<strong>1933</strong>Eine Vorstellung von den Umständen des <strong>Jahr</strong>es <strong>1933</strong> vermitteln auchdiese Überlegungen von Gisevius: „Mein Kampf um Nebe war hart undentschlossen. Als erstes wich ich ihm nicht aus, sondern umgekehrt, ichhängte mich so fest an ihn, bis er mich einfach nicht mehr los wurde.Auf diese vielleicht etwas taktlos erscheinende Weise sorgte ich dafür,dass die menschliche Bindung mit der Zeit stärker wurde als jede politischeÜberlegung. Und da es der Zufall wollte, dass unsere Wohnungennahe beieinander lagen, zwang ich mich dem Gutmütigen noch insoweitauf, als er mich morgens und abends mit seinem Polizeiauto mitnahm.<strong>Das</strong> war wichtiger, als es heute scheinen möchte. Autos sind im DrittenReich oft meine Schutzengel gewesen. Die einzige Me<strong>ist</strong>erschaft, die ichim vergangenen <strong>Jahr</strong>tausend entwickelt habe, war die Organisierungvon Autos, wobei es mehrfach <strong>vor</strong>gekommen sein soll, dass auf Grundmeines planmäßigen Übereifers zwei, ja drei <strong>vor</strong> meiner Haustür warteten.Ich bin fest überzeugt, dass dieser Trick mir einige Mal das Lebengerettet <strong>hat</strong>. Wenn beispielsweise zu besonders heiklen Zeitpunktennacheinander die Dienstwagen des Berliner Polizeipräsidenten, einesMin<strong>ist</strong>ers, des Reichsbankpräsidenten oder irgendeines hohen Offiziersoder in jenen Anfängen <strong>1933</strong> ein Wagen der Gestapo bei mir <strong>vor</strong>fuhren,so <strong>hat</strong>te ich eine Zeit lang die Spitzel von der nächsten Straßeneckemundtot gemacht. Nach ihrer primitiven Erkenntnisgabe konnte einMensch, der auf so bedeutungsvollem Räderwerk daher rollte, unmöglichein Staatsfeind sein, soviel auch sein sonstiges Gehaben zu schwerwiegendenBedenken Anlass geben mochte. Aber noch in einer andernWeise begann ich um und mit Nebe zu kämpfen. Ich sagte ihm alle jeneDinge auf den Kopf zu, von denen ich fühlte, dass er sich täglich innerlichmit ihnen abquälte. Nebe war viel zu verschlossen, als dass er miteinem Fremden über seine Zweifel gesprochen hätte, ob es mit dieser<strong>neue</strong>n gestap<strong>ist</strong>ischen Praxis nicht ein böses Ende nehmen müsse. Nochschwankte er. Noch hoffte er. Noch weigerte er sich, an das zu glauben,was ihm sein Verstand und sein Rechtsempfinden eingaben.“ 144Beim Lesen manch eines Textes drängt sich die Frage auf, warum Hans-Bernd zum Beispiel bei seinem Auftreten nicht ein Konzentrationslagervon innen kennen lernen musste. Seine Erklärung <strong>ist</strong> so ermutigend wiebanal: „Wenn ich diese Bemerkung einflechten darf, so gab es übrigensall die <strong>Jahr</strong>e entsetzte Zeitgenossen, die sich die Art meiner Meinungs-144Gisevius I, S. 60f.56
<strong>1933</strong>äußerung nicht anders zu erklären wussten, als dass ich ein bezahlterGestapospitzel sei. Demgegenüber möchte ich feststellen, dass unter gewissenUmständen nichts so sehr verblüffen kann wie eine unerwarteteOffenheit. Heydrich <strong>hat</strong>te mich beispielsweise so sehr in sein Gedächtniseingeschlossen, dass ich mir oftmals die Frage <strong>vor</strong>gelegt habe, warumdieser Mordbube nicht energischer und treffsicherer auf eine Abkürzungmeines Erdendaseins bedacht war. Vielleicht gelang es mir hier und da,seine freundlichen Absichten zu vereiteln. Aber die entscheidende Rolledürfte der Umstand gespielt haben, dass dieser schwarze Mann michaus dem Auge verlor, weil er – zu viel von mir wusste.“ 145Am 15. Juli <strong>hat</strong> Rom endlich Erfolg mit seinem Vorstoß für ein Quartettunter Einschluss Deutschlands. Und die Deutschen sind stolz auf ihrenFriedenskanzler. Na ja, auf jeden Fall staunen die Deutschen, wie AdolfHitler mit den Großen dieser Welt an einen Tisch kommt. Davon habendie Demokraten <strong>vor</strong> ihm in lauen Nächten mal geträumt. Deutschlandgehört wieder zu den Großmächten. Ein „Pakt des Einvernehmens undder Zusammenarbeit“ 146 wird von den Regierungsvertretern aus London,Rom, Paris und Berlin unterzeichnet. Und das in der ewigen Stadt Rom.<strong>Das</strong> bedeutet endgültig Frieden. Einvernehmen und Zusammenarbeit.Nur in Moskau verstärkt sich das Gefühl von Bedrohung, zumal sich derStaat durch Japan im Osten ebenfalls bedroht sieht. Der totale Krieg,der mit unfassbarer Grausamkeit und mit Massenvernichtungswaffen inChina geführt wird, bedroht auch asiatische Gebiete der Sowjetunion. 147Anders <strong>ist</strong> die Lage in Europa westlich des kommun<strong>ist</strong>ischen Landes. Invielen Hauptstädten kleinerer Länder wird dieses Übereinkommen derGroßen Vier begrüßt. So sieht man in Warschau beispielsweise diesemWandel in der deutschen Außenpolitik mit großer Hoffnung entgegen.Der Plan für einen Präventivkrieg gegen Deutschland tritt nunmehr inden Hintergrund. Die Neuorientierung weckt dort die Hoffnung, dassder gerade gewählte Kanzler Adolf Hitler in Berlin pragmatischer an dieAußenpolitik herangeht als seine antipolnischen Vorgänger.145Gisevius I, S. 61146Falin, S. 37147Ebd., S. 3757
- Seite 4 und 5:
1933Der Führer sagt: Jetzt kommt d
- Seite 7 und 8: 1933mit verschwindenden Ausnahmen b
- Seite 9 und 10: 1933tag über die politische Lage u
- Seite 11 und 12: 1933angegeben wurde. »Military spo
- Seite 13 und 14: 1933nüchternen Vergleich, so ist D
- Seite 15 und 16: 1933liest der siebzehnjährige Paul
- Seite 17 und 18: 1933Experten vom Amt suspendiert. E
- Seite 19 und 20: 1933Möglichkeit gibt, den öffentl
- Seite 21 und 22: 1933Von nutzbringender und obendrei
- Seite 23 und 24: 1933Revolution vor fünfzehn Jahren
- Seite 25 und 26: 1933treibt die Aufräumaktion auch
- Seite 27 und 28: 1933er, den Frieden zu erhalten und
- Seite 29 und 30: 1933Präsident des Reichsverbandes
- Seite 31 und 32: 1933uns von den Ketten des 1. Buche
- Seite 33 und 34: 1933Einer anderer, der diesen Tag a
- Seite 35 und 36: 1933ich geschwiegen; ich war ja kei
- Seite 37 und 38: 1933Dass es diesen Straßenjungs ga
- Seite 39 und 40: 1933Dabei ist wichtig, dass das auc
- Seite 41 und 42: 1933wittert auch hier Morgenluft. O
- Seite 43 und 44: 1933dem anderen nehmen und in die G
- Seite 45 und 46: geht im Saft die deutsche Frau,droh
- Seite 47 und 48: 1933Monaten ist die Partei in sich
- Seite 49 und 50: 1933auch bei ihnen geklärt, was in
- Seite 51 und 52: 1933men in ein reich besticktes Par
- Seite 53 und 54: 1933Winterhilfe. Schlaue, Kluge und
- Seite 55: 1933Der junge Mann findet in dem ä
- Seite 59 und 60: 1933Ablehnung in der Bevölkerung t
- Seite 61 und 62: 1933rer Hotelhalle saß und dabei z
- Seite 63 und 64: 1933und verbindlichen Gestalt vor i
- Seite 65 und 66: 1933Aussage im Fluss. Der Zuchthäu
- Seite 67 und 68: 1933die noch ausstand. Aber plötzl
- Seite 69 und 70: 1933letzte Fanfare. Statt dessen bi
- Seite 71 und 72: 1933tigen Asyl, seine Bekanntschaft
- Seite 73 und 74: 1933le zu schreiben. O nein, jetzt
- Seite 75 und 76: 1933Dort, wo die Gelegenheit günst
- Seite 77 und 78: 1933an. Es dauerte aber nur ein paa
- Seite 79 und 80: 1933Auslese der Kolonne überwacht.
- Seite 81 und 82: 1933Zaungast des Weltgeschehens. Na
- Seite 83 und 84: 1933Während Dr. Gisevius auf den L
- Seite 85 und 86: 1933Der Herbst ist voller Überrasc
- Seite 87 und 88: 1933Leute nicht sicher, wie viel Re
- Seite 89 und 90: 1933löst bleibe.“ 206 Der jugend
- Seite 91: 1933bürger sich im ersten Revoluti