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1933 Das neue Jahr hat vor wenigen Wochen angefangen. Es ist ...

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<strong>1933</strong>Leute nicht sicher, wie viel Reichskanzler Hitler von den Zuständen imLand weiß. Vielleicht glaubt der Kanzler ja, Kundgebungen wie eine am13. November im Berliner Sportpalast widerspiegelten die Meinungender me<strong>ist</strong>en Chr<strong>ist</strong>en in der evangelischen Kirche. So setzt sich GustavHeinemann* am 29. November aufgewühlt an seinen Schreibtisch undrichtet einen scharfen Brief an ihn: „Sehr verehrter Herr Reichskanzler!Wieder einmal versucht die »Glaubensbewegung Deutscher Chr<strong>ist</strong>en«,hohe Regierungsstellen durch falsche Berichte über den wahren Zustandder evangelischen Kirche irrezuführen (vgl. heutige Telegramme über<strong>Es</strong>sener Vorgänge).“ 198 Sicher brodelt es überall im Reich, aber in <strong>Es</strong>senkennt er sich aus, da <strong>ist</strong> er seit <strong>Jahr</strong>en zu Hause, da <strong>ist</strong> er Justiziar undProkur<strong>ist</strong> bei den Rheinischen Stahlwerken sowie Kirchen<strong>vor</strong>steher derEvangelischen Gemeinde <strong>Es</strong>sen-Altstadt. In seinem Brief nimmt er auchStellung zu den jüngsten Einlassungen von Studienrat Dr. Krause imBerliner Sportpalast, der dort zum Aufbau einer Volkskirche aufrief,wozu erst einmal die „Befreiung von allem Undeutschen im Gottesdienstund im Bekenntnismäßigen“ 199 gehört. Weiter sagte er: „Die Juden sindnicht Gottes Volk. Wenn wir Nationalsozial<strong>ist</strong>en uns schämen, eine Krawattevom Juden zu kaufen, dann müssten wir uns erst recht schämen,irgendetwas, das zu unserer Seele spricht, das innerste Religiöse vomJuden anzunehmen. Hierher gehört auch, dass unsere Kirche keineMenschen judenblütiger Art mehr in ihre Reihen aufnehmen darf.“ 200In seinem Brief an den Reichskanzler setzt sich Dr. Heinemann damitauseinander: „Die ungeheuerlichen Angriffe des Berliner GauobmannesDr. Krause auf die Grundlagen des Chr<strong>ist</strong>entums und der evangelischenKirche haben eine gewaltige Erregung in den hiesigen Gemeinden her<strong>vor</strong>gerufen.Diese Erregung steigert sich täglich, nicht zuletzt deshalb,weil eine plötzlich eintretende Nachrichtensperre für die hiesige Presseden Gerüchten Tür und Tor öffnet.“ 201 Obwohl Gustav schon 34 <strong>Jahr</strong>e alt<strong>ist</strong>, oder vielleicht gerade weil er erst 34 <strong>ist</strong>, <strong>hat</strong> er den Drang, seinemKanzler die Wahrheit über die Stimmung in seinem Reich zu vermitteln;wie soll es der Kanzler in Berlin sonst auch erfahren, wenn es ihm keinersagt? „17 Pfarrer des Kirchenkreises <strong>Es</strong>sen haben heute ihren Austritt198Werner Koch, Ein Chr<strong>ist</strong> lebt für morgen. Heinemann im Dritten Reich, S. 47199Koch, S. 46200Koch, S. 46201Ebd., S. 4787

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