Rheinzeiten - Doppel.Design
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Griff sind auch aus der Düsseldorfer Grabung<br />
mehrfach belegt, zwei Messerchen stammen<br />
sogar aus dem Brunnenschacht von Haus 19: das<br />
eine Messer (Abb. 102) besitzt Griffplatten aus<br />
Hirschhorn und scheint an Heft und Klinge<br />
noch ankorrodierte Reste der Lederscheide<br />
bewahrt zu haben. Von dem zweiten Messer hat<br />
sich nur der zierliche Vollgriff aus Knochen<br />
erhalten, der durch rautenförmige Zierkerben<br />
und ein dreifach durchbohrtes, kleeblattartig gestaltetes<br />
Ende geschmückt ist. Vielleicht war hier<br />
ein Quast anzuhängen, mit dem man sich bei<br />
Tisch die Hand abwischen konnte. Die Messer<br />
dürften nach dem Fundzusammenhang in das<br />
ausgehende 16. Jahrhundert zu datieren sein.<br />
Der Löffel diente zum essen von Breien, Brühen<br />
und Suppen. Mit ihm nahm man sich aus den<br />
großen Servierschüsseln und bediente sich bei<br />
den aufgetragenen Speisen. Häufig war der<br />
Löffel aus Holz geschnitzt, besaß eine runde<br />
Laffe und einen kurzen Griff, der in einem<br />
verdickten oder umgebogenen Ende auslief und<br />
bei manchen Löffeln kunstvoll gestaltet sein<br />
konnte. Einfache, aus Holz geschnitzte Löffel<br />
waren billige Massenwaren, die bei Verlust oder<br />
Beschädigung leicht zu ersetzen waren – sicher<br />
ist dies der Grund für den Umstand, dass solche<br />
Löffel in historischen Haushalts aufzählungen<br />
und Inventaren zumeist keiner Erwähnung für<br />
wert befunden werden. Seltener, aber durchaus<br />
üblich waren Löffel aus Horn, später aus Zinn,<br />
wertvolle Exemplare waren auch in Silber ausgeführt.<br />
Seinen Löffel führte man, wie das Messer, stets<br />
mit sich: in einem Beutelchen am Leibgurt oder<br />
wie auf spätmittelalterlichen Darstellungen von<br />
Bauern zu sehen, gar an die Mütze oder den<br />
Hut gesteckt!<br />
Die Gabel war bei Tisch im ausgehenden Mittelalter<br />
und in der Renaissancezeit nur sehr selten<br />
in Gebrauch, und wenn, dann zunächst als<br />
extravagantes Accessoire von höchsten Adelsoder<br />
Klerikerkreisen. Entsprechend sind die<br />
erhaltenen Exemplare ausnahmslos prunkvoll<br />
verziert und aus kostbaren Materialien gearbeitet.<br />
Mit den zweizinkigen Gäbelchen aß man<br />
vorzüglich „süßes Geschlecks“, also klebrig honigsüße<br />
Nachspeisen und kan diertes Obst.<br />
In den Normalhaushalten war der Gebrauch von<br />
Speisegabeln freilich ganz und gar unüblich und<br />
wurde auch von der Kirche abgelehnt, da man in<br />
der Gabel ein „Instrument des Teufels“ sah – bekannt<br />
ist der Ausspruch Martin Luthers aus dem<br />
Jahre 1518 „... Gott bewahr mich vor Gäbel chen!“.<br />
Mit der Veränderung der Koch- und Ess ge -<br />
wohnheiten, besonders mit dem Zunehmen<br />
von heiß servierten Gemüsespeisen, kamen Ess -<br />
ga beln mit geraden oder gebogenen Zin ken im<br />
17. Jahrhundert jedoch zunehmend in Gebrauch.<br />
Abb. 102<br />
Ein Tischmesser<br />
aus dem nördlichen<br />
Brunnen der<br />
Krämerstraße 19,<br />
Schicht 240<br />
67<br />
3,00 cm