BertelsmannStiftung - Synergy Consult
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Lessons learned | Anmerkungen des Autors<br />
62 |<br />
Abschließende Anmerkungen des Autors<br />
Was fällt besonders auf bei einem distanzierten<br />
Blick auf den von der BP gewählten und hier<br />
dargestellten Integrationsansatz? Zum einen ist<br />
es die Komplexität der Ausgangslage und der zu<br />
bewältigenden Aufgaben. Das in Bezug auf Mitarbeiterzahl,<br />
Umsatz und Marktanteil kleinere<br />
Unternehmen hatte ein größeres Unternehmen<br />
gekauft. Wer würde also wen integrieren, d. h.<br />
eingliedern oder einbinden? Das übernehmende<br />
Unternehmen war zudem Teil eines sehr großen,<br />
international aufgestellten Unternehmens mit<br />
starker angelsächsischer Ausprägung; das andere<br />
Unternehmen hatte die meisten Mitarbeiter in<br />
Deutschland und war eher national ausgerichtet.<br />
Neben traditionellen Integrationsthemen kamen<br />
hier also noch zusätzlich Themen unterschiedlicher<br />
Managementphilosophien und -verfahren<br />
sowie kulturelle Verschiedenheiten hinzu.<br />
Zudem handelte es sich um Mitarbeiter aus zwei<br />
Unternehmen, die vor kurzem noch als Konkurrenten<br />
agierten. Deshalb war auf den ersten<br />
Blick auch nicht ersichtlich, ob es sich in diesem<br />
Fall um einen merger oder eine Akquisition handelte.<br />
Aus der Perspektive der britischen<br />
Muttergesellschaft war es eindeutig eine, wenn<br />
auch sehr große, Akquisition, bei der allerdings<br />
das zugekaufte Unternehmen mit seinen Führungskräften<br />
und Mitarbeitern unbedingt „mit<br />
an Bord“ genommen werden sollte. Das machte<br />
die Sache für die Konzerntochter Deutsche BP<br />
schwierig und verlagerte den Schwerpunkt der<br />
Integration hin zu den Ansätzen eines merger<br />
of equals. Dies spiegelte sich in dem für eine<br />
Akquisition eher unüblichen Integrationsmotto<br />
best of both wider, das den Einbezug von<br />
Führungskräften und Mitarbeitern des übernommenen<br />
Unternehmens in die Gestaltung<br />
der Integration verdeutlichte.<br />
Differenziert wurde zudem das Thema der Unternehmenskultur<br />
betrachtet und angegangen. Nicht<br />
überall wurde die Notwendigkeit zu einer Vereinheitlichung<br />
der Unternehmenskulturen der beteiligten<br />
Firmen gesehen. So gab es zwar Themenbereiche<br />
mit einem für alle geltenden BP-„Dach“<br />
(beispielsweise mit einer einheitlichen reporting-<br />
Struktur, der weltweit einheitlichen Umsetzung<br />
von HSSE oder dem code of conduct), es gab aber<br />
auch eine eigene Unternehmenskultur der<br />
„neuen“ deutschen BP (nach dem beschriebenen<br />
Motto: best of both) mit Subkulturen von Aral,<br />
Castrol oder den Raffineriebetrieben, ohne dass<br />
dies zu Irritationen geführt hätte.<br />
Auffällig ist weiterhin der vielfältige Einsatz<br />
neuer Methoden bei der kulturellen Integration.<br />
So wählen viele Unternehmen oft eine klassische<br />
Informationsschiene zur Verkündung von neuen<br />
Strategien mit Vorträgen von Top-Managern,<br />
optisch unterstützt von PowerPoint-Folien, bei<br />
denen aber wenig Interaktion mit den Teilnehmern<br />
entsteht. Die Deutsche BP hingegen wählte<br />
lebendigere Arten der Information (z. B. das<br />
Printmedium strong2gether mit den Interviews<br />
der Vorstände durch Mitarbeiter und nicht durch<br />
ein Redaktionsteam) und – besonders hervorzuheben<br />
– neue Arten des Dialogs des Top-Managements<br />
mit Führungskräften wie Mitarbeitern,<br />
die die Teilnehmer aktiv in die Gestaltung der<br />
events und damit der Integration einbezog (z. B.<br />
townhall-meetings, lunch & talk, open space,<br />
Informationsmärkte, Einsatz von Theatergruppen).<br />
Diese Wahl macht allerdings nur dann Sinn,<br />
wenn das Top-Management in diesen Methoden<br />
nicht nur Garnierung oder Verpackung einer<br />
Botschaft sieht, sondern wenn diese Methoden<br />
Teil der Botschaft sind und das Management es<br />
ernst meint mit dem Angebot an die Mitarbeiter,<br />
gemeinsam etwas Neues zu schaffen. Die Mitarbeiter<br />
ihrerseits entdecken schnell, ob dies nur<br />
Kosmetik ist oder ein Angebot, das Freiräume<br />
aufmacht und Beteiligung ermöglicht, aber auch<br />
die Übernahme von Verantwortung einfordert.<br />
Die Deutsche BP wählte im hier beschriebenen<br />
Beispiel einen Ansatz, bei dem sie Elemente<br />
einer top-down-Veränderung mit Vorgaben<br />
bezüglich von Zielen mischte mit einem bottomup-Ansatz,<br />
bei dem die Mitarbeiter einen<br />
Handlungsspielraum hatten bei der Wahl von<br />
Methoden zur Erreichung dieser Ziele.