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Universität Hamburg - Institut für Kirchenbau und kirchliche Kunst ...

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Verhaltensweise erscheint <strong>und</strong> die sich scheinbar „automatisch“ beim Übertreten der<br />

Schwelle einstellt. Das geschieht größtenteils durch die unbewusste Wahrnehmung der<br />

Atmosphäre <strong>und</strong> der „räumlichen Struktur […] die Handlungs- <strong>und</strong><br />

Bewegungsmöglichkeiten“ 157 vorgeben.<br />

Schieder verweist in seiner Auseinandersetzung mit „Kirchen als Heterotopien“ auf Foucaults<br />

Konzept als einer „bescheideneren Topologie“ einer nicht „religiösen Theorie“, mit der der<br />

Ort Kirche in seinem Ensemble von anderen Orten, auf die er bezogen ist <strong>und</strong> von denen er<br />

sich gleichzeitig unterschiedet, beschreibbar wird. 158 Ähnlich geht das Konzept der<br />

Heterotopie auch in Diskussionen um den <strong>Kirchenbau</strong> ein: „Ein idealer zukunftsweisender<br />

<strong>Kirchenbau</strong> sollte sich im Sinne der viel zitierten Foucault’schen ‚Heterotopie’ von seiner<br />

Umgebung <strong>und</strong> von gewohnter Wahrnehmung absetzen.“ 159 Es handelt sich also um zweierlei,<br />

Kirchen sollten sich von ihrer Umgebung durch ihre Architektur abheben <strong>und</strong> das Moment<br />

der Fremdheit, der Irritation <strong>und</strong> eben aber auch der Heimat integrieren um andere als die<br />

alltäglichen Wahrnehmungen zu ermöglichen. Diese Alteritätserfahrungen, wie sie bei Mertin<br />

benannt wurden, sind nicht konstruierbar. Dennoch glaube ich, dass es gestaltete Orte gibt, die<br />

diese Erfahrungen eher ermöglichen, sozusagen „Starthilfe“ geben können, als andere.<br />

Damit ist folgendes in jedem Fall gegeben <strong>und</strong> auch deutlich: Kirchen(-räumen) kommt die<br />

von Foucault beschriebene „merkwürdige Eigenschaft“ zu, sich auf alle anderen Orte zu<br />

beziehen, die durch sie bezeichneten Beziehungen zu spiegeln <strong>und</strong> so „der Reflexion<br />

zugänglich“ zu machen. 160 Dadurch wird eine Perspektive eröffnet, welche die Welt, ihre<br />

Lebenszusammenhänge, die Funktionen <strong>und</strong> den Sinn des Lebens durch Kirchen reflektierbar<br />

macht <strong>und</strong> eine Deutung anbietet. Das was gegenwärtig ist, wird in Frage gestellt <strong>und</strong> kann<br />

auf diese Weise als nicht „alles“ <strong>und</strong> bedingungslos sinnvoll <strong>und</strong> richtig entlarvt werden.<br />

Abschließend <strong>und</strong> weiterführend möchte ich folgendes anmerken: Fries meint, dass Kirchen<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich als heterotopisch zu charakterisieren sind, wie er in einer Rezension, zu<br />

Woydacks „Der räumliche Gott“, hervorhebt. Dieser heterotopische Charakter konstituiert<br />

„seinerseits Gottesbeziehung als räumliches Geschehen, oder besser: Geschehen im<br />

(konkreten) Raum.“ 161<br />

157 Vgl.: Woydack. Der räumliche Gott. S. 70.<br />

158 Vgl.: Schieder. Dorfkirchen als Orte der Identifikation. S. 445.<br />

159 Vgl.: Braun, Helmut. Statement. In: <strong>Kirchenbau</strong>ten in der Gegenwart. S. 22.<br />

160 Vgl.: Foucault. Von anderen Räumen. S. 320.<br />

161 Vgl.: Fries. Rezension: Woydack. Der räumliche Gott. Was sind Kirchengebäude theologisch? Schenefeld<br />

2005. In: Raumerk<strong>und</strong>ungen. S. 92.<br />

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