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1933 Das neue Jahr hat vor wenigen Wochen angefangen. Es ist ...

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<strong>1933</strong>1947 bestätigen, dass sich antijüdische Gesinnungen und Handlungen inDeutschland gerade nicht der allgemeinen Zustimmung erfreuten. 105 DieLeute wissen nur zu gut, dass es sich nicht um Greuelmärchen handelt,wenn ausländische Medien berichten, wie in Deutschland mit den Judenumgegangen wird. Seit dem Frühjahr ge<strong>ist</strong>ern Sprüche wie dieser durchdas Land: Isaak trifft Cohn, dessen Kopf dick verbunden <strong>ist</strong>. Außerdemträgt er einen Arm in der Binde und er hinkt. „Nu, was <strong>ist</strong>, Cohn“, ruftIsaak entsetzt, „was <strong>hat</strong> man mit dir gemacht?“ „Pst!“ flüstert Cohn ausseinem Verband heraus. „Sei still! Ich bin ein Greuelmärchen!“ 106Wer sind auf der anderen Seite eigentlich diejenigen, die in gebügeltenbraunen Uniformen an diesem Samstag über jüdische Läden herfallen?Kennen sie einen der nur 520.000 Juden in Deutschland 107 persönlich?Vielleicht sind es nicht die Schwächlichsten und auch nicht die Klügsten.<strong>Es</strong> sind Straßenjungs mit rohen Manieren. Welche Rolle sollen pro- oderantijüdische Gedanken bei den Schlägern spielen? Wenn keine Bildung<strong>vor</strong>handen <strong>ist</strong>, <strong>hat</strong> es Ideologie schwer. Vielleicht haben diese Leute zuallem eine Meinung. Aber wen überrascht es, dass die, die am wenigstenim Kopf haben, zu allem ihren Senf geben wollen? <strong>Es</strong> muss doch nachdenklichmachen, wenn jemand, der nach der achten Klasse die Schulebeendet und mit seinen Kumpels bei einer Bierrunde von Kommun<strong>ist</strong>enlandet, auf einmal nach zweieinhalb <strong>Jahr</strong>en in die SA wechselt.Welche Ideologie soll der denn haben? Ihm geht es um ein gemeinsamesBier, um einen Radau, der Spaß macht, eine Schlägerei, Action. <strong>Es</strong> gehtdarum, Arbeit zu bekommen, damit man nicht bei den Eltern um Knetebetteln muss. Wer das bietet, <strong>ist</strong> ein Freund. Von den anderen <strong>hat</strong> manja nichts. Noch <strong>vor</strong> ein paar <strong>Wochen</strong> kam immer noch ein Schutzmann,wenn man sich auf der Straße gekloppt <strong>hat</strong>, und jetzt werden auf einmalganze Gruppen von Leuten für vogelfrei erklärt. Klasse! <strong>Es</strong> <strong>ist</strong> völlig egal,ob die Kommun<strong>ist</strong>en zum Abschuss freigegeben werden oder irgendweranders. Man darf mal die Sau rauslassen und keiner belangt einen dafür.Da wird nicht lange gefackelt; wer weiß, wie lange man das noch so darf.Und es <strong>ist</strong> ganz gewiss unwahrscheinlich, dass sich die Rassenideologenpersönlich an diesen Ausschreitungen beteiligen.105Rothfels, S. 36106Hirche, S. 35107Straeten, S. 1336

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