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1933 Das neue Jahr hat vor wenigen Wochen angefangen. Es ist ...

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<strong>1933</strong>der Anwalt für die politischen Leiter äußern. 98 Raimund Pretzel erlebt erdie Szene an diesem Samstag jedenfalls als wüst, und <strong>ist</strong> entsetzt, dassso viele Leute gaffen und nicht eingreifen.Da schlägt direkt neben ihm ein Blitz ein und eine gewaltige Stimme ruftaus dem Off: „Schäme dich deiner Gedanken! Auch du stehst nur herumund machst nichts, Pretzel!“ Später geht Raimund Pretzel nach Englandund legt sich auf der Insel den Namen Sebastian Haffner* zu.Baronesse Maimi Celina von Mirbach geht nicht weg. Die 33 <strong>Jahr</strong>e jungeFrau wohnt in Potsdam. Sie hört das Gegröle „Juda verrecke“ der SA inihrer Stadt. Jetzt findet sie in der Potsdamer Zeitung einen Leserbrief,den sie kürzlich geschrieben <strong>hat</strong>. Darin nennt sie das Hissen von Hakenkreuzfahnenan jüdischen Kaufhäusern einen Terrorakt. 99 Nicht übel fürden Anfang. <strong>Das</strong>s das abgedruckt wird, kann niemanden erstaunen, sinddoch viele Journal<strong>ist</strong>en 100 kritisch eingestellt gegen die Männer von der„braunen Fakultät“ 101 , wie Franz Josef Strauß diese Truppenteile nennt.<strong>Es</strong> dauert auch nicht besonders lange, bis so was nicht mehr so einfachin eine Zeitung reinkommt. <strong>Es</strong> <strong>ist</strong> andererseits aber auch kein Zufall,dass Celina von Mirbach ernst nimmt, was sich im Lande tut. Sie gehörtzu den <strong>wenigen</strong> Leseratten, die das Buch Mein Kampf von Adolf Hitlerschon 1928 gelesen <strong>hat</strong>ten. Wer liest schon derartige politische Pamphleteoder auch nur Parteiprogramme? Man liest doch höchstens, wasin der Zeitung steht. Wenn man überhaupt irgendeine Zeitung mit Inhaltliest. Anzumerken bleibt, dass sich auch Baronesse von Mirbachnicht <strong>vor</strong> ein Schaufenster eines Juden stellt und die fliegenden Steineauffängt. Sie versucht es mit klaren Worten in einem Leserbrief.Zu spät reift bei anderen wie dem chr<strong>ist</strong>lichen Pfarrer Martin Niemöllerdie Erkenntnis, dass sie auch unter diesen Bürgerkriegsverhältnissen dieRechte der anderen hätten verteidigen müssen, als sie selbst noch nichtbetroffen waren. Nach der Entlassung aus einem Konzentrationslagerwird er dann 1945 sagen: „Als die Nazis die Kommun<strong>ist</strong>en holten, habe98 Der Nürnberger Prozess I, S. 516f.99 Herbert Straeten, Andere Deutsche unter Hitler. Zeitberichte über Retter <strong>vor</strong> demHolocaust, S. 104100Marion Gräfin Dönhoff, Menschen, die wissen, worum es geht, S. 25101Strauß, S. 3834

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