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1933 Das neue Jahr hat vor wenigen Wochen angefangen. Es ist ...

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<strong>1933</strong>Der 1. Mai <strong>ist</strong> traditionell der große Kampftag der Arbeiter. Dieses <strong>Jahr</strong>wird er besonders feierlich, denn diesmal spricht nicht irgendwer von soeiner Gewerkschaft sondern der Kanzler des Reiches persönlich. Allesströmt zum Tempelhofer Feld in Berlin. Wahrscheinlich kommen Leuteaus dem ganzen Berliner Umland, denn in der Stadt <strong>ist</strong> man bekanntlichnicht so von ihm angetan. In den noblen Gegenden am Grunewald blicktman auf den Volksredner herab und in den Arbeiterbezirken wählteman die SPD oder die KPD. Vor über einer Million Teilnehmern erklärtder Kanzler den Tag zum „Feiertag der nationalen Arbeit“. 120 Gab es daswirklich schon einmal, dass ein Kanzler zum 1. Mai sprach? Er <strong>hat</strong> demPublikum auch eine ganz besondere Überraschung mitgebracht. Derjunge Kanzler glänzt mit einem Autobahnprogramm für Deutschland.Den Deutschen wird ein Volkswagen in Aussicht gestellt, wenn sie jedenMonat 5 Mark auf die hohe Kante legen. <strong>Es</strong> dürfen gern auch mehr sein.Nach drei <strong>Jahr</strong>en <strong>hat</strong> man dann mindestens ein Sparguthaben von 780Reichsmark. Dann wird man den Wagen bekommen, der eigentlich 990Mark kosten soll. Den Wagen gibt es zwar noch nicht, aber Vorfreude <strong>ist</strong>immer noch die schönste Freude. So wird man bei den kleinen Leutenganz schnell der Größte. Bis 1939 werden 336.668 Sparer 236 MillionenMark eingezahlt haben. Da keiner von ihnen ein Hellseher <strong>ist</strong>, wissen sieauf dem Tempelhofer Feld natürlich nicht, dass kaum einer von ihnen soein Auto kaufen wird, weil das VW-Werk bei strenger Geheimhaltungfast ausschließlich Militärfahrzeuge herstellen wird. 121Nur zehn Tage danach findet eine weitere feierliche Großveranstaltungstatt und große Feuer lodern in den deutschen Universitätsstädten, dort,wo Schiller, Goethe und wer sonst noch denken konnte, <strong>vor</strong> Studenteneinst sein Wissen ausgebreitet <strong>hat</strong>te. In Berlin findet die Veranstaltunggegenüber der Wilhelms-Universität und neben der Bibliothek statt. <strong>Das</strong><strong>ist</strong> praktisch, denn man will ja die falschen Bücher auf einem loderndenScheiterhaufen verbrennen. Theodor Heuss <strong>ist</strong> nun weniger überrascht,dass seine Broschüre Hitlers Weg aus dem Vorjahr genannt und in dieFlammen geworfen wird, als darüber, dass bei dieser feierlichen Bücherverbrennungauch gleich alles andere falsch gewesen sein soll, was er inseinem bisherigen Leben gelesen <strong>hat</strong>. Er kann sich auch nicht <strong>vor</strong>stellen,dass die uniform gekleideten Männer, die jetzt einen Bücherstapel nach120<strong>Das</strong> Dritte Reich I, S. 106121Ecke, S. 5342

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