Journalismus in der Berliner Republik - Netzwerk Recherche
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3.1 Forschungsfragen<br />
Die Berichterstattung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundeshauptstadt ist<br />
geprägt von e<strong>in</strong>igen wichtigen Korrespondenten und<br />
Leitmedien. Wie diese Akteure arbeiten, wer sie<br />
<strong>in</strong>formiert, und welche Themen warum ausgewählt<br />
werden, ist jedoch weitgehend unerforscht. Aus <strong>der</strong><br />
Auswertung und Analyse <strong>der</strong> vorliegenden Literatur<br />
zum Thema ergeben sich im H<strong>in</strong>blick auf den praktischen<br />
<strong>Journalismus</strong> und dessen Auswirkungen auf<br />
die politische Agenda <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e folgende Fragenkomplexe,<br />
die <strong>in</strong> den qualitativen Experten<strong>in</strong>terviews<br />
mit führenden Vertretern des „Hauptstadtjournalismus“<br />
im Rahmen <strong>der</strong> vorliegenden Studie<br />
berücksichtigt wurden:<br />
1. Biografien/ Selbstverständnis: Welches<br />
journalistische Rollen-Selbstverständnis bzw.<br />
welche Selbste<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> eigenen Arbeit<br />
haben die Hauptstadtjournalisten unter Berücksichtigung<br />
ihres jeweiligen biografischen Zugangs,<br />
von welchen Motiven lassen sie sich leiten?<br />
2. Leitmedien/ Agenda Sett<strong>in</strong>g: Welche Rolle<br />
spielen die unterschiedlichen Mediengattungen<br />
(Presse, TV, Hörfunk, Internet) <strong>in</strong> <strong>der</strong> Politikberichterstattung,<br />
welche Themen werden prom<strong>in</strong>ent<br />
platziert, welche eher vernachlässigt, wie<br />
funktionieren Agenda Sett<strong>in</strong>g und Agenda Cutt<strong>in</strong>g<br />
<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>?<br />
3. Politische Kommunikation: Welchem Wandel<br />
unterliegen politischer <strong>Journalismus</strong> und politische<br />
(Regierungs-)Kommunikation <strong>in</strong> <strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>er<br />
<strong>Republik</strong>, welche Wechselwirkungen gibt es<br />
zwischen beiden Systemen, wie stellt sich die<br />
Zusammenarbeit von Journalisten, politischen<br />
Akteuren und Lobbyisten konkret dar?<br />
4. <strong>Recherche</strong>: Welche Vor- und Nachteile <strong>der</strong><br />
Informationsbeschaffung und <strong>Recherche</strong> gibt es<br />
<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, welche Bedeutung haben <strong>in</strong>formelle<br />
Kontakte zu Politikern und die Teilnahme an<br />
3<br />
Forschungsfragen und Methode<br />
H<strong>in</strong>tergrundkreisen, welche Rolle spielt dabei die<br />
Kollegenorientierung?<br />
5. Beson<strong>der</strong>heiten und Mängel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Medienpraxis:<br />
Was macht die Berichterstattung<br />
aus Berl<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er Beson<strong>der</strong>heit (im Vergleich<br />
zu Bonn), welche Schwachpunkte und Defizite<br />
s<strong>in</strong>d im Hauptstadtjournalismus <strong>in</strong>sgesamt zu<br />
verzeichnen, wie könnten diese behoben werden?<br />
3.2 Methodisches Vorgehen<br />
Ziel <strong>der</strong> Studie ist e<strong>in</strong>e Analyse <strong>der</strong> Prozesse, Probleme<br />
und Potenziale <strong>der</strong> deutschen Hauptstadtberichterstattung<br />
und <strong>der</strong>en Auswirkungen auf die<br />
politische Agenda. Um typische Schwachpunkte und<br />
Missstände im praktischen <strong>Journalismus</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundeshauptstadt<br />
zu identifizieren und verstärkt nach<br />
Ursachen zu suchen, die im System <strong>Journalismus</strong><br />
begründet liegen, wurde die weitgehend offene Methode<br />
<strong>der</strong> leitfadengestützten Experten<strong>in</strong>terviews<br />
gewählt.<br />
Die Befunde aus den bisherigen Arbeiten zum Thema<br />
bleiben aufgrund ihrer unterschiedlichen und<br />
größtenteils persönlichen Herangehensweisen hochselektiv<br />
und ungenau. Die vorliegende Studie setzt<br />
hier an, um den Problembereich erstmals mit e<strong>in</strong>er<br />
breiten empirischen Bearbeitung wissenschaftlich zu<br />
fundieren. Hierbei stand nicht e<strong>in</strong>e repräsentative<br />
Auswahl und Analyse <strong>der</strong> Untersuchungssubjekte im<br />
Vor<strong>der</strong>grund, son<strong>der</strong>n die Zusammenstellung typischer<br />
Fälle, die e<strong>in</strong>en möglichst ertragreichen E<strong>in</strong>blick<br />
<strong>in</strong> die massenkommunikativen und politischen<br />
Prozesse im Mit- und Gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> von Medien<br />
und Politik <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hauptstadt ermöglichen. Die befragten<br />
Praktiker fungieren aufgrund ihrer Entscheidungskompetenzen<br />
im jeweiligen Arbeitsfeld als<br />
Experten, <strong>der</strong>en Selbste<strong>in</strong>schätzungen und Erfahrungen<br />
über die Gesamtsituation des Hauptstadtjournalismus<br />
von entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung für die<br />
Analyse des Themas s<strong>in</strong>d. „Die Forschung schreibt<br />
den befragten Personen e<strong>in</strong>e Expertise zu, die auf<br />
<strong>der</strong> ungleichen Verteilung von Wissen beruht und als<br />
Sedimentierung, E<strong>in</strong>lagerung und Verfügbarkeit von<br />
privilegierter Erfahrung gesehen wird“ (Froschauer/Lueger<br />
2003: 37).<br />
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