Journalismus in der Berliner Republik - Netzwerk Recherche
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nicht sicher, ob das an<strong>der</strong>e Leute außerhalb unseres<br />
Geschäfts überhaupt so sehr <strong>in</strong>teressiert.“<br />
H<strong>in</strong>zu kommt, dass durch die wenig ausgeprägte<br />
Institutionalisierung <strong>der</strong> Medienkritik vor allem Jüngere<br />
davor zurückschrecken, Koryphäen und Köpfe<br />
des verme<strong>in</strong>tlichen Qualitätsjournalismus zu kritisieren.<br />
Gunter Hofmann (Die Zeit) sieht dar<strong>in</strong> gar die<br />
Existenzfrage für den journalistischen Nachwuchs<br />
berührt: „Schreiben Sie etwas Schlechtes über e<strong>in</strong><br />
Haus, können Sie dort nichts mehr werden. Wer<br />
über das eigene Gewerbe schreibt, muss sich mitunter<br />
anhören, dass er nirgendwo mehr genommen<br />
wird.“ Zusammenfassend lässt sich e<strong>in</strong>e nicht bloß<br />
grundsätzliche, son<strong>der</strong>n vehemente Bejahung <strong>der</strong><br />
dr<strong>in</strong>genden Notwendigkeit medienjournalistischer<br />
Selbstkontrolle seitens <strong>der</strong> Hauptstadtjournalisten<br />
(und im Übrigen auch seitens <strong>der</strong> Pressesprecher)<br />
feststellen. Gleichwohl hat ke<strong>in</strong> E<strong>in</strong>ziger <strong>der</strong> Befragten<br />
e<strong>in</strong>e Vorstellung von e<strong>in</strong>em effektiven Kontrollmechanismus<br />
über die aus wirtschaftlichen Erwägungen<br />
sanktionierte mediale Selbstbeobachtung<br />
h<strong>in</strong>aus. Der hehre Vorsatz <strong>der</strong> kritischen Selbstkontrolle<br />
kann aber offenbar nur selten e<strong>in</strong>gelöst werden,<br />
da die normativen Zwänge des journalistischen<br />
Alltags und des politischen Geschäfts das Gros <strong>der</strong><br />
Ressourcen b<strong>in</strong>den.<br />
4.1.5. Selbstverständnis: Zusammenfassende<br />
Thesen<br />
� Obwohl sich die Lebensläufe fast aller Befragten<br />
ganz wesentlich unterscheiden und ihre Wege <strong>in</strong><br />
die Politikberichterstattung bzw. <strong>in</strong> die Politik alles<br />
an<strong>der</strong>e als homogen verliefen, verb<strong>in</strong>det sie<br />
nicht nur das allgeme<strong>in</strong>e Interesse an politischen<br />
Vorgängen und Entscheidungsprozessen, son<strong>der</strong>n<br />
auch die une<strong>in</strong>geschränkte Leidenschaft für<br />
den <strong>Journalismus</strong> und die Medienbranche<br />
schlechth<strong>in</strong>; das gilt sogar für diejenigen Befragten,<br />
die heute dem Beruf des Pressesprechers,<br />
des Lobbyisten o<strong>der</strong> des Medienberaters nachgehen.<br />
� Umso erstaunlicher ist das unterschiedliche<br />
Selbstverständnis, vor allem das <strong>der</strong> Journalisten:<br />
Neben den Chronisten und den Dienstleistern<br />
<strong>der</strong> Öffentlichkeit gibt es solche, die sich<br />
eher als „Vierte Gewalt“ sehen und den politischen<br />
Machtapparat kontrollieren wollen.<br />
� Idealistische Ziele von <strong>in</strong>vestigativer <strong>Recherche</strong><br />
und wehrhafter Unabhängigkeit mussten laut<br />
Aussage <strong>der</strong> Befragten im Berl<strong>in</strong>er Medienalltag<br />
jedoch weitgehend aufgegeben o<strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest<br />
adjustiert werden. Vor allem Kurzatmigkeit und<br />
Zeitmangel im journalistischen Berufsalltag<br />
durchkreuzen allenthalben den hehren Anspruch<br />
sorgfältiger und reflektierter Politikberichterstattung.<br />
� In <strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>er Medienbranche hat sich zudem<br />
e<strong>in</strong>e Zweiklassengesellschaft herausgebildet: E<strong>in</strong>e<br />
ger<strong>in</strong>ge Zahl von „Alpha-Journalisten“ und<br />
„Wichtigtuern“ verfügt über e<strong>in</strong>e weitreichende<br />
Me<strong>in</strong>ungsmacht und nimmt <strong>in</strong> Kommentaren und<br />
Leitartikeln <strong>in</strong>direkt E<strong>in</strong>fluss auf das politische<br />
Tagesgeschehen; die überwiegende Mehrheit<br />
<strong>der</strong> befragten Hauptstadtjournalisten versteht<br />
sich dagegen als „Medienbrötler“, die sich mit<br />
<strong>der</strong> Kärrnerarbeit des parlamentarischen <strong>Journalismus</strong><br />
zu befassen hat und ihr Selbstwertgefühl<br />
aus <strong>der</strong> pflichtbewussten Erfüllung ihrer Chronistenrolle<br />
speisen.<br />
� Unter dem ökonomischen und zeitlichen Druck<br />
leidet die Selbstbeobachtung <strong>der</strong> Politikjournalisten<br />
immens. E<strong>in</strong>e <strong>in</strong>stitutionalisierte Medienkritik<br />
mit konkreten Sanktionsmöglichkeiten wird zwar<br />
aus Sicht <strong>der</strong> Befragten we<strong>der</strong> befürwortet noch<br />
für möglich gehalten. Allerd<strong>in</strong>gs erweist sich<br />
auch das alternative Korrektiv, <strong>der</strong> Medienjournalismus,<br />
häufig als <strong>in</strong>effektiv und zahnlos – wor<strong>in</strong><br />
auch e<strong>in</strong>e Ursache für die ger<strong>in</strong>ge Akzeptanz<br />
<strong>der</strong> Medienberichterstattung gesehen wird.<br />
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