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Rheinzeiten - Doppel.Design

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Krämerstraße<br />

Abb. 103<br />

Weinbecher „Römer“,<br />

spätes 16. Jahrhundert<br />

2,50 cm<br />

Tischsitten<br />

„Wer chan mässichait nit hat weder an trinken,<br />

noch an speis der selb mag nimmer werden weis!“<br />

Hans Vintler, Blumen der Tugend (1411)<br />

Noch im 16. und 17. Jahrhundert war es in<br />

Mitteleuropa gang und gäbe, seine Mahlzeiten<br />

mit den bloßen Händen und unter Zuhilfenahme<br />

des Tischmessers zu sich zu nehmen. Dennoch<br />

gab es durchaus Regeln für das richtige und<br />

höfliche Benehmen bei Tisch, die so genannten<br />

„Tischzuchten“ 35:<br />

Zur Vorbereitung auf das Mahl gehörte es<br />

sich, die Kleidung und vor allem die Hände<br />

zu reinigen. Bei Gastmählern gingen daher<br />

Bediens tete mit Wasserkannen, Becken und<br />

Handtüchern reihum und boten den Gästen<br />

Gelegenheit zur Handwaschung – eine Tradition,<br />

die bis in die griechisch-römische Antike<br />

zurückreicht.<br />

Der Gastgeber beginnt die gemeinsame<br />

Mahlzeit mit einem Tischgebet. Er ist es auch,<br />

der mit dem ersten Bissen das Essen eröffnet<br />

– erst dann ist es schicklich, den ersten Schluck<br />

Wein zu sich zu nehmen! (Abb. 103/104).<br />

Trank der Hausherr einem Gast zu, so war es<br />

grob unhöflich, den Trunk zu verweigern. Die<br />

Sitte des zutrinkens oder „röhmens“/„rühmens“<br />

(daher die Bezeichnung „Römer“ für eine<br />

bestimmte Weinglasform – der Name hat mit<br />

den antiken Römern nichts zu tuen!) konnte<br />

exzessive Züge annehmen, weswegen die<br />

Kirche die Unsitte zu verbieten suchte.<br />

Als ungehörig wird es empfunden, aus den<br />

Schenkgefäßen zu trinken oder – wenn man<br />

sich das Glas oder den Becher mit einem<br />

Tischnachbarn zu teilen hatte – mit fettigen<br />

Lippen daraus zu trinken.<br />

Da die Höflichkeit gegenüber dem Gast geber<br />

es gebietet, von jedem der z. T. zahlreichen<br />

Gänge der Speisefolge zu kosten, wird dringend<br />

angeraten, jeweils nur eine bescheidene<br />

Portion zu nehmen.<br />

Es gilt als unschicklich, seine Fleisch- oder<br />

Brotstücke direkt in die Soße oder die Salz-<br />

und Pfeffergefäße zu tunken.<br />

Tadelnswert ist es auch, unflätig zu rülpsen,<br />

sich in das Tischtuch zu schneuzen oder das<br />

Messer am Stiefel abzuwischen.

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