Universität Hamburg - Institut für Kirchenbau und kirchliche Kunst ...
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vorläufige Verortbarkeit ausreichen. Dieser entsprechen nämlich die „mobilen Kirchen“, wie<br />
sie von Studentinnen <strong>und</strong> Studenten im Rahmen des Deutschen Evangelischen Kirchentags in<br />
Bremen 2009 entworfen <strong>und</strong> aufgestellt wurden. Erne zufolge sind mobile Kirchen in einer<br />
Gesellschaft wie der heutigen – die mobil ist – sinnvoll. Diese könnten überall, <strong>für</strong> einen<br />
begrenzten Zeitraum, aufgestellt werden <strong>und</strong> so zu den Menschen kommen <strong>und</strong> ihnen<br />
„Heimat <strong>und</strong> Geborgenheit“ bieten. 301 Taizé lässt sich in Bezug auf den „Pilgerweg des<br />
Vertrauens“ <strong>und</strong> die dazugehörigen großen Jugendtreffen zum Jahreswechsel auch als mobil<br />
<strong>und</strong> zu den Menschen kommend beschreiben. „Am Ende … werden Stellwände, Ikonentafeln<br />
<strong>und</strong> Stoffbänder wieder ab- <strong>und</strong> an einem neuen Ort aufgebaut. Nirgendwo sieht man Spuren<br />
eines Definitivums.“ 302 Ist das aber die gleiche Mobilität, an die Erne denkt? Meiner Meinung<br />
nach ist bei Erne eine Ausprägung gemeint, die sich eher auf die physische Mobilität bezieht,<br />
während die Mobilität Taizés primär geistiger Ausprägung ist, wenngleich sie durch den<br />
„Pilgerweg“ auch physisch erfahrbar ist.<br />
Erne denkt an einen neuen Kirchentyp: „keine festen Gebäude, sondern Provisorien […]. Sie<br />
sind Provisorien aus Prinzip.“ 303 Auch die Brüder in Taizé leben, wie bereits mehrfach<br />
benannt, in einem gewollten Provisorium, ihre Kirche besteht, zumindest zum Teil, aus<br />
festem Material. Die „Transzendenz-Anmutung“ der mobilen Kirchen liegt in ihrer<br />
„Übergänglichkeit“, sie bilden „eine dynamische Form zwischen Beheimatung <strong>und</strong><br />
Befremdung.“ 304 Sie sollen den Menschen im Alltag „einen Augenblick der Transzendenz“<br />
ermöglichen, die „Begegnung mit einem Fremden“ <strong>und</strong> danach wieder gehen, wie die<br />
Menschen auch. 305 Die dreischrittige Erfahrung, die in einem Sakralraum möglich ist:<br />
„Rückzug – Begegnung – Aufbruch“ <strong>und</strong> die „eine spirituelle Erfahrung“ ermöglichen kann,<br />
soll auch in ihnen, auf vereinfachte Weise, erlebbar sein. 306<br />
Die Idee Ernes lässt sich in gewisser Weise mit Brauns Auffassung vom <strong>Kirchenbau</strong> der<br />
Zukunft, ausgehend von Foucaults Heterotopie, verbinden. Denn auch die „mobilen Kirchen“<br />
setzen sich in jedem Fall sowohl von der Umgebung, als auch von gewohnter Wahrnehmung<br />
ab. Bei der Umgebung macht es kaum einen Unterschied wo sie stehen, sie werden sich<br />
abheben, nicht zuletzt aufgr<strong>und</strong> ihrer temporären, zumeist ungewöhnlichen Bauweise <strong>und</strong> des<br />
nicht festen Materials. Außerdem widersprechen sie der gewohnten Wahrnehmung von<br />
Kirchen mindestens dreifach: Kirchengebäude sind zumeist aus Stein oder festem Material<br />
301<br />
Vgl.: Erne. Mobile Kirchen. S. 6.<br />
302<br />
Nach Vera Rüttimann. In: Nientiedt. Gott zuerst. S. 143.<br />
303<br />
Vgl.: Erne. These 1. Für eine Kirchenarchitektur des Vorläufigen. In: Mobile Kirchen. S. 10.<br />
304<br />
Vgl.: ebenda. S. 11.<br />
305<br />
Vgl.: ebenda.<br />
306<br />
Vgl.: Ayerle, Hartm<strong>und</strong>. These 3. Einige Gedanken zum Projekt. In: Mobile Kirchen. S. 25-29.<br />
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