Rheinzeiten - Doppel.Design
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Auch sich bei Tisch zu kratzen, zu spucken<br />
oder die Finger abzulecken galt als durchaus<br />
unfein. Die Knochen solle man nicht abnagen,<br />
sondern sein Messer zuhilfe nehmen. Durchaus<br />
erlaubt war es jedoch, die abgegessenen<br />
Knochen unter den Tisch fallen zu lassen,<br />
jedoch nur unter den eigenen Sitzplatz und<br />
ohne durch einen unbedachten Wurf einen<br />
Tischnachbarn zu verletzen!<br />
In der Renaissancezeit kamen in Kreisen der<br />
„besseren Gesellschaft“ Mundtücher und Servietten<br />
in Mode, mit denen man sich bei Tisch<br />
Mund und Hände abwischen konnte. Das<br />
Mundtuch konnte man während des Mahles<br />
über die Schulter oder den linken Arm legen.<br />
Der Speisezettel<br />
Aus den untersten drei Schuttschichten des verfüllten<br />
Brunnenschachtes 1 im Keller des Hauses<br />
19 stammen eine ganze Anzahl Tierknochen,<br />
die als Küchenabfall zu bezeichnen sind. Die<br />
Analyse des Knochenmaterials erbrachte inte -<br />
ressante Details hinsichtlich des Fleischver -<br />
brauches eines wohlhabenden Haushaltes des<br />
16. und 17. Jahrhunderts.<br />
Tierknochen aus Brunnen 1,Schicht 240<br />
Die meisten Knochen stammen aus der unters -<br />
ten Schicht 240, deren Fundstücke in die<br />
2. Hälfte/Ende des 16. Jahrhunderts zu datieren<br />
sind. Gefunden wurden hier erwartungsgemäß<br />
Reste von Rind, Kalb (Schlachtalter unter<br />
6 Monaten) und Schwein. In einiger Menge<br />
fanden sich Hühnerknochen, darunter auch Extremi<br />
täten knochen von ausgewachsenen Hähnen.<br />
Auch Gans und Ente standen auf dem<br />
Speisezettel, ebenso Wildvögel – kleine Flügelknochen<br />
aus Schicht 240 könnten zu einer<br />
Schnepfe gehören, die auch heute noch zu den<br />
seltenen und teuren Delikatessen zählt.<br />
Daneben ist im Abfall auch Fisch nachweisbar:<br />
zahlreiche große Wirbelknochen deuten auf den<br />
häufigen Verzehr von Flussfischen (wie etwa<br />
Hecht) und Seefisch hin (wie etwa Dorsch);<br />
letzterer könnte auch in Form von Stockfisch<br />
(getrockneter Kabeljau) in der Küche verarbeitet<br />
worden sein.<br />
Nur vergleichsweise wenige Knochen weisen<br />
Schlachtspuren auf. Einige verbrannnte Kno -<br />
chen reste dürften zusammen mit der Herd asche<br />
in den Abfallschacht gelangt sein. An den Knochenresten<br />
eines fötalen Kalbes konnten Nagespuren<br />
vom Hundegebiss nachgewiesen werden:<br />
wahrscheinlich diente ein totgeborenes Kalb als<br />
Futter für die Haushunde.<br />
Abb. 104<br />
„Römer“ aus dunkel -<br />
grünem Waldglas,<br />
um 1600<br />
69<br />
2,50 cm