Rheinzeiten - Doppel.Design
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Temperament Grundelement Saft Elementarqualität<br />
Melancholiker Erde schwarze Galle kalt & trocken<br />
(= altgriech. melancholè)<br />
Phlegmatiker Wasser Schleim kalt & feucht<br />
(= altgriech. phlegma)<br />
Sanguiniker Luft Blut warm & feucht<br />
(= lat. sanguis)<br />
Choleriker Feuer gelbe Galle warm & trocken<br />
(= altgriech. cholè)<br />
Die reservierte Haltung des Gelehrten Elsholtz<br />
gegenüber den Schalentieren war geprägt durch<br />
die medizinisch-diätetische Säftelehre, die in<br />
spätmittelalterlicher Tradition die verschiedens -<br />
ten Nahrungsmittel nach ihren spezifischen<br />
„Temperamenten“ und „Elementarqualitäten“<br />
einordnete. Die Ausgewogenheit der Diät, die<br />
durch einen komplizierten Ausgleich der<br />
verschiedenen Charakteristika erreicht werden<br />
konnte, war wichtige Grundlage der Medizin<br />
sowie der Beurteilung der Zusammenstellung<br />
von Arzneirezepturen und Küchenrezepten.<br />
Wurde etwa Fisch als „feucht und kalt“ charakterisiert,<br />
so konnten diese Eigenschaften durch<br />
die Zugabe von „warmen und trockenen“<br />
Stoffen – also etwa Pfeffergewürz oder Ingwerwurzel<br />
– kompensiert werden (Abb. 123).<br />
Auch die für unser heutiges Verständnis eigentümliche,<br />
häufig übertrieben anmutenden Würzquantitäten<br />
und Zusammenstellungen in zahlreichen<br />
spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen<br />
Re zepturen haben – neben ihrer Funktion, die<br />
Speisen haltbar zu machen, oder einen etwaigen<br />
haut-goût zu übertönen – ihre eigentliche<br />
Be grün dung in dieser Säftelehre, die stets<br />
um Ausgleich zwischen den gegensätzlichen<br />
Grund qua li täten der verschiedenen Ingredienzen<br />
be müht war.<br />
Teure Gewürze und Arzneien wurden mit Feinwaagen<br />
portioniert und in Papiertütchen oder<br />
kleine Glasfläschchen abgefüllt. Der Fund eines<br />
kleinen Messinggewichtes aus Brunnen 1 des<br />
Hauses 19 belegt den Gebrauch einer solchen<br />
Feinwaage für das 18. Jahrhundert: es handelt<br />
sich bei dem Gewicht um ein so genanntes Sta -<br />
pel gewicht in Form eines zylindrischen Gefäßes<br />
mit Klappdeckel, der auf der Innenseite durch<br />
Abb. 123<br />
Schema der medizinischdiätetischen<br />
Säftelehre<br />
Abb. 124<br />
Stapelgewicht, Messing,<br />
18. Jahrhundert.<br />
Fundort:<br />
Krämerstraße 19,<br />
Brunnen 1<br />
79<br />
3,30 cm