Rheinzeiten - Doppel.Design
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Krämerstraße<br />
Der „kleine Schatz“<br />
Abschließend wollen wir noch auf einen inte -<br />
ressanten Fundkomplex zu sprechen kommen,<br />
der uns einen Einblick in das Rechenwesen<br />
vergangener Jahrhunderte bietet.<br />
Aus Schicht 426 des Brunnens stammen eine<br />
Handvoll Münzen, die vielleicht zum Inhalt<br />
einer Börse gehört haben (Abb. 127).<br />
Der kurante Wert der Münzen war nicht hoch<br />
– es handelt sich um Kleingeld, unter anderem<br />
2 Stüber (Kleve 1756), ein unbestimmbarer<br />
Silber hohlpfennig und eine Medaille (Umschrift:<br />
„FRANGIT ET ATOLLIT / CEPHALVS<br />
PROGRIS BR“ )– zudem fanden sich mehrere<br />
bronzene Rechenpfennige, die keinen Münzwert<br />
besaßen und in der Zeit von 1720–1770,<br />
in die sich die Fundschicht datieren lässt, bereits<br />
ganz außer Mode gekommen waren. Es mag<br />
sich vielleicht also um die verlorene Börse eines<br />
Kindes gehandelt haben, in der sich „Spielgeld“<br />
und eben einige kleine Münzen befunden haben.<br />
Dennoch lohnt ein genauerer Blick auf die hier<br />
gefundenen „Rechenmünzen“ aus Bronzeblech<br />
– erinnern sie doch an eine heute fast vergessene,<br />
im Mittelalter jedoch alltäglich geübte Rechentechnik,<br />
lange bevor das schriftliche Rechnen<br />
mit arabischen Zahlen sich im 18. Jahrhundert<br />
endgültig durchsetzte!<br />
Für das kaufmännische oder auch alltägliche<br />
Rechnen „auf der Linie“ benötigte man einen<br />
Rechentisch mit eingeritzten Linien, ein transportables<br />
Rechenbrett oder aber ein Rechentuch,<br />
das man leicht überallhin mit sich führen<br />
konnte. Auf einer solchen Rechenunterlage waren<br />
senkrechte und waagerechte Linien aufgezeichnet,<br />
auf denen die Rechenmünzen ausgelegt<br />
wurden. Je nach der Zahl, die man darzustellen<br />
wünschte, legte man die Münzen auf die Tausender-,<br />
Fünfhunderter-, Hunderter-, Fünfziger-,<br />
Zehner-, Fünfer- oder Einerlinie (Abb. 140).<br />
Hatte man die zu addierenden Zahlen nun auf<br />
den Linien des Rechentuches ausgelegt, so<br />
konnte man, ähnlich wie bei dem heute noch<br />
bekannten „Abakus“-System, das Additionsergebnis<br />
in aller Ruhe auszählen.<br />
Da exaktes Rechnen für Kaufleute, Händler<br />
und Verwaltungsbeamte lebenswichtig war, gab<br />
Abb. 139<br />
Titelblatt der<br />
Rechenfibel von 1525