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Inklusion durch Partizipation: Ein Beitrag von ... - BBE

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Abschlusstalk | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> – ein <strong>Beitrag</strong> <strong>von</strong> MigrantenorganisationenDaniel Volkert:Ich bin Daniel Volkert vom Max-Planck-Institut zur Erforschung multireligiöserund multiethnischer Gesellschaften.Ich bin wissenschaftlicherMitarbeiter und habe im letztenJahr mit Prof. Dr. Karen Schönwälderals Forschungsgruppenleiterinund Cihan Sinanoglu in Zusammenarbeitmit der Heinrich-Böll Stiftungdie Studie „Vielfalt sucht Rat“veröffentlicht. Wir haben hierbeialle Großstädte in Deutschlanduntersucht. Hierbei wollten wiruntersuchen, wie hoch die Repräsentation<strong>von</strong> Ratsmitgliedern mitMigrationshintergrund ist. Dieseist deutlich unter<strong>durch</strong>schnittlich,jedoch kann erwähnt werden, dassein leichter Aufwärtstrend zu verzeichnenist.Bei der bereits geführten Diskussionwurde besprochen, dass 15 Prozentder <strong>von</strong> uns befragten Ratsmitgliedermit Migrationshintergrundnicht die deutsche Staatsbürgerschafthaben. Dies bedeutet, dasssie aus einem EU-Staat kommen undsich politisch engagieren.Des Weiteren sollte das Themader sozialen Benachteiligung nichtaus dem Auge verloren werden,besonders im Zusammenhang mitparteipolitischer <strong>Partizipation</strong>. DieErgebnisse zeigen, dass 66 Prozentder Ratsmitglieder mit Migrationshintergrundeinen Hochschulabschlusshaben. Zudem gehören 55Prozent zu den Bildungsaufsteigern.Dies bedeutet, dass deren Elternnoch über kein Abitur verfügthaben. Nichtsdestotrotz haben wireine starke Unterrepräsentanz undwissen alle, dass Menschen mit Migrationshintergrundüberproportionalbenachteiligt sind. MeinerMeinung nach sollten Parteien generellüberlegen, wie sie Mitgliedergewinnen können, die auch anderenSchichten zugehörig sind. Diesist ein generelles Problem <strong>von</strong> Parteien,dass die soziale Heterogenitätnicht abgebildet wird.<strong>Ein</strong>e weitere These verbirgt sichhinter dem Thema der strukturellenDiskriminierung. Dies wurdein unserer Studie zwar nicht systematischuntersucht, aber dennochkonnten wir <strong>durch</strong> BefragungenBeispiele für negative Erfahrungendeutlich machen. 65 Prozent derbefragten Ratsmitglieder habengesagt, dass sie in ihrer Tätigkeitbereits negative Erfahrungen inBezug auf ihren Hintergrund gemachthaben, wobei man erwähnenmuss, dass die meisten sich alsRatsmitglieder akzeptiert fühlen.In den <strong>durch</strong>geführten Interviewswurde aber auch deutlich, dass esschwierig ist, offen über Diskriminierungzu reden und zu sagen „Ichbin diskriminiert worden.“ Manbekommt aber unterschwellig heraus,dass Diskriminierungsstrukturenbestehen.<strong>Ein</strong> weiterer Punkt ist die mangelndeOffenheit <strong>von</strong> politischen Organisationengegenüber Menschenmit Migrationshintergrund. Über50 Prozent der Befragten gaben an,dass die Parteien in diesem Bereichmehr tun müssen und sich mehröffnen müssen, so dass Migrant_innen voll akzeptiert werden. Diessei besonders der Fall in den Ortsvereinendefizitär ist. In diesemZusammenhang ist auch in denBefragungen eine Quote sehr umstritten.Dies bedeutet, dass manchedafür sind und sagen, dass sienatürlich auch mehr Quereinsteigerbrauchen. Manche sind aberauch skeptisch, indem sie deutlichmachen, dass sie keine Sonderrollebenötigen.Volker Roßocha:Ich komme vom DGB Bundesvorstandim Deutschen Gewerkschaftsbundund bin dort zuständigfür die Themenbereiche Migrationund Antirassismuspolitik. MeinBlickwinkel geht weniger in Richtungder Parteien und stärker inRichtung der Arbeitswelt und derenBedingungen vor Ort.Mein <strong>Ein</strong>druck ist, dass wir unserenBlickwinkel auch bei den Fragen<strong>von</strong> <strong>Inklusion</strong> und gleichberechtigterTeilhabe erweitern müssen,über die Gruppen hinaus, die sichtraditionell in der Bundesrepublikaufhalten und bereits in Migrant_innenorganisationen tätig sindund den Blick hinwenden zu denjenigenPersonen, die relativ kurz,ohne sicheren Aufenthaltsstatus,temporär, beispielsweise als Wanderarbeiter,in die Bundesrepublikkommen, aber sich nicht auf Dauerniederlassen wollen. Ebenso müssenwir unseren Blick erweitern aufdie Großmutter, die sechs Monateim Jahr in Izmir und sechs Monateim Jahr in Dortmund lebt, die auchein Recht darauf hat, in Deutschlandgleichberechtigt zu leben.Wir haben derzeit ca. 90.000 Menschenin Deutschland, die über eineDuldung verfügen. Da<strong>von</strong> sind ca.36.000 bis 37.000 unter-25-Jährige.Wir wissen alle, was es bedeutet,wenn jemand in diesem Land nurgeduldet ist: für das Arbeitsleben,für den Schulbesuch, für das Engagement,für die Überschreitung<strong>von</strong> Bundeslandgrenzen. Dies istein Hindernis für <strong>Partizipation</strong> undgleichberechtigte Teilhabe. In denletzten Wochen ging <strong>durch</strong> dieMedien, dass die BundesrepublikDeutschland bezüglich des KindergeldesProbleme macht. Hierbeibesteht eine Form der strukturellenDiskriminierung. Die Absicht, <strong>durch</strong>einen aktivierenden Sozialstaatund <strong>durch</strong> eine Liberalisierung desArbeitsmarktes mehr Menschenin Beschäftigung zu bringen, hatnicht funktioniert, denn wir sehenheute, dass Menschen mit Migrationshintergrundüberproportionalhäufig bei Leiharbeitsfirmen undunter schlechten Arbeitsbedingungentätig sind. Dies hat damit zutun, dass die Rahmenbedingungenin der Bundesrepublik Deutschlandfür <strong>Inklusion</strong>, <strong>Partizipation</strong> und fürgleichberechtigte Teilhabe nichtstimmen. Aus meiner Sicht ist der62 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>

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