BertelsmannStiftung - Synergy Consult
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Die Fallstudie | Kulturelle Integration<br />
42 |<br />
Ein weiteres Kommunikationsinstrument wurde<br />
mit lunch & talk eingeführt. Bei dieser Kommunikationsform<br />
traf sich ein Vorstandsmitglied<br />
mit einer Gruppe von bis zu 15 Mitarbeitern zu<br />
einem gemeinsamen Mittagessen, bei dem die<br />
Mitarbeiter ohne irgendwelche Einschränkungen<br />
Fragen an ihn stellen konnten. Dieses Verfahren<br />
wurde von allen Vorstandsmitgliedern – teilweise<br />
auch in parallelen Terminen – durchgeführt,<br />
solange Gesprächsbedarf im Unternehmen<br />
bestand. Zum Mittagessen servierten die Top-<br />
Manager dabei belegte Brötchen, sodass das<br />
Mittagessen und Fragen des richtigen Benehmens<br />
nicht in den Vordergrund traten und eine<br />
eher informelle Atmosphäre entstehen konnte.<br />
In dieser intimen Stimmung entstand schnell<br />
ein sehr persönlicher Kontakt zwischen Top-<br />
Management und Mitarbeitern, sodass einerseits<br />
drängende Fragen zur Integration offen gestellt<br />
werden konnten und andererseits eine aufrichtige<br />
Rückmeldung an die Top-Manager zum<br />
bisherigen Integrationsprozess erfolgen konnte.<br />
In den Veranstaltungen mit jeweils circa<br />
90 Minuten Dauer kamen beispielsweise folgende<br />
Fragen zur Sprache: 52<br />
— Wie werden Trainingsmaßnahmen und<br />
Weiterbildungsmöglichkeiten im neuen<br />
Unternehmen aussehen? Welche Chancen<br />
hat man als deutscher Mitarbeiter in der BP?<br />
— Was bedeutet best of both konkret?<br />
Wird die Veba Oel in der BP „untergehen“?<br />
(Diese Angst wurde von Veba-Oel- und Aral-<br />
Mitarbeitern geäußert.)<br />
— Wie funktioniert die BP? Wie muss ich mich<br />
bei der BP verhalten?<br />
— Wie sehen die weiteren Umzugspläne aus?<br />
Welche Abteilungen werden in welchen<br />
Städten arbeiten? Welche Unterstützung<br />
gibt es bei den Umzügen?<br />
— Wie sieht die weitere Vorgehensweise für<br />
die Mitarbeiter in den Joint Ventures der BP<br />
(z. B. in den Raffinerien, die zusammen mit<br />
der venezolanischen PdVSA betrieben<br />
werden) aus in Bezug auf die weitere Einbindung<br />
in die Integration?<br />
— Wie läuft der Integrationsprozess?<br />
Was machen die einzelnen Integrationsteams?<br />
— Werde ich auf Dauer einen Arbeitsplatz<br />
haben? Bei welchem Unternehmen werde ich<br />
in Zukunft arbeiten? Wie hoch wird mein<br />
Gehalt sein?<br />
Die Teilnahme an den lunch & talks war freiwillig;<br />
es war nur eine formlose Anmeldung der<br />
interessierten Mitarbeiter erforderlich. Es wurden<br />
allerdings getrennte Veranstaltungen für<br />
Mitarbeiter und für Führungskräfte organisiert.<br />
Für die Vorstände brachte lunch & talks viele<br />
Rückmeldungen und wichtige Einsichten in das<br />
Stimmungsbild „vor Ort“. Als Vorteile zu verbuchen<br />
sind die große visibility des Top-Managements<br />
sowie das Schaffen von Bewusstsein über<br />
die aktuelle Geschäftssituation bei den beteiligten<br />
Mitarbeitern. Die Wirkung eines solchen<br />
Kommunikationsinstrumentes ist allerdings zu<br />
einem hohen Prozentsatz abhängig von der<br />
Persönlichkeit der durchführenden Führungskraft,<br />
da ungewohnte Situationen auf sie zukommen<br />
mit einer hohen psychischen Belastung<br />
(das „Servieren“ der Brötchen, die Nähe der Mitarbeiter<br />
sowie deren spontan formulierte Fragen).<br />
Darüber hinaus war diese Form der direkten<br />
Kommunikation auch sehr aufwendig, sowohl in<br />
der Organisation der Termine für unterschiedliche<br />
Standorte als auch für die Führungskräfte.<br />
Der Tagesablauf des Top-Managements änderte<br />
sich in dieser Zeit des Umbruchs deutlich:<br />
Zunehmend wurde er geprägt durch persönliche<br />
Gespräche.<br />
52 Zusammengefasst nach Deutsche BP AG (2002 und<br />
2003) - strong2gether. Zeitschrift für die Mitarbeiter der<br />
BP-Gruppe in Deutschland, Veba Oel, Aral, Veba Oil<br />
Refining & Petrochemicals und Veba Oil & Gas.<br />
Gelsenkirchen. 3/2002, S. 8 f. und 1/2003, S. 10 f.