeblich durch das gemeinsame Singen, bei dem die eigenen „inneren<br />

Resonanzräume […] mit denen der Mitsingenden <strong>und</strong> dem uns umgreifenden äußeren Raum<br />

in Beziehung treten.“ 221 Joseph Gélineau meint, dass durch die „fortgesetzten Gesänge, die<br />

beginnen <strong>und</strong> dann irgendwann viel später wieder aufhören […] ein Freiraum“ entsteht,<br />

„indem der Geist zum Tragen kommen kann.“ 222 Er entsteht aber nur, wenn man sich hinein<br />

gibt, in den Gesang <strong>und</strong> eintaucht, ohne die „Wiederholungen zu ‚zählen’. 223 Zusätzlich zu<br />

dem persönlichen Freiraum entsteht ein Gemeinschaftsraum, denn „Singen […] schweißt<br />

zusammen, ohne zu uniformieren.“ 224 Genau das zeigt sich meines Erachtens in Taizé<br />

deutlich, da die Lieder zum einen fast immer einsprachig, der jeweiligen Sprache des Liedes<br />

entsprechend, gesungen werden <strong>und</strong> das gemeinsame Singen allen Anwesenden eine<br />

gemeinsame Sprache ermöglicht, trotz ihrer verschiedensprachigen Herkunft. Zum anderen<br />

bringt sich jede <strong>und</strong> jeder selbst ein <strong>und</strong> bringt sich selbst zum Ausdruck, denn sie ist „Teil<br />

des eigenen Leibs, eng verwoben mit unbewussten <strong>und</strong> bewussten Eigenschaften […]“ – man<br />

erfährt sich selbst <strong>und</strong> tritt gleichzeitig mit den anderen in Beziehung. 225 Im gemeinsamen<br />

Gesang ist auch die Trennung zwischen den Brüdern <strong>und</strong> der Gemeinde aufgehoben, da alle<br />

Anwesenden Anteil haben <strong>und</strong> mit ihrer Stimme den Klang-Raum erschaffen.<br />

Die Stille ist eine weitere wichtige Komponente des Gebets, in der der zuvor durch Klang<br />

erfüllte Raum plötzlich zu einem weiteren Freiraum wird – einem der von Stille erfüllt ist.<br />

Das ist immer wieder eine beeindruckende Erfahrung, wenn man bedenkt wie viele Menschen<br />

bei den Gebeten anwesend sind <strong>und</strong> wie still, ja lautlos, es dann wirklich <strong>für</strong> diese Zeit ist.<br />

Diese Stille ist anders als beispielsweise die in einem Dom, sie ist nicht mächtig <strong>und</strong> umfängt<br />

einen nicht, man ist nicht verloren in ihr, sondern vielmehr geborgen. In Taizé verbindet sich<br />

die Stille nicht mit Erhabenheit, man hat nicht das Gefühl sich in der Weite des<br />

physikalischen Raumes zu verlieren <strong>und</strong> dadurch auf sich selbst zurückgeworfen zu sein. 226<br />

219<br />

Vgl.: Nord, Ilona. Realitäten des Glaubens. Zur virtuellen Dimension christlicher Religiosität. Berlin. 2008. S.<br />

256.<br />

220<br />

Vgl.: ebenda. S. 255.<br />

221<br />

Frick. Spielräume des Heiligen. S. 44.<br />

222<br />

Frère Wolfgang. Beten – mit Gesängen aus Taizé. S. 19.<br />

223<br />

Vgl.: Kreuels. Singende Meditation. S. 130.<br />

224<br />

Bubmann, Peter. Musik – Religion – Kirche. Studien zur Musik aus theologischer Perspektive. Leipzig 2009,<br />

S. 78f.<br />

225 Vgl.: ebenda. S. 69.<br />

226 Vgl.: Böhme. Anmutungen. S. 96f.<br />

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