Rheinzeiten - Doppel.Design
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Abb. 120<br />
Austernschale.<br />
Grabungsfund<br />
Brunnen 1,<br />
Schicht 188<br />
Küchenrezepte & Diätetik<br />
Als Beispiele für die rheinische Küche des<br />
17.–18. Jahrhunderts können wir ein Rezept<br />
aus dem Kochbuch der Burg Namedy bei<br />
Andernach zitieren, die, um 1770 aufgezeichnet,<br />
altbewährte Rezepte wiedergibt (Abb. 122).<br />
Wüldentenpasteten<br />
Die Enten müßen sauber geropfft Kopff, Flügel<br />
und Füß abgeschnitten, dann gebäht (= abgebrüht)<br />
und gespickt und im Gewürtz (Salz, Pfeffer,<br />
Nelken) und in Essig so lang, als man wil 1 oder<br />
2 Tag eingebeizt. Auf den Boden des Taigs thut<br />
man Pfeffer, Negelen (= Nelken) Citronen und<br />
Capern, geröscht Brodt, Speck und gehackt auf die<br />
Enden wieder so, und wann es gebacken, Fleischbrühe<br />
darein gefüllt.<br />
Aus den jüngeren Einfüllschichten des Brunnens<br />
1 (Schichten 188, 161, 60 und 29) sind<br />
zwar keine Knochenreste erhalten, dagegen sind<br />
hier jeweils Schalen von Austern und Weinberg -<br />
schnecken geborgen worden, die belegen, dass<br />
man schon im 17. und 18. Jahrhundert diese<br />
kulinarischen Leckereien zu schätzen wusste.<br />
Wie auch heute, so war schon in der damaligen<br />
Zeit über Geschmack kaum zu streiten: es gab<br />
offensichtlich ausgesprochene Liebhaber dieser<br />
eher exotischen Genüsse, die gastronomisch<br />
konservativ eingestellten Zeitgenossen mögen –<br />
wie heute noch – solcherlei Spezialitäten reserviert<br />
gegenübergestanden haben.<br />
Zu den Weinbergschnecken bemerkt etwa<br />
Magister Elsholtz, ein namhafter Gelehrter, in<br />
seinem 1682 verfaßten „Diaeteticon“: „...in<br />
summa so wol die Schnecken als alle in diesem<br />
Capitel erzehlete Schalenfische (= Austern und<br />
Miesmuscheln)dienen zur Abwechslung und<br />
Wollust mehr, dan den Hunger damit zu stillen<br />
und können also zu solchem Brauch der<br />
Abwechslung wol beybehalten werden.“<br />
(Elsholtz S. 243)<br />
Auch die Zubereitung der Weinbergschnecke<br />
nach französischem Rezept schildert der<br />
Magister, kann sich jedoch eines einleitenden<br />
skeptischen Kommentars nicht enthalten:<br />
„... Ich vewundere mich, daß der Menschen<br />
Neulichkeit (= Neugier) sich so ferne strecket und<br />
solch einen verdorbenen Schmack zu suchen sich<br />
bemühet, umb nur seine Lust zu sättigen: da doch<br />
solche Schnecken,man mag sie zurichten wie man<br />
wil, von mir nicht können gerühmet werden.“<br />
(Elsholtz S. 409)<br />
Die geschilderte Rezeptur entspricht im Großen<br />
und Ganzen den heute noch üblichen Verfahren<br />
zur Zubereitung von Schnecken:<br />
Abb. 121<br />
Gehäuse einer<br />
Weinberg schnecke.<br />
Grabungsfund<br />
Brunnen 1, Schicht 161<br />
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